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12.09.2018, 09:30 Uhr
Im Test: Spider-Man
Der Spinnenmann ist zurück, um das Böse zu bekämpfen! Wir haben uns das Open-World-Game zur Brust genommen und verraten, ob sich der Kauf lohnt.
Nach «Sunset Overdrive» verschlägt es Insomniac Games erneut ins Genre der Open-World-Spiele. Diesmal allerdings geht es nicht um abgedrehte Over-the-Top-Action, sondern um ein Superhelden-Spiel mit dem bekanntesten aller Marvel-Charaktere. Dabei kombinieren die Kalifornier ein stark an «Batman: Arkham Knight» erinnerndes Kampfsystem mit verschiedenen Open-World-Anleihen von «Assassin's Creed» zu einem der besten Comic-Adaptionen unserer Zeit.
New York ist bekanntlich die Stadt, die niemals schläft. Dummerweise gilt das aber nicht nur für die normalen Bewohner der Ostküstenmetropole, sondern auch für das organisierte Verbrechen. Spider-Man Peter Parker hat deshalb alle Hände voll damit zu tun, Schurken wie Wilson Fisk alias Kingpin zu bekämpfen. Den stellen Sie in Insomniac Games' Action-Adventure Spider-Man bereits innerhalb der ersten 30 Spielminuten, doch es dauert nicht lange, bis eine neue Bedrohung das kriminelle Vakuum ausfüllt, die das Leben aller New Yorker in Gefahr bringt. Was es genau mit der rätselhaften Gang mit den chinesischen Masken auf sich hat und weshalb der Biokampfstoff Teufelsatem nicht grundlos seinen Namen trägt, das erfahren Sie im mehr als 20-stündigen Abenteuer. In diesem Test möchten wir Ihnen vor allem verraten, weshalb Sie sich Spider-Man nicht entgehen lassen solltet.
Spektakulär und menschlich
Die Geschichte von Spider-Man beginnt rund acht Jahre, nachdem Peter Parker zum spinnenartigen Gesetzeshüter wurde. Sie beginnen im Spiel also bereits als gestandener Held, der schon einige New Yorker Kriminelle hinter Gitter gebracht hat und in der Bevölkerung anerkannt ist. Während es für Peter Parkers Alter Ego entsprechend gut läuft, während er in Zusammenarbeit mit Polizistin Yuri Watanabe für Ordnung auf den Strassen New Yorks sorgt, sieht es in seinem Privatleben anders aus. Seine Flamme Mary Jane Watson, die ihren Lebensunterhalt als investigative Journalistin verdient, hat sich von Peter getrennt und geht fortan ihren eigenen Weg. Das ändert sich allerdings mit dem Auftreten der Verbrecherbande mit den chinesischen Masken, deren Geheimnis die beiden aufdecken wollen.
Dafür gehen Peter und MJ erneut eine Partnerschaft ein, wenn auch nicht so, wie es sich der selbsternannte Spider-Cop wünschen würde. Im Rahmen dessen sowie bei Peters regulärem Job in einem Labor steht deshalb auch immer wieder Spider-Mans menschliche Seite im Vordergrund, die von Sorgen über seine Tante May und fast schon typischen Alltagsproblemen geprägt ist. Die andere Seite ist die spektakuläre Action, während Sie mit Peter hinter einem Helikopter hinterherjagen und gerade noch so verhindern, dass jener in den Strassen Manhattans auf die Passanten abstürzt oder Sie sich im Kampf Superschurken wie dem Shocker entgegenstellen. Dabei gelingt Insomniac Games eine exzellente Balance zwischen actiongeladenen und ruhigeren Momenten, wobei beides in Form meist filmreifer Cutscenes inszeniert wird. Die Geschichte selbst erreicht dabei zwar nicht die höchste Güteklasse, die Charakterisierung von Spider-Man, seinen Verbündeten und Gegnern dürfte aber jedem Fan der Comicreihe beste Unterhaltung liefern.
Im Rahmen der Hauptmissionen sind Sie nicht nur in der Rolle von Peter Parker unterwegs, sondern schlüpfen auch in die Haut von Mary Jane, die bereits das Geheimnis ihres Ex-Freundes kennt. Sie muss natürlich auf Superhelden-Fähigkeiten verzichten, weshalb Sie mit ihr unter anderem Schauplätze erkundet und nach Informationen fahnden. Eine direkte Konfrontation mit den Gegnern gibt es nicht, dafür schleichen Sie sich in spannenden Schleichabschnitten durch die Feindreihen. Dabei müssen Sie Kisten umwerfen oder Geräte aktivieren, um Gegner abzulenken, damit Sie ungesehen an ihnen vorbeikommen. Später nutzen Sie aber auch mal Gadgets von Spider-Man und Täuschkörper, mit denen Sie selbst bestimmen, in welche Richtung Sie einen Gegner locken möchten. Die meiste Zeit aber sind Sie als Spider-Man unterwegs, der auch abseits der Haupthandlung jede Menge zu tun hat.
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Kämpfen wie Batman und Kleider machen Leute
Kämpfen wie Batman
Das Kampfsystem in Spider-Man erinnert nicht nur auf den ersten Blick an die Free-Flow-Kämpfe aus Rocksteadys Batman-Arkham-Reihe. In Third-Person-Ansicht prügeln Sie auch hier auf Ihre Widersacher ein und weichen ihren Attacken per Hechtsprung aus. Positionswechsel vollziehen Sie auch über grössere Distanzen, indem Sie sich mit Ihren Netzen an Feinde heranziehen. Das macht es gerade an den Kampfschauplätzen leichter, an denen Gegner nicht nur am Boden, sondern auch in erhöhten Positionen lauern. Spider-Man ist aber nicht nur dadurch agiler als der dunkle Ritter aus Gotham City und kann im Gegensatz zu ihm auch keine Angriffe aktiv kontern. Sie müssen also zwingend ausweichen, um nicht getroffen zu werden oder müssen Attacken im Vorfeld unterbinden. Dabei spielen die Gadgets eine wichtige Rolle, die Sie in linearer Abfolge in der Hauptstory freischalten. So feuern Sie etwa ein Elektronetz auf einen Gegner ab, das Schaden anrichtet und das Ziel kurzzeitig betäubt. Stärkere Gegner spinnen Sie auch mit normalen Netzen ein, um sie so für Ihre Faustschläge und Tritte empfänglich zu machen. Der Vorrat an diesen speziellen Netzen ist begrenzt und muss sich über die Zeit zunächst wieder aufladen. Sie sollten gerade die mächtigeren wie die Spinnennetzbombe, die eine ganze Gruppe einspinnen kann, nicht wahllos auf einen einzelnen Gegner abfeuern.
Ihr Kampfrepertoire ist anfangs noch relativ begrenzt, wobei Sie von Beginn an immer auch Umgebungsobjekte mit Ihren Netzen greifen und auf die Aggressoren schleudern können. Mit Lernpunkten schalten Sie jedoch weitere aktive und passive Fähigkeiten frei, die Ihre Chancen im Kampf verbessern. So erhöhen Sie etwa die Zeitlupenphase bei perfekten Ausweichsprüngen, was Ihnen mehr Zeit gibt, sich den nächsten Schritt zu überlegen. Zu den weiteren Moves zählt unter anderem ein Luftangriff, bei dem Sie Gegner packen und von einem Dach oder auch auf einen anderen Gegner werfen. Besonders nützlich ist auch die Entwaffnungsfähigkeit. Damit entreissen Sie bewaffneten Feinden ihre Knarren und dürfen diese mit einer zusätzlichen Erweiterung auch als Wurfgeschoss einsetzen. Für sämtliche Aktionen werden letztlich nur wenige Tasten auf dem Gamepad benötigt, weshalb für einige davon auch Knöpfe bei der Eingabe gehalten werden müssen. Das ist nicht in allen Fällen besonders intuitiv gelöst. Obwohl einige Aktionen dadurch nicht immer mit absoluter Verlässlichkeit ausgeführt werden, funktioniert das System in der Praxis aber dennoch sehr gut. Das grösste Manko ist vielmehr die Übersicht im Kampf, die an bestimmten Orten durch die freie Kamerasteuerung und die oft in grösserer Zahl angreifenden Gegner nicht immer optimal ist.
Kleider machen Leute
In Spider-Man haben Sie neben Fähigkeiten und Gadgets, die Sie später optional ebenfalls aufwerten können, noch weitere Möglichkeiten, Ihren Helden zu verbessern. So schalten Sie im Laufe des Abenteuers eine Reihe von Anzügen frei, die Sie mit speziellen Anzugmods ausstattet. Mit der Kernmod reduzieren Sie etwa den erlittenen Schaden durch Feindbeschuss oder Nahkampfangriffe. Andere wiederum beschleunigen Ihren Zuwachs an Fokus-Energie. Die laden Sie im Prinzip ganz einfach durch erfolgreiche Angriffe oder perfekte Ausweichsprünge in mehreren Stufen auf. Ist wenigstens ein Balken voll, dürfen Sie einen Finisher einsetzen, der einen Gegner mit einem Mal ausschaltet. Stärkere Feinde benötigen aber auch mal zwei Fokus-Balken, um sie sofort erledigen zu können.
Die Fokus-Energie erfüllt aber noch einen anderen Zweck – ist sie voll aufgeladen, können Sie ein Special aktivieren, bei dem Sie kurzzeitig weniger Schaden nehmen und gleichzeitig härter austeilen –, denn Sie können Spider-Man damit auch aktiv im Kampf heilen. Das macht manche der Kämpfe tatsächlich ein bisschen zu leicht, ohne diese Funktion würden Sie aber wohl häufig das Zeitliche segnen. Denn Spidy nimmt bei Treffern ziemlich viel Schaden, besonders von Gegnern, die Sie mit Scharfschützengewehren, Raketenwerfern oder Handgranaten angreifen. Deshalb muss man die Fokus-Energie mehr als eine Art taktisches Element in Spider-Man verstehen, da Sie immer auch abwägen müssen, ob sie ein paar Trefferpunkte wiederherstellt oder die Energie anderweitig verwendet. Taktische Möglichkeiten geben Ihnen aber auch die Stealth-Optionen. Bei manchen Feindansammlungen ist der Kampf zwar praktisch unausweichlich, in vielen Situationen können Sie allerdings versuchen, die Gegner unbemerkt zu entsorgen. Das ist gerade bei den genannten Scharfschützen, die in den oft wellenartigen Kämpfen im Regelfall nicht nachspawnen, eine sinnvolle Entscheidung. Zur Pflicht erklärt Insomniac Games die Heimlichoptionen aber nie.
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Ein verlockendes Angebot und Fazit
Ein verlockendes Angebot
Wenngleich Sie in Spider-Man auf Wunsch auch ohne grosse Abzweigungen den Hauptmissionen folgen können, bieten Ihnen die einzelnen Stadtteile New Yorks weit mehr als nur die. Überall in Manhattan warten Nebenmissionen, Herausforderungen und Sammelkram auf Sie. So sind etwa 55 Rucksäcke in der Spielwelt verteilt, die fast ausnahmslos Andenken an vergangene Heldentaten von Spider-Man enthalten. Daran dürften besonders Fans der Comics und Filme ihren Spass haben. Die Rucksäcke können Sie theoretisch auch einfach so finden. Es empfiehlt sich aber dennoch, Polizeitürme in der Stadt zu hacken, mit denen Sie in Assassin's-Creed-Manier die Umgebung synchronisieren.
Neben den Sammelaufgaben – unter anderem begeben Sie sich auf die Suche nach Katzenfiguren von Black Cat oder fotografieren Sehenswürdigkeiten in New York – warten auch zahlreiche Herausforderungen auf Sie. So müssen Sie im Auftrag eines Schurken Bombenherausforderungen absolvieren und innerhalb eines Zeitlimits mehrere Sprengsätze unschädlich machen. Darüber hinaus räuchern Sie Gangunterschlüpfe aus, in denen Sie gleich eine Reihe von Gegnerwellen erwarten. Auch kleinere Verbrechen dürfen Sie bekämpfen, den Überfall auf einen Juwelier vereiteln oder einen Laster mit Sprengstoffladung aufhalten, was besonders spektakulär in Szene gesetzt ist.
Abseits einer verpflichtenden Tutorialmission sind all diese Aufträge optional, aber deshalb nicht weniger verlockend. Denn mit fast jeder der optionalen Aufgaben verdienen Sie verschiedene Arten von Marken. Nur damit werten Sie Ihre Gadgets auf, erhöhen deren Anzahl, die Reichweite oder den Schaden, was entsprechend einen zusätzlichen Motivationsschub gibt. Neben diesen Aufträgen gibt es zudem auch eine Reihe ausgewachsener Nebenmissionen – eine davon mit einem namhaften Gegenspieler von Spider-Man –, die manchmal auch weniger kampflastig ausfallen. So fangen Sie etwa Tauben für eine Vogelforscherin ein oder spüren in einer Mission in fast schon detektivischer Art einen falschen Spider-Man auf. Sehr schön sind auch die Nebenaufträge, bei denen Sie anhand einer Fotografie einen bestimmten Ort in New York suchen müssen, um eine vermisste Person zu finden. Marken gibt es für die regulären Nebenmissionen zwar nicht, dafür aber ordentliche Mengen an Erfahrungspunkten. Wer also seinen Spider-Man schneller auf höhere Stufen bringen möchte, wird hier nicht mit Almosen abgespeist und kann schneller alle Fähigkeiten freischalten.
Fazit
Mit Spider-Man liefert Insomniac Games eine sehr gute, wenn nicht gar die beste Spieleumsetzung mit dem Marvel-Superhelden in der Hauptrolle. Das entfernt an Batman erinnernde Kampfsystem bietet satte, schnelle Action, gepaart mit einer motivierenden Charakterentwicklung. Allein die Hauptmissionen garantieren Vielfalt sowie Abwechslung und werden durch das reichhaltige, grösstenteils optionale Angebot der offenen Spielwelt sinnvoll bereichert. Aufgrund kleinerer Mängel erreicht Spider-Man vielleicht nicht ganz die Perfektion eines «Batman: Arkham Knight», aber das soll Comic- und Actionfans keinesfalls davon abhalten. Denn für sie ist dieses Spider-Man ein klarer Pflichtkauf.
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