Remote Work 08.07.2021, 10:20 Uhr

7 von 10 Schweizern sind gegen Bürozwang

Eine aktuelle Studie von Okta und Censuswide zeigt auf, dass Schweizer Angestellte das Home Office nicht mehr missen möchten. Besonders deutlich ist die Mehrheit, die sich gegen einen Bürozwang ausspricht.
Home Office wollen die meisten Schweizer Angestellten nicht mehr missen
(Quelle: Nikola Balic/Unsplash)
Mehr als ein Jahr nach dem ersten Lockdown in der Schweiz möchten viele Arbeitnehmende auch nach der Pandemie nicht mehr zu ihrer früheren Arbeitsweise zurückkehren. Das ergab eine neue Studie von Okta, Anbieter von Cloud-Lösungen für das Identity und Access Management, und Censuswide, welche nächste Woche vorgestellt wird. Die Untersuchung, an der mehr als 10'000 Büroangestellte teilnahmen, darunter 500 in der Schweiz, zeigt, dass Mitarbeitende sich nach einem Jahr pandemiebedingter Remote Work die Freiheit wünschen, selbst zu entscheiden wo, wann und wie sie arbeiten.
70 Prozent der Befragten in der Schweiz befürworten Gesetzesänderungen, die es Unternehmen verbieten würden, sie zu zwingen, vor Ort im Büro zu arbeiten. 36 Prozent wären mit Ausnahmeregelungen einverstanden, z.B. für das Personal von Rettungsdiensten. Knapp ein Drittel (30 Prozent) ist der Meinung, dass das Vorschreiben des Arbeitsortes in allen Fällen gegen das Gesetz verstossen sollte.

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Die Kernergebnisse der Home-Office-Studie von Okta

Regierungen in Europa diskutieren bereits über die Anpassung bestehender Arbeitsrechte zur Erleichterung flexiblerer Arbeitsmodelle. Gleichzeitig fordern Schweizer Angestellten- und Berufsverbände Regelungen für die Abgrenzung von Arbeits- und Ruhezeiten und die Europäische Union plant Gesetze, wie das «Recht auf Nichterreichbarkeit» ausserhalb der festgelegten Arbeitszeiten, um Arbeitnehmerrechte zu stärken.
«Viele Menschen in der Schweiz und weltweit haben mehr als ein Jahr lang von zu Hause aus gearbeitet», so Sven Kniest, Regional Vice President Central & Eastern Europe bei Okta. «Unsere Studie zeigt deutlich, dass Mitarbeitende sich zukünftig die Flexibilität und die Freiheit wünschen, selbst zu entscheiden, ob sie ins Büro gehen, remote arbeiten oder eine Kombination aus beidem bevorzugen», fügt er an. Ob durch eine Gesetzesänderung oder auch ohne – Unternehmen sollten Althergebrachtes und ihre Prozesse überdenken und flexiblere Arbeitsmöglichkeiten anbieten, ist Kniest überzeugt. «Viele Unternehmen leben bereits vor, wie dies zu höherer Produktivität, Innovationskraft und Zufriedenheit bei den Teams führt. Gleichzeitig sind sie so besser für die Zukunft aufgestellt und als Arbeitgeber attraktiver», meint er abschliessend.

Nur Wenige möchten Vollzeit und «9-to-5» zurück ins Büro

Weniger als ein Fünftel (19 Prozent) der Büroangestellten in der Schweiz möchte fünf Tage pro Woche im Büro arbeiten. In einer vergleichbaren Umfrage, die Okta im Mai 2020 durchführte, gaben noch 29 Prozent der Arbeitnehmenden in Europa an, dass sie wieder Vollzeit ins Büro zurückkehren möchten. Der Trend geht hin zu dynamischeren Arbeitsmodellen. Knapp die Hälfte (48 Prozent) der Büroangestellten in der Schweiz wünscht sich einen hybriden Ansatz, bei dem sie sowohl Tage im Büro als auch Zuhause verbringen. Immerhin 14 Prozent möchten gar nicht mehr ins Office zurück und dauerhaft von zu Hause aus arbeiten.
Arbeitnehmende haben individuelle Präferenzen. Diese stimmen jedoch nicht immer mit dem Arbeitsmodell überein, von dem sie erwarten, dass ihr Arbeitgeber es zukünftig umsetzen wird. Für die Zeit nach den Einschränkungen glaubt mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Schweizer Befragten, dass ihnen mehr Flexibilität geboten wird und sie z.B. nicht mehr an allen Tagen ins Büro müssen. Damit scheinen die Unternehmen in der Schweiz flexiblen Arbeitsmodellen gegenüber etwas aufgeschlossener zu sein als der europäische Durchschnitt (49 Prozent). Weitere 29 Prozent vermuten, dass sie Vollzeit an den Büroarbeitsplatz zurückkehren müssen. Bei 12 Prozent haben die Arbeitgeber das Thema Flexibilität am Arbeitsplatz für die Zeit nach den Einschränkungen noch nicht angesprochen.
Flexibilität im Job schliesst nicht nur den Ort, sondern auch die Arbeitszeiten ein, an denen gearbeitet werden kann. Asynchrones Arbeiten bezeichnet Arbeitsmodelle ohne starre Arbeitszeiten. Mitarbeitende entscheiden dabei eigenverantwortlich, wo und wann sie arbeiten. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Schweizer Befragten würden sich für eine asynchrone Arbeitsweise entscheiden. Bei den 16- bis 34-Jährigen sind es sogar 72 Prozent.

Büros für die neue Arbeitswelt rüsten

Neben der Umsetzung flexibler Arbeitsmodelle stehen Unternehmen vor der zusätzlichen Herausforderung sicherzustellen, dass die physischen Arbeitsplätze für all jene, die wieder ins Büro zurückkehren möchten, sicher sind. 29 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer geben an, sich sicherer zu fühlen, wenn eine geringere Anzahl von Personen gleichzeitig im Büro zugelassen ist. Weitere Massnahmen, die zum Sicherheitsgefühl beitragen, wie etwa Maskenpflicht (28 Prozent), Social Distancing (25 Prozent) und flexiblere Arbeitszeiten, um die Rushhour beim Pendeln zu vermeiden (19 Prozent), werden von einem Teil der befragten Arbeitnehmenden befürwortet. 12 Prozent der Büroangestellten befürworten ausserdem verpflichtende Impfpässe, weitere 11 Prozent unterstützen freiwillige Impfausweise.
«Unternehmen sollten auf die Wünsche ihrer Teams reagieren und die notwendigen Massnahmen treffen, um sie zu unterstützen – ganz egal, wo und wann sie arbeiten», kommentiert Kniest. «Wenn Mitarbeitende ins Büro zurückkehren wollen, müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz getroffen werden», ergänzt er. «Möchten sie lieber im Home Office arbeiten, braucht es eine geeignete technische Ausstattung, mit der sie jederzeit sicher und produktiv arbeiten und auf nötige Ressourcen zugreifen können», gibt Kniest zu bedenken.
«In der neuen Arbeitswelt geben die Mitarbeitenden den Ton an», resümiert Kniest und doppelt nach: «Der Standort hat nicht mehr oberste Priorität. Neue Talente werden den Arbeitgeber wählen, der ihre individuellen Anforderungen und Bedürfnisse am besten erfüllt und berücksichtigt.»

Noch immer nur provisorische Sicherheitslösungen

Neben der Vorbereitung der physischen Büroräume, haben Unternehmen auch in puncto Sicherheit noch Aufholbedarf. Knapp ein Drittel (32 Prozent) der Büroangestellten in der Schweiz gibt an, zum Schutz vor Cyber-Bedrohungen noch immer Passwörter als einzige Sicherheitsmassnahme zu nutzen. 30 Prozent geben an, VPNs zu verwenden, 24 Prozent nutzen Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) und 14 Prozent wissen nicht, ob ihr Arbeitgeber Sicherheitsmassnahmen einsetzt.
«Es ist gut zu sehen, dass Mitarbeitende und Unternehmen in der Schweiz bereits Technologien wie Multi-Faktor-Authentifizierung zum Schutz von Cyber-Bedrohungen nutzen. Dass es bisher jedoch noch weniger als ein Viertel sind und viele sich noch immer allein auf Passwörter oder auf veraltete Technologien wie VPNs verlassen, zeigt jedoch, dass es bei den Sicherheitsmassnahmen noch einiges Verbesserungspotential gibt», so Kniest. «Nach dem pandemiebedingten Wechsel zur Remote Work mussten viele Unternehmen kurzfristig Sicherheitsmassnahmen ergreifen. Heute, ein Jahr später, sind viele dieser provisorischen Lösungen noch immer in Betrieb», kommentiert er weiter.
«Ein erfolgreiches und sicheres hybrides Arbeitsmodell erfordert jedoch die Konsolidierung aller Aspekte der IT», wirft Kniest ein. Um dies zu erreichen, benötigten Unternehmen Flexibilität bei der eingesetzten Technologie und einen strategischen Ansatz, wie sie den sicheren Zugriff ihrer Mitarbeitenden auf Unternehmensdaten und -informationen verwalten, egal wo sie sich befinden. «Denn eines ist sicher: Die Arbeitswelt wird nie wieder so sein, wie wir sie vorher kannten», so das Fazit von Kniest.

Autor(in) pd/ jst



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