Trumps Feldzug gegen Twitter und Co.

Trumps Twitterzuneigung bekommt Dämpfer

Auslöser für Trumps Vorstoss ist eine Auseinandersetzung mit Twitter. Der Kurznachrichtendienst hatte am Dienstag erstmals einen Tweet des Präsidenten einem Faktencheck unterzogen. Darin hatte Trump behauptet, dass Briefwahl Wahlbetrug Vorschub leiste. Dem Faktencheck zufolge ist dies irreführend. Trump warf Twitter daraufhin vor, sich in die US-Präsidentenwahl im November einzumischen. Bei der Unterzeichnung der Verfügung bezeichnete er den Faktencheck von Twitter als «unangemessen» und «politischen Aktivismus».
Trumps Vorhaben entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Er nutzt soziale Medien wie Facebook und Twitter exzessiv für seine Zwecke und hat im Wahlkampf viel Geld für Werbung in sozialen Medien ausgegeben. Als Präsident hat er Twitter zu seinem Hauptkommunikationskanal gemacht, um dort täglich und ausschweifend an den – ihm zumeist verhassten – traditionellen Medien vorbei Botschaften an die Öffentlichkeit auszusenden. Er hat dort inzwischen mehr als 80 Millionen Follower und gehört damit zu den – in Sachen Reichweite – erfolgreichsten Twitterern weltweit.

Twitter ist wie eigene Zeitung für Trump

2012 hatte Trump in einem Tweet geschrieben: «Ich liebe Twitter... Es ist, als würdest du deine eigene Zeitung besitzen – ohne die Verluste.» Inzwischen scheint seine Zuneigung etwas getrübt. Trump sagte am Donnerstag erneut, wenn er könnte und dies rechtlich möglich wäre, würde er die Plattform am liebsten schliessen. Doch so schnell dürfte Twitter den Präsidenten als einen seiner eifrigsten Nutzer nicht verlieren. Auf die Frage, warum er seinen Twitter-Account nicht einfach lösche, sagte Trump: «Wenn wir eine faire Presse in diesem Land hätten, würde ich das sofort tun.» Nichts täte er lieber, schob Trump nach. Aber angesichts all der falschen Geschichten über ihn benutze er diesen Kanal – «so kann ich Fake News widerlegen».
Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany sagte, wenn überhaupt jemand einem Faktencheck unterzogen werden müsse, dann die Medien. Auf die Frage, ob sie Anspruch darauf erhebe, dass der Präsident nie Unwahrheiten verbreite, sagte sie: «Seine Absicht ist immer, der amerikanischen Bevölkerung wahrheitsgemässe Informationen zu geben.» Wie erfolgreich er bei der Umsetzung dieser «Absicht» ist, liess sie offen.
Trumps Verfügung stiess bereits kurz vor der Unterzeichnung auf heftige Kritik. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU schrieb auf Twitter: «So sehr er es sich vielleicht auch wünscht, Donald Trump ist nicht der Präsident von Twitter.» Eine solche Verordnung sei eine unverhohlene und verfassungswidrige Drohung, um soziale Medien zu bestrafen, die dem Präsidenten missfielen.

«Verzweifelte Ablenkung» von Trumps Versäumnissen in Corona-Krise

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, warf Trump vor, seine Verfügung sei eine «verzweifelte Ablenkung» von dessen Versäumnissen in der Corona-Krise. Die USA hatten am Mittwochabend die düstere Marke von 100 000 Toten in Folge der Pandemie überschritten – eine Zahl, die für immer einen Schatten auf Trumps Amtszeit werfen dürfte, und das wenige Monate, bevor er sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt.
Kritik kam erwartungsgemäss auch aus den Reihen der betroffenen Online-Dienste. Facebook steht Faktenchecks von Politiker-Aussagen anders als Twitter zwar skeptisch gegenüber. Doch auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg äusserte Bedenken zu Trumps Plänen. Dem Sender Fox News sagte er: «Eine Regierung, die sich dafür entscheidet, eine Plattform zu zensieren, weil sie sich Sorgen über Zensur macht – das scheint mir nicht unbedingt der richtige Reflex zu sein.»



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