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16.12.2015, 09:06 Uhr
Bundesrat entscheidet: Hoster haftbar für eigene Seiteninhalte
Macht sich ein Webseitenbetreiber strafbar, wenn auf seiner Seite diffamierende Kommentare hinterlegt werden? Der Bundesrat hat sich dem Thema angenommen.
- Eine Person fühlt sich durch einen Beitrag in einem Online-Blog in ihrer Persönlichkeit verletzt und möchte vom Blog-Betreiber die Löschung des Beitrags erwirken.
- Über eine Website werden irreführende und damit unlautere Informationen über ein Unternehmen verbreitet. Das betroffene Unternehmen möchte den Zugriff auf die Website sperren lassen.
- Über eine Filesharing-Plattform lassen sich Dateien von Musikstücken aus unlizenzierten Quellen herunterladen. Die Namen der Personen, welche die Dateien dort hochgeladen haben, sind unbekannt, beziehungsweise es sind nur deren IP-Adressen bekannt. Die Inhaber der Urheberrechte möchten erfahren, welche konkreten Personen hinter den IP-Adressen stecken, damit sie gegen diese gerichtlich vorgehen können.
Darf eine Person, die durch soziale Medien zu Schaden gekommen ist, gegen den Content-Provider klagen? Die oben beschriebenen drei Szenarien sind fast schon Alltag, rechtlich sind sie aber eine Grauzone. Bisher ist nur ein einziger Entscheid des Bundesgerichts zur zivilrechtlichen Verantwortlichkeit eines Providers gefällt worden (siehe Kasten).
Im betreffenden Entscheid «Tribune de Genève» ist das Bundesgericht zum Schluss gelangt, von einer Blog-Hosterin könne verlangt werden, dass sie den persönlichkeitsverletzenden Blog-Eintrag eines Autors entfernt, auch wenn sie vom Inhalt des Blogs vorgängig nichts wisse. In seiner Begründung berief sich das Bundesgericht auf den Wortlaut von ZGB Art. 28/1, wonach gegen jede Person vorgegangen werden kann, die an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirkt. Wie bei Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen üblich, sei zudem kein Verschulden des Providers erforderlich. Im Übrigen sei es Sache des Gesetzgebers, eine allfällige Unangemessenheit bei der Anwendung des geltenden Rechts auf das Internet und auf Blog-Hoster zu korrigieren. Der Entscheid wurde kritisch aufgenommen. Zwar wurde dem Beseitigungsanspruch gegen die Zeitung grundsätzlich zugestimmt, allerdings wurde kritisiert, dass das Bundesgericht pauschal Klagen gegen jeden an einer Persönlichkeitsverletzung Mitwirkenden für möglich erklärte und es somit unterlassen habe, mögliche Einschränkungen vorzunehmen.
Provider haften - aber «nicht uferlos»
In den letzten zwei Jahren befasste sich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement damit, die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern und Internetprovidern zu prüfen. Die Ergebnisse sind im letzte Woche veröffentlichten Bericht «Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Providern» festgehalten und lauten: Ja, gegen die Provider darf zivilrechtlich geklagt werden. Das ist bereits heute so, gemäss Zivilrecht kann gegen jeden vorgegangen werden, der an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirkt. Der Bundesrat sagt allerdings auch, dass die Klagen «nicht uferlos» sein sollten. So wäre es ein Unding, Ansprüche gegen den Stromlieferanten eines der in den Szenarien verantwortlichen Providers zuzulassen, obwohl der im Grunde genommen durch die Lieferung von Strom an einer Rechtsverletzung mitwirkt. Hier sei der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen, was das geltende Gesetz gut mache, findet der Bundesrat. Es sei an den Gerichten zu entscheiden, welche Forderungen durchgesetzt werden sollen.
Die Gerichte in die Verantwortung zu nehmen, scheint dem Bundesrat bei diesem Thema zu gefallen. Gleiches gilt nämlich für das Thema Schadenersatz und Genugtuung. Also, ob eine Webseite, auf der von einem Fremdautor falsche Informationen über die Firma «ABC» publiziert wurden, dieser Firma Entschädigung zahlen muss. Schadenersatz wird gemäss Gesetz nur fällig, wenn dem Provider Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Dabei ist entscheidend, ob der Provider seine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Dazu gibt es in der Schweiz weder gesetzliche Regelungen noch aussagekräftige Gerichtsentscheide. Der Bundesrat sagt, dass weiterhin die Gerichte im Einzelfall entscheiden sollen. Kleinere Provider hätten in der Regel nicht das juristische Wissen, um beurteilen zu können, ob in einem konkreten Fall eine Rechtsverletzung vorliegt. Es bestünde deshalb die Gefahr, dass Provider Inhalte überschiessend entfernen, was die Meinungsäusserungsfreiheit der Nutzer tangieren würde. Der Bundesrat befürwortet daher eine «Abstufung der Sorgfaltspflichten nach der Inhaltsnähe des Providers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls» und schlägt dazu im Bericht gewisse Kriterien vor.
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Autor(in)
Fabian
Vogt
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