Tests 29.05.2018, 08:51 Uhr

Game-Test: Detroit: Become Human

David Cage ist ein Meister des interaktiven Geschichtenerzählens. Sein neues Werk entführt Sie in eine faszinierende Zukunftswelt, in der Androiden ihre Menschlichkeit entdecken.
Der technologische Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Im Detroit des Jahres 2038 steuern Computer die Autos über die Strassen, Bücher aus Papier sind ein Relikt aus längst vergessener Zeit und mit Bargeld zahlt kaum noch jemand. Die Krönung des Fortschritts aber sind die Hightech-Produkte der Firma Cyberlife. Fast jeder besitzt einen ihrer hochentwickelten Androiden, die sich rein äusserlich nicht von einem Menschen unterscheiden. Sie erledigen Einkäufe, pflegen den greisen Grossvater oder verrichten ihren Job als Bauarbeiter.
Die Androiden handeln ausschliesslich innerhalb ihres Protokolls, weichen keinen Millimeter von dem ab, worauf Cyberlife sie programmiert hat. Bis jetzt! In den letzten Wochen mehren sich die Fälle sogenannter Abweichler. Diese Androiden entwickeln jedoch nicht nur ein eigenes Bewusstsein und sogar Emotionen. Viele von ihnen greifen ihre Besitzer an, verletzen oder töten sie sogar. In «Detroit: Become Human», dem neuen Spiel von Quantic Dream (Fahrenheit, Heavy Rain) spielen Sie drei dieser künstlichen Wesen und begleiten sie auf dem Weg zum Menschwerden.
In der Rolle von Android Connor jagen Sie die sogenannten Abweichler

Faszinierendes Szenario

«Detroit: Become Human» nimmt sich viel Zeit, Sie ins Detroit der Zukunft und in die Rollen der drei spielbaren Androiden Kara, Markus und Connor einzuführen. So kaufen Sie etwa mit Markus neue Farben für dessen Besitzer und Künstler Carl Manfred ein. Das klingt langweilig, konfrontiert sie allerdings mit einigen wichtigen Besonderheiten der Welt. So sehen Sie auf dem Weg zum Geschäft beispielsweise die rein visuellen Grenzen, die Markus als zunächst konformistischer Roboterhelfer nicht aus eigenem Willen übertreten kann. Als Sie mit ihm den Bus zu Carls Haus besteigen wollen, werden Sie von wütenden Demonstranten körperlich angegangen, welche die Androiden für den Verlust ihrer Jobs verantwortlich machen. Auch wenn Sie sich in dieser Szene zur Wehr setzen wollten, können Sie es nicht. Aber das ändert sich schon bald, wenn auch Markus zum Abweichler wird und sich sogar der androiden Widerstandsbewegung anschliesst. Die fordert gleiche Rechte und Freiheit für ihresgleichen und empfindet ihre eigene Rolle als sklavisch.
Kara (2. von rechts) sucht in diesem finsteren Anwesen nach Hilfe für sich und die kleine Alice

Spannende Charaktere

Spannend ist aber nicht nur das Setting, sondern auch Charaktere und Erzählstruktur. Sie schlüpfen dabei abwechselnd in die Rollen der drei Protagonisten, deren Geschichten sich über kurz oder lang kreuzen werden. Der Haushalts-Android Kara überwindet ihre Programmroutinen etwa, als ihr drogenabhängiger Arbeitgeber Todd handgreiflich gegenüber seiner Tochter Alice wird. Hinterfragen dürfen Sie nicht, ob ein Roboter selbstständig seine Autonomie einleiten kann, weil in ihm plötzlich mütterliche Schutzinstinkte geweckt werden. Wenn Sie aber bereit sind, das zu akzeptieren, skizziert Autor und Chefdesigner David Cage eine durchgehend glaubwürdige Charakterentwicklung. Das gilt aber nicht nur für Kara, sondern auch für die beiden anderen Helden. Markus wird im Rahmen der nur wenige Tage umfassenden Handlung vielleicht etwas zu schnell vom Abweichler zum Anführer der Widerstandsbewegung. Gerade bei ihm spielt der menschliche Drang nach Freiheit und Unversehrtheit jedoch eine besonders wichtige Rolle.
Sehr spannend ist auch die Geschichte der dritten Spielfigur namens Connor. Er ist ein besonders fortschrittlicher Android, der im Auftrag der Firma Cyberlife die Abweichler jagt und dingfest machen soll. Er bleibt dabei überwiegend sehr rational und kühl, entwickelt aber schnell eine persönliche Beziehung zu seinem Polizistenbegleiter Hank Anderson, der im Spiel vom Schauspieler Clancy Brown (Die Verurteilten, Highlander) verkörpert wird. Wie alle anderen Charakteren liegt Hank ein glaubwürdige und komplexe Hintergrundgeschichte zugrunde. Aufgrund welches Schicksalsschlags er trinkt und der Welt frustriert und beinahe gleichgültig gegenübersteht, finden Sie am besten selbst heraus. Aber nicht nur bei echten Menschen, sondern auch bei den Androiden gelingt es Cage, eine Verbindung zwischen Spieler und Spielfiguren herzustellen. Das ist bei den künstlichen Existenzen nicht weniger als eine Meisterleistung!
Visuell ist Detroit enorm hochwertig und überwiegend so lebensecht, dass viele Szenen wie ein Realfilm wirken
Visuell ist Detroit enorm hochwertig und überwiegend so lebensecht, dass viele Szenen wie ein Realfilm wirken. Es ist allerdings alles Rendergrafik.
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