Rivalität der Geschwister 10.10.2024, 10:20 Uhr

Test: iPhone 16 (Plus)

Das iPhone 16 könnte eine neue Ära einläuten. Denn technisch liegt es so nahe beim iPhone 16 Pro, dass es zu einer reizvollen Alternative wird.
(Quelle: Apple Inc.)
Um die Qualitäten des iPhone 16 vorab richtig einzuordnen, hilft ein Preisvergleich. Während das iPhone 16 Pro mit 128 GB Speicher bei 1049 Franken startet, fängt das iPhone 16 bei 849 Franken an. (Den ausführlichen Test zum iPhone 16 Pro finden Sie hier.)
Über den Daumen gepeilt spart man also mit der Nicht-Pro-Version jeweils 200 Franken. Und das führt zur einzigen massgeblichen Frage: Was fehlt dem iPhone 16 gegenüber dem Pro Modell? So viel sei verraten: Die schwächere Serie bietet sogar einige Vorzüge gegenüber dem grossen Bruder.

Form und Farbe

Was immer auch Apples Beweggründe sind: Den Pro-iPhones werden seit jeher die knalligen Farben vorenthalten. Ja, die neue Farbe «Wüstensand» des Pro-Modells wirkt ausgesprochen edel – aber Lebensfreude will sich deshalb keine einstellen.
Das iPhone 16 kommt hingegen in frischen Farben und im hochwertigen Aluminium-Rahmen. Zusammen mit der dezenten, matten Glasrückseite ist es selbst in böser Absicht unmöglich, seine Fingerabdrücke darauf zu hinterlassen. Der Farbe des Kamera-Buckels setzt sich intensiviert fort, was zu einem interessanten Kontrast führt.
Freundlich und komplett unempfindlich gegen Fingerabdrücke: Das dürfte es gerne auch beim iPhone 16 Pro geben
Quelle: Apple Inc.
Wenn das iPhone 16 auf dem Tisch liegt, kippelt es – und zwar nicht «ein wenig». Stattdessen erinnert es an Zeiten, in denen Morsegeräte noch der letzte Schrei waren. Abhilfe schafft hier nur eine Hülle. Und das wars dann mit den fröhlichen Farben und matten Gläsern.
Diese Abkehr vom bekannten Kamerafeld lässt sich allerdings technisch begründen: Das iPhone 16 zeichnet Videos und Fotos auf Wunsch in 3D auf, damit sie später auf der Apple Vision Pro zu neuem Leben erwachen. Und diese 3D-Wirkung lässt sich am besten zu realisieren, wenn die Kameras genau horizontal angeordnet sind.
v.l.n.r.: iPhone 16, iPhone 15 und schliesslich das iPhone 12, dem letzten iPhone mit einer horizontalen Ausrichtung
Quelle: Screenshot / PCtipp

Das kompakte unter den Grossen

Das iPhone 16 übt einen zusätzlichen Reiz aus, wenn man sich ein möglichst kompaktes Gerät wünscht, das sich auch einhändig bedienen lässt. Denn die breite Masse bevorzugt grosse Smartphones – sehr zum Leidwesen all jener, die sich eine Neuauflage des iPhone 13 mini herbeisehnen. Doch das scheint unwahrscheinlich, sodass der Formfaktor des iPhone 16 zur bestmöglichen Alternative wird.
v.l.n.r.: iPhone 16 Pro Max, iPhone 16 und das iPhone 13 mini, das vermutlich nicht mehr aufgefrischt wird
Quelle: Screenshot / PCtipp
Ausserdem liegt besonders das kleine iPhone 16 deutlich sicherer in der Hand. Im direkten Vergleich fühlt sich das iPhone 16 Pro «Max» wie ein nasses Stück Seife an und macht damit die Verwendung einer Hülle fast schon zur Pflicht.

Antiquiertes Display

Die grösste Kröte, die beim iPhone 16 geschluckt werden muss, ist das OLED. Ja, das Display leuchtet und strahlt in den schönsten Farben und besten Kontrasten, die man sich wünschen kann. Die True-Tone-Funktion reduziert ausserdem im Dämmerlicht den Blauanteil, was zu einer sehr angenehmen Darstellung führt.
Gar nicht mehr zeitgemäss ist sind hingegen die 60 Hz Wiederholfrequenz. Bei ruhigen Inhalten fällt das nur wenig bis gar nicht auf. Doch beim Wischen durch Listen, Einstellungen oder Webseiten fühlt es sich an, als wäre das Gerät mit seiner Aufgabe überfordert und würde deshalb ruckeln. Das wiegt es umso schwerer, weil Apple schliesslich den Premium-Sektor bedienen will. Doch sogar ein Samsung Galaxy A35 für weniger als 250 Franken bietet ein 120-Hz-Display.

So viel Pro steckt drin

Wer es nicht explizit auf die beste Kamera in einem iPhone abgesehen hat, wird vom Funktionsumfang angenehm überrascht – und davon, wie nahe dieses Gerät an das Pro-Modell heranreicht.
Actiontaste. Nach dem iPhone Pro hält die zusätzliche Taste an der linken Stirnseite bei allen iPhone-16-Modellen Einzug. Sie kann die Funktion des ehemaligen Stummschalters übernehmen. Doch darüber hinaus kann sie in den Einstellungen mit alternativen Aufgaben belegt werden, etwa mit dem Start der Taschenlampe, der Kamera oder einem Sprachmemo. Und weil diese Taste auch Kurzbefehle (Makros) auslöst, setzt nur noch die Fantasie die Grenzen.
Kamerasteuerung. Eine weitere neue Taste, die Apple in den Mittelpunkt der neuen Kamera rückt, ist die Kamerasteuerung. Sie startet die Kamera-App (auch jene von Drittanbietern) und löst die Aufnahme aus. Doch vor allem führt sie mit Streichgesten durch Einstellungen wie dem Zoom, dem Porträtmodus und mehr.
Die neue Kamerasteuerung wird von Apple bei jeder Gelegenheit erwähnt; doch bei der Ergonomie harzt es
Quelle: Apple Inc.
Diese Taste haben wir im Test zum iPhone 16 Pro ausführlich unter die Lupe genommen. Sie zeigt leider einige ergonomische Schwächen, die dafür sorgen, dass die Kamerasteuerung und ich wohl nie gute Freunde werden. Doch weil sie zum Funktionsumfang gehört, ist sie glücklicherweise auch kein Kaufkriterium.
Apple Intelligence. Zurzeit dreht sich bei Apple alles um Apple Intelligence, also um die hauseigene K.I. der Kalifornier. Die ersten Funktionen werden in Kürze mit iOS18.1 in englischsprachigen Ländern eingeführt. In der Schweiz bleibt diese künstliche Intelligenz vorerst reine Theorie – und das wird sich vermutlich bis Sommer 2025 auch nicht ändern. Wichtig ist einzig die Tatsache, dass auch die iPhones 16 mit 8 GB RAM kommen – und damit für die Apple Intelligence gerüstet sind.
USB-C. Alle iPhone-16-Modelle werden über USB-C verkabelt. Bei den einfachen Geräten verbirgt sich dahinter USB 2.0, das maximal 480 Mbit überträgt. Bei den Pro-Modellen handelt es sich jedoch um einen USB-3.0-Anschluss mit Übertragungsraten von bis zu 10 Gbit. Das spielt jedoch nur eine Rolle, wenn sehr grosse Datenmengen übertragen werden sollen, etwa Videodateien.
Und das bringt uns zu den Kameras.

Die Kameras

Die Kameras bilden für das Gros der Käufer das Herzstück eines iPhones und sind massgeblich für den Kaufentscheid verantwortlich. Wie schon in den Vorjahren setzen die Pro-Modelle den Standard – denn wenn nicht bei den Kameras: wo sonst? Trotzdem schliesst das iPhone 16 überraschend nahe an seinen grossen Bruder auf.
Kein Tele. Der offensichtlichste Unterschied ist die fehlende Telekamera. Ohne Software-Spielereien endet die Brennweite bei 52 Millimetern (auf Vollformat umgerechnet). Das gilt in der klassischen Fotografie als Standard-Brennweite ohne jegliche Ambitionen: weder im Weitwinkel- noch im Telebereich. Das iPhone 16 Pro bietet hingegen ein echtes Tele mit umgerechnet 120 Millimetern Brennweite.
Natürlich sind die Ansprüche verschieden. In meinem fotografischen Alltag nutze ich das Tele allerdings deutlich weniger als das Weitwinkel. Die 120 Millimeter des iPhone 16 Pro sind auch eher als moderates Tele einzustufen und hervorragend für Porträts geeignet – aber nicht, um das Rotkehlchen im Baumwipfel formatfüllend abzulichten.
Makros und Weitwinkel. Neu schafft auch das iPhone 16 Makrofotos, sogar mit Autofokus. Die Auflösung beschränkt sich dabei auf 12 Mpx, genau wie beim Ultraweitwinkel mit seiner Brennweite von umgerechnet 13 Millimetern. Das Pro-Modell bringt es dank seinem neuen Ultra-Weitwinkel auf bis zu 48 Mpx Auflösung.
Endlich nah dran: Jetzt bekommt auch das reguläre iPhone eine Makrofunktion
Quelle: PCtipp

Neue Fotografische Stile

Die vielleicht wichtigste neue Funktion sind jedoch die «Fotografischen Stile der neusten Generation». Sie erlauben es endlich, die Farbgebung im Allgemeinen und die Hauttöne im Speziellen so anzupassen, dass sie den eigenen Vorlieben entsprechen. Dabei wird jedes Foto automatisch einer Behandlung unterzogen, die zwischen Umfeld, Himmel und Hauttönen unterscheiden kann. Das Beste aber: Diese Änderungen lassen sich auch im Nachhinein anpassen oder zurücknehmen. Auch darauf sind wir im Test zum iPhone 16 Pro ausführlich eingegangen – und auch diese feine Einrichtung ist kein Grund, um zum Pro-Modell zu greifen.
Die Stile wirken je nach Ausführung subtil bis übertrieben, lassen sich aber nachträglich anpassen oder zurücknehmen
Quelle: PCtipp

Videos

Auflösung und Formate. Bei den Videos werden die Unterschiede vor allem im Detail sichtbar. So zeichnet das Pro-Modell 4K-Videos mit bis zu 120 fps auf, während es beim iPhone 16 bei 60 fps bleibt. Auch die Rohformate ProRes und Log fehlen dem kleinen Modell.
QuickTake. Zu den besten Neuerungen aus meiner Amateur-Sicht gehören die verbesserten QuickTake-Videos: Die werden jetzt endlich in 4K mit bis zu 60 fps und in Dolby Vision HDR aufgenommen – also so, wie es eigentlich seit jeher sein sollte. Denn bis anhin wurden diese Streifen aus unbekannten Gründen nur in 1440p (1920×1440 Pixel) bei 30 fps aufgezeichnet.
Zur Erinnerung: QuickTake-Videos sind die beste Möglichkeit, um in der Kamera-App auch im «Foto»-Modus sofort ein Video zu schiessen. Dazu wird der virtuelle Auslöser in der Kamera-App einfach gedrückt gehalten. Wenn Sie es hingegen gewohnt sind, über die «Lauter»-Taste ein Bild zu schiessen, muss in den Kamera-Einstellungen die Option «‹Lauter› für Serie verwenden» deaktiviert werden. Die neue Kamerasteuerung kann auf keinen Fall für Serienaufnahmen verwendet werden, sondern dreht immer ein Video.
Audiomix. Eine Funktion, die es ebenfalls in das reguläre iPhone geschafft hat, ist der «Audiomix». Dabei wird der Sound räumlich aufgezeichnet. Später wird der gewünschte Modus bei der Nachbearbeitung ausgewählt, was sogar in der Fotos-App möglich ist.
Der neue Audiomix verändert die Charakteristik der Mikrofone, auch nach der Aufnahme
Quelle: Apple Inc.
Der Modus «Im Bild» reduziert die Aufnahme von Gesprächen auf jene Personen, die tatsächlich im Bild zu sehen sind. «Studio» filtert alles weg, was nicht Stimme ist – also auch Gemurmel im Hintergrund oder ganz allgemein die Umgebungsgeräusche. Und mit «Kino» werden alle Stimmen gesammelt und akustisch zusammengeführt – auch von Personen, die sich nicht im Bild befinden. Dabei kann das iPhone 16 zwar nicht auf die neue Anordnung von vier Mikrofonen zurückgreifen, wie es beim Pro der Fall ist; doch für Videografen ohne spezielles Equipment ist die Funktion definitiv ein Gewinn.

Fazit

Das iPhone 16 ist so nahe am Pro-Modell, wie kein anderes iPhone zuvor. Abgesehen vom Preis locken vor allem die freundlichen Farben und die Griffigkeit, die sowohl der Grösse als auch der mattierten Rückseite geschuldet ist. Dieses Gerät macht einfach Freude.
Kompromisse werden vor allem bei den Kameras spürbar, allen voran beim fehlenden Tele und den gehobenen Videofunktionen. Deshalb werden enthusiastische Foto- und Videografen weiterhin zum Pro-Modell greifen. Wem jedoch «nur» ein sehr gutes Kamerasystem reicht, der bekommt hier alles, was es für die nächsten Ferien und mehr braucht.
Die einzige wirkliche Unterlassungssünde offenbart das 60-Hz-Display, das aus der Zeit gefallen wirkt, während 120 Hz bei anderen Herstellern längst Standard ist – und das nicht nur bei den Spitzenmodellen. Es scheint, als hätte Apple verhindern wollen, dass man sich mit dem Standard-Modell zu wohl fühlt.

Testergebnis

Verarbeitung, Kameras, Tempo, Haptik, Software
60-Hz-Display

Details:  OLED mit 460 ppi und 60 Hz, True Tone, P3-Farbraum, HDR, Helligkeit 1 Nit bis 2000 Nits, Actiontaste; Kameras: 48 Mpx Fusion Kamera, optische Bildstabilisierung, fotografische Stile, räumliche Fotos und Videos; Ultraweitwinkel mit 12 Mpx, Makrofunktion; Videos bis 4K mit 60 fps, USB-C (USB 2 mit bis zu 480 Mbit), Wi-Fi 7, iOS 18

Preis:  ab 849 Franken (6,1 Zoll, 128 GB Speicher); ab 949 Franken (6,7 Zoll, 128 GB Speicher)

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