Mit Pauken, Trompeten und dem Rap-Star Drake hat Apple seinen Musik- Streaming-Dienst Apple Music vorgestellt. Anders als bisher bei iTunes werden nicht mehr einzelne Songs gekauft, stattdessen zahlt der Nutzer eine monatliche Pauschale und kann beliebig viel Musik aus dem iTunes-Katalog anhören – entweder lokal oder direkt übers Internet. Wie bei jedem neuen Streaming-Angebot verspricht auch Apple gleich zu Beginn die Revolution der Musikszene. Doch kann der Gigant aus Kalifornien den Platzhirsch Spotify ernsthaft angreifen? PCtipp hat beide Streaming-Dienste zum Duell aufgefordert. 

Apple Music

Spotify

Der wichtigste Ort für Musik ist heutzutage das Smartphone. Hier ist das Angebot bei Spotify und Apple grundsätzlich vergleichbar (siehe obige Bilder). Songs lassen sich via Internet übertragen oder lokal auf dem Handy speichern und offline anhören. Die Navigation ist bei beiden intuitiv. In Sachen Funktionalität hat Spotify klar die Nase vorne. Apple Music sieht zwar gut aus, opfert dafür aber zu viel. Ein besonders nerviges Beispiel: Während man ein Lied hört, kann dieses zwar zu einer bestehenden Playlist hinzugefügt, aber nicht in eine neue Playlist gepackt werden. 

Spotify zeigt zudem an einigen Ecken deutlich mehr Schliff. Beispielsweise gibt der Dienst mehr Feedback zu ausgeführten Aktionen. Dem Nutzer ist auf den ersten Blick klar, ob Musik heruntergeladen wird oder etwas gespeichert wurde, was bei Apple Music nicht immer der Fall ist. Ausserdem ist die Verfügbarkeit von Spotify grösser, was uns zum nächsten Punkt bringt. 

Spotify hat hier den grossen Vorteil, dass es bereits geraume Zeit auf dem Markt ist. Dementsprechend haben die Schweden bereits eine lange Liste mit Partnerschaften anhäufen können. So findet man Spotify auf praktisch jedem Gerät, das in irgendeiner Form smart ist. Apple Music schafft es bisher nur auf iOS und alle Geräte, die iTunes verwenden können. Eine Android-Version ist in Planung, jedoch noch nicht erhältlich. Apple dürfte allerdings keine grösseren Probleme haben, neue Partner an Land zu ziehen. 

Spotify

Apple Music

Während Spotify eine spezialisierte, leichtgewichtige Applikation für Computer anbietet, ist Apple Music in iTunes integriert, Bild 2. Das kann man als Vor- oder Nachteil sehen. Einerseits bietet iTunes für bisherige Anwender eine gewohnte Nutzeroberfläche und viel zusätzliche Funktionalität, andererseits entwickelt sich iTunes mehr und mehr zu einem gigantischen Software-Koloss, der gerade auf Windows-Geräten nur mässig läuft. 

Einen weiteren Pluspunkt für Spotify gibt es dank des Webplayers (play.spotify.com). Wer an einem fremden PC sitzt, kann sich einfach per Browser bei Spotify anmelden und hat sofort Zugriff auf alle seine Playlisten. Apple Music benötigt zwingend ein iOS-Gerät oder einen Computer mit iTunes (siehe auch apple.com/chde/music). 

Keine Überraschungen gibt es bei der Songauswahl: Beide bieten praktisch die identische Bibliothek an. Insgesamt gibt es jeweils ca. 30 Millionen Tracks, wovon jedoch nicht alle in jedem Land verfügbar sind. Eigene Tracks können bei beiden Diensten nicht hochgeladen werden. Diese Funktion bietet derzeit nur Google Play Music an.

Apple Music versucht allerdings, seine Streaming-Bibliothek mit exklusiven Künstlern aufzuwerten. Momentan sind diese aber noch sehr spärlich gesät. 

Spotify streamt Musik in 320 Kbit/s im MP3-Format. Apple hat bisher keine genauen Angaben zur Qualität der Musik über Apple Music gemacht. Allerdings ist anzunehmen, dass es sich dabei um den iTunes-Standard von 256 Kbit/s in Apples eigenem AAC-Format handelt. Über herkömmliche Kopfhörer und Boxen wird man keinen Unterschied merken. Sogar bei gutem Equipment und einem geschulten Gehör dürften sich die Unterschiede stark in Grenzen halten. Welcher der beiden besser ist, kann also nicht abschliessend gesagt werden. Sicher ist aber: Beide Dienste sind gut und bieten CD-Qualität. 

Wo sich Spotify und Apple Music grundlegend unterscheiden, ist in der Verbindung zur Aussenwelt. Spotify setzt beim bewährten Freundschaftsmodell an: Nutzer können anderen Nutzern folgen, deren Playlisten abonnieren und sehen, was der Freundeskreis gerade hört. Ein Nutzer kann dabei sowohl eine Privatperson als auch ein Künstler sein. Bei Apple Music liegt der Fokus mehr auf den Künstlern. Über die integrierte Plattform «Connect» können Künstler Mixtapes, Videos und andere Inhalte mit den Fans teilen – eine Art eingebautes Twitter für Musiker. Derzeit hält sich die Partizipation noch in Grenzen. Ausserhalb der üblichen Mainstream-Stars mit eigenen Social-Media-Abteilungen findet man kaum Künstler auf «Connect». 

Eine Lieblingsfunktion vieler Streaming-Anwender ist die Vorschlagsfunktion. Dabei erkennt die Software anhand gehörter Tracks, welche Interpreten Sie interessieren könnten. Apple Music schlägt relativ zahm vor. Die grosse Mehrheit der Vorschläge kommt aus dem grossen Mainstream. Weniger bekannte Interpreten bekommt man über diese Funktion nicht. Ist man ein Fan von Lorde, schlägt einem Apple Music erst einmal mehr von Lorde vor – nicht gerade kreativ. Spotify wagt mehr und bietet beispielsweise auf jeder Künstlerseite eine Sektion mit vergleichbaren Interpreten an. Die Auswahl ist diversifizierter und weniger fokussiert auf Mainstream. 

Bei den Preisen schenken sich die beiden Dienste nichts. Spotify kostet Fr. 12.95 pro Monat, weitere Familienmitglieder schlagen mit jeweils Fr. 6.50 zu Buche. Ein grosses Plus von Spotify: Den Musikdienst gibt es mit Werbung und weniger Funktionen auch komplett gratis. 

Apple Music kostet monatlich Fr. 12.90. Deutlich günstiger als bei Spotify ist der Familientarif von Fr. 19.90 für bis zu 6 Mitglieder. Dafür fehlt ein kostenloses Angebot. 

Spotify ist derzeit noch der klar bessere Dienst. Apple Music fehlt es an Reife in Sachen App-Design, Verfügbarkeit und Mut bei den Vorschlägen. Durch ihren Einfluss hat Apple jedoch die Möglichkeit, in den kommenden Monaten Fehler auszubessern und mehr Funktionalität zu bieten. Wer bereits bei Spotify ist, kann beruhigt dort bleiben. Auch für Neueinsteiger sind die Schweden derzeit in den meisten Fällen die bessere Wahl.