News 28.05.2015, 09:11 Uhr

Suggested Tiles: Mozilla hofft auf neue Einnahmequelle

Mit einem neuen Werbe-Feature analysiert auch der Firefox-Hersteller schon bald unsere Surf-Verläufe. Doch warum «braucht» Mozilla auf einmal eine neue Einnahmequelle?
Wer ab Juni mit dem Firefox surft, könnte nach dem Besuch einer Hardware-Seite zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf die Seite aufmerksam gemacht werden. Mit dem Firefox 39 führt die Mozilla Corporation sogenannte «Suggested Tiles» ein. In den noch leeren, geöffneten Tabs wird der Anwender personalisierte Webseiten-Vorschläge in Form von kleinen Kacheln zu sehen bekommen. Die vorgeschlagenen Webseiten basieren auf den persönlichen Surfgewohnheiten. Der Browser-Hersteller verspricht jedoch, keine persönlichen Daten seiner Nutzer zu sammeln. Die Kacheln entstünden auf Basis des Browser-Verlaufs (ohne Cookies). Ein manuelles Opt-Out von den vorgeschlagenen Kacheln soll jedoch mit zwei Klicks möglich sein. 

Opt-Out möglich

«Die Suggested Tiles repräsentieren für uns einen wichtigen Schritt, um den Ruf im Digital Advertising zu verbessern», schreibt Darren Herman, der Vice President von Mozilla im Unternehmens-Blog. Komplexe Opt-Out-Prozesse und kaum lesbare Endnutzerbestimmungen würden zusätzlich dazu führen, dass viele Nutzer einfach jegliche Werbung abblocken. Diese Situation sei sowohl für den Anwender als auch für die Werbewirtschaft nicht förderlich und zudem «schlecht fürs Web», argumentiert die Mozilla Corporation im Blogpost. 

Der Deal mit Google platzte

Die Firefox-Entwickler wurden während der letzten zehn Jahre von Google unterstützt. Dieser Deal endete im November 2014. In die Bresche sprang Yahoo, mit Ex-Google-Managerin Marissa Mayer an der Spitze. Verlierer unter sich? Marissa Mayer bleibt bis heute den Beweis schuldig, Yahoo wieder flott zu kriegen und auch Firefox hat an Marktanteilen eingebüsst. Geht man nach den Statistiken von StatCounter, hat Googles Chrome-Browser gegenwärtig einen Marktanteil von über 50 Prozent, während Firefox von weniger als 20 Prozent der Anwender genutzt wird. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Was jedoch offensichtlich ist: Firefox ist ein äusserst ressourcenhungriger Browser, der gerne mal über 1 GB an Arbeitsspeicher blockiert. Auch dient er nicht als Hub für verschiedene Dienste, wie zum Beispiel Google Chrome oder Internet Explorer. Und viele populäre Add-Ons, früher Hoheitsgebiet des Mozilla-Browsers, sind inzwischen auch für Chrome und Internet Explorer erhältlich. Auf den mobilen Betriebssystemen glänzt der Browser durch Abwesenheit. Und dem Projekt Firefox-OS - dem Versuch, ein quelloffenes mobiles Betriebssystem zu etablieren - fehlt die Breitenwirkung.
Es ist klar, der Mozilla Foundation bläst eine eher steife Brise entgegen und sie muss sich über die Finanzierung Gedanken machen. Nun sollen es die Suggested Tiles richten. 
«Es ist kein Geheimnis, dass digitale Werbung die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen im Web antreibt», antwortet uns Dennelle Dixon-Thayer, Senior Vice President of Business and Legal Affairs von Mozilla. Jedoch werde die Bedeutung der Web-Werbung vom Fakt untergraben, dass der User und dessen Privatsphäre oft vergessen würden. Der Nutzer soll dabei wieder ins Zentrum der Kontrolle rücken.

Mozilla als «Missionar» des Bettelordens?

«Wir hätten auch einfach nur zusehen und das momentane Ökosystem verurteilen können. Doch wir haben uns für einen alternativen Content-Belieferungsweg mit ähnlichem Resultat entschieden», betont die Sprecherin aus den USA.
Die Diversifizierung der Einkünfte spiele eine wichtige Rolle, räumt die Mediensprecherin ein. Trotzdem sei Mozilla ein Non-Profit-Unternehmen mit einer Mission. Einige Anstrengungen führen langfristig eher zu Nachhaltigkeit als andere – aber alle Initiativen hätten schlussendlich einen Mehrwert für die Nutzer, gibt sich der Browser-Hersteller überzeugt.
Vorausgesetzt, die Mozilla Corporation hält sich an die angepriesenen Datenschutzbestimmungen, dürfte sich das neue Feature im Vergleich zu Facebooks Datenspion im «Gefällt mir»-Button als gar nicht so schlimm herausstellen. Dort ist das verworrene Geflecht an Cookies und Digital-Advertising-Partnern für Laien kaum noch überschaubar. Den Nutzern soll ja die angepasste Werbung nur immer beim Öffnen eines leeren Tabs angezeigt werden. Der Vorteil der Lösung ist immerhin, dass der Nutzer die Kontrolle über die eingeblendeten Anzeigen behält.

Autor(in) Simon Gröflin



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