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25.04.2013, 11:22 Uhr
Telekom will das Internet drosseln
Die Deutsche Telekom will künftig auch für das Festnetzinternet Datenlimiten einführen, nach denen die Geschwindigkeit gedrosselt wird. Dafür erntet sie viel Kritik - auch, weil die Netzneutralität verletzt wird.
Die Mitteilung der Deutschen Telekom vom Montag sorgte für einen Aufschrei in unserem nördlichen Nachbarland: «Angesichts des rasanten Datenwachstums stellt die Telekom die Tarifstruktur für Internetanschlüsse im Festnetz um: Genauso wie im Mobilfunk wird es künftig […] integrierte Highspeed-Volumina geben. Ist die Volumengrenze erreicht, sehen die Leistungsbeschreibungen eine einheitliche Reduzierung der Internetbandbreite auf 384 Kbit/s vor.»
Limitierung wohl frühestens 2016
Ein Datenlimit für Festnetz-Flatrates? Bisher unvorstellbar. Die Telekom argumentiert, dass sich das weltweit übers Internet übertragene Datenvolumen bis 2016 laut Experten vervierfachen soll. Diese Entwicklung erfordere einen kontinuierlichen Ausbau der Infrastruktur.
Vorerst will der grösste deutsche Telekommunikationsanbieter nur die Leistungsbeschreibungen anpassen. Die Einführung der technischen Geschwindigkeitsbegrenzungen hänge von der effektiven Verkehrsentwicklung im Internet ab. «Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Limitierung technisch nicht vor 2016 umsetzen», so die Telekom.
Vorerst will der grösste deutsche Telekommunikationsanbieter nur die Leistungsbeschreibungen anpassen. Die Einführung der technischen Geschwindigkeitsbegrenzungen hänge von der effektiven Verkehrsentwicklung im Internet ab. «Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Limitierung technisch nicht vor 2016 umsetzen», so die Telekom.
Das enthaltene Highspeed-Datenvolumen für die DSL- und VDSL-Festnetzanschlüsse soll mindestens 75 GB betragen. Je nach Internetgeschwindigkeit des Abos sind auch höhere Limiten (bis zu 400 GB) angedacht. Dennoch: Wer beispielsweise häufig Filme aus dem Internet streamt oder Onlinespiele zockt, wird die 75 GB schnell aufgebraucht haben. Gemäss Telekom wird es möglich sein, grössere Datenvolumen als Optionen zum Abo dazuzukaufen.
Auch in der Schweiz denkbar?
Die Drosselung der Internetgeschwindigkeit nach Erreichen eines bestimmen Datenvolumens bei sogenannten «Flatrates» ist in der Mobilfunkbranche bereits verbreitet. Diese Praxis wendet in der Schweiz z.B. Sunrise bei den Abos Sunrise Flat 1 und 2 an. Balthasar Glättli, Nationalrat der Grünen und Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit, glaubt aber nicht, dass eine ähnliche Drosselung hierzulande auch für das Festnetzinternet droht. Denn im Unterschied zu Deutschland sei hier die Infrastruktur bereits sehr gut und werde zügig weiter ausgebaut. Es gebe deshalb für Swisscom und Co. keinen Grund, steigende Kosten für den Infrastrukturausbau mit solchen Massnahmen auf die Nutzer abzuwälzen.
Dies bestätigt auch Swisscom auf Anfrage: «Inklusivvolumen halten wir für keinen guten Weg.» Stattdessen differenziere man lieber nach der Surfgeschwindigkeit, wie das ja seit dem vergangenen Sommer auch bei den Mobilfunk-Abos gemacht wird. «Das ist verständlicher und nachvollziehbarer», so Swisscom.
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Netzneutralität in Gefahr
Netzneutralität in Gefahr
Was beim neuen Telekom-Modell insbesondere für Kritik sorgt: Die Nutzung des eigenen TV-Angebots «Entertain» (vergleichbar mit Swisscom TV) wird nicht vom Datenvolumen abgezogen. Filme auf Abruf können also so über die eigene Plattform unbegrenzt gestreamt werden. Medien werten dies als Verletzung der Netzneutralität. Ein Thema, das auch in der Schweiz hochaktuell ist. Im Dezember 2012 reichte Balthasar Glättli eine Motion ein, welche die Festschreibung der Netzneutralität im Gesetz fordert. Anfang März fand im Bundeshaus ein Open Hearing zum Thema statt. Verfechter der Netzneutralität kritisieren hierzulande unter anderem die Swisscom, weil diese z.B. die Nutzung des eigenen, mobilen TV-Diensts «Swisscom TV Air» ebenfalls nicht von den Datenvolumen der Mobilfunkabos abzieht, während andere Dienste wie Zattoo oder Wilmaa die Datenvolumen belasten, was diskriminierend sei.
Auch Glättli sieht in dieser Bevorzugung der eigenen IPTV-Dienste durch die Deutsche Telekom das eigentliche Problem. Denn die neue Tarifstruktur gebe vor, lediglich Heavy User zu bestrafen, nimmt von dieser Definition aber die Nutzung der Telekom-eigenen TV-Dienste aus – obwohl diese einen Löwenanteil des Datenverkehrs ausmachen dürften. Für Glättli ist deshalb klar: «Die Telekom verkauft ihr IPTV-Angebot unter Wert». Jetzt müssten jene, die ihre Filme lieber von anderen Plattformen beziehen, die Zeche dafür zahlen. «Die korrekte Massnahme wäre eine generelle Preiserhöhung gewesen», so Glättli.
Auch Glättli sieht in dieser Bevorzugung der eigenen IPTV-Dienste durch die Deutsche Telekom das eigentliche Problem. Denn die neue Tarifstruktur gebe vor, lediglich Heavy User zu bestrafen, nimmt von dieser Definition aber die Nutzung der Telekom-eigenen TV-Dienste aus – obwohl diese einen Löwenanteil des Datenverkehrs ausmachen dürften. Für Glättli ist deshalb klar: «Die Telekom verkauft ihr IPTV-Angebot unter Wert». Jetzt müssten jene, die ihre Filme lieber von anderen Plattformen beziehen, die Zeche dafür zahlen. «Die korrekte Massnahme wäre eine generelle Preiserhöhung gewesen», so Glättli.
Bundesregierung zeigt sich besorgt
In Deutschland schlug die Ankündigung der Telekom hohe Wellen. Sogar die Bundesregierung äusserte sich dazu. Wirtschaftsminister Philipp Rösler zeigte sich laut Spiegel in einem Brief an den Telekom-Chef René Obermann beunruhigt und versprach, «die weitere Entwicklung in Bezug auf eine eventuell unterschiedliche Behandlung eigener und fremder Dienste unter dem Aspekt der Netzneutralität sehr sorgfältig zu verfolgen». Pikant: Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor der grösste Anteilseigner der Deutschen Telekom, die – ähnlich wie bei der Privatisierung der Swisscom – aus der Privatisierung der Deutschen Bundespost hervorging.
Die Deutsche Telekom reagierte ihrerseits mit einem Schreiben auf die Kritik. Man sei an einer sachlichen Diskussion interessiert und stehe ebenfalls für das freie und offene Internet. Gleichzeitig gibt das Unternehmen aber zu bedenken: «Netzneutralität wird in der Debatte teilweise mit einer Gratis-Internetkultur verwechselt.»
Die Deutsche Telekom reagierte ihrerseits mit einem Schreiben auf die Kritik. Man sei an einer sachlichen Diskussion interessiert und stehe ebenfalls für das freie und offene Internet. Gleichzeitig gibt das Unternehmen aber zu bedenken: «Netzneutralität wird in der Debatte teilweise mit einer Gratis-Internetkultur verwechselt.»
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