Deutsche Corona-Warn-App 28.07.2020, 07:05 Uhr

Updates sollen Probleme beheben

Eine Corona-Warn-App soll auch in Deutschland gegen die Ausbreitung des Virus helfen. Doch wegen technischer Probleme könnten dort viele Menschen nicht oder zu spät informiert worden sein. Das deutsche Gesundheitsministerium steht in der Kritik.
(Quelle: Oliver Berg/dpa)
Nach Bekanntwerden von Problemen im Zusammenhang mit einer Funktion der deutschen Corona-Warn-App steht die Kommunikation des Gesundheitsministeriums in Deutschland in der Kritik.
«Es ist schon grob fahrlässig, dass das Gesundheitsministerium offenbar verschwiegen hat, dass die Warnung bei verschiedenen Geräten längere Zeit nicht erfolgte», sagte Frank Sitta, der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Der digitalpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann, forderte im «Handelsblatt» schnelle Aufklärung durch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Das Gesundheitsministerium hatte dazu erklärt, das Problem sei seit Längerem bekannt und auch Thema in den Fragen und Antworten (FAQ) der App. Der SPD geht das aber nicht weit genug. «Es ist mehr als ärgerlich, dass die zuständigen Fachpolitiker von dieser Sache aus den Medien erfahren. Ich hätte mir eine offene Kommunikation durch das Gesundheitsministerium gewünscht», kritisierte Zimmermann.
Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Katja Suding, kritisierte das Vorgehen in der «Bild»: «Der fehlende Mut, offen mit Fehlern in der App umzugehen, ist brandgefährlich.» Ab jetzt müsse gelten, alle Fehler zu finden, sie zu beheben und transparent zu kommunizieren. «Transparenz sieht anders aus», meinte auch die digitalpolitische Sprecherin der AfD, Joana Cotar. Sie forderte die Bundesregierung auf, die App abzuschalten.
Das Gesundheitsministerium versicherte, dass die App «zu jeder Zeit» funktioniert habe. Auch ein Sprecher des Unternehmens SAP, das an der Entwicklung der App beteiligt war, sagte: «Es ist keine Fehlfunktion in der App.» Bestimmte Geräte haben laut Ministerium aber verhindert, dass Apps dauerhaft im Hintergrund laufen. «Das gilt nicht nur für die Corona-Warn-App, sondern für alle Apps auf diesen Smartphones.»
Die Warn-App tausche aber auch ohne diese Hintergrundaktualisierung anonyme Codes mit anderen Smartphones aus. In der neusten Version sei das Problem der Hintergrundaktualisierung behoben. Manche Nutzer müssten diese selbst aktivieren, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer auf Twitter. Dies sei ganz einfach.
Trotz der Beschwichtigung mahnte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz in der «Bild»: «Gerade weil sich so viele Bürgerinnen und Bürger auf die App verlassen, muss die volle Funktionsfähigkeit stets sichergestellt sein – da darf es keine grossen Lücken geben.» Auch Parteikollege Dieter Janecek forderte im Nachrichtenportal «t-online.de»: «Solche Fehler dürfen nicht mehr vorkommen, insbesondere wenn zum Herbst hin die Zahlen wieder ansteigen.» Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rief bei «Bild Live» trotz der Problematik dazu auf, die App weiter herunterzuladen und zu nutzen.

Update für iOS- und Android-Geräte

Mit der neusten Version sollen technische Schwierigkeiten auf dem iPhone von Apple beseitigt werden, wie der Software-Konzern SAP und die Deutsche Telekom mitteilten. Die App soll helfen, die weitere Verbreitung des Virus zu unterbinden. Seit dem Start Mitte Juni wurde sie von mehr als 16 Millionen Nutzern heruntergeladen.
Auf dem Apple-Betriebssystem iOS hatte die App zwar wie versprochen ständig anonyme Codes mit anderen Nutzern ausgetauscht – die Warnung vor gefährlichen Begegnungen erfolgte allerdings nicht im Hintergrund, sondern nur, wenn die App aktiv geöffnet war. Ähnliche Probleme tauchten bei bestimmten Android-Smartphones auf. Ursache war ein Energiesparmodus, der bei einigen Geräten die Aktualisierung eingeschränkt oder sogar deaktiviert haben könnte.
Am Sonntagabend erklärten Kanzleramtschef Helge Braun, Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU), Telekom-Chef Timotheus Höttges und SAP-Vorstandssprecher Christian Klein: «Wie bei jeder neuen Entwicklung gibt es technische Herausforderungen. Nicht auf allen Mobiltelefonen lief die Anwendung der App ohne Einschränkungen. Für die Bundesregierung wie für die Entwickler der Unternehmen war von Anfang an klar: Die Entwicklung der Corona-Warn-App ist nicht mit dem Start abgeschlossen, sondern ein Projekt, an dem wir täglich weiterarbeiten, um die App zu verbessern.»
Das Entwicklerteam habe jetzt einen Weg gefunden, die Einschränkungen auf denjenigen Mobiltelefonen zu umgehen, die den automatischen Datenabgleich im Hintergrund blockiert hatten – sowohl für Android- als auch für iOS-Geräte.

Apple veröffentlicht Notification API

Um die Weiterentwicklung der Programmschnittstelle beim iPhone voranzutreiben, hat Apple den Code der «Notification API» veröffentlicht. Google eröffnete unterdessen auf der Programmierplattform GitHub einen Bereich für die Schnittstelle der Android-Smartphones zum Server. Damit kann sich die Entwicklergemeinde weltweit an der Verbesserung des Codes beteiligen.
Wegen der Probleme gab es am Wochenende auch Kritik an der Bundesregierung. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte davor gewarnt, dass Vertrauen verloren geht. Der Grünen-Abgeordnete Dieter Janecek hatte dem «Handelsblatt» gesagt, Spahn müsse «umgehend darlegen, wie er die bestehenden Schwachstellen zu beheben gedenkt». Die App habe mehr als 20 Millionen Euro gekostet. Bis zu 70 Millionen seien für den weiteren Betrieb kalkuliert. «Da müssen Bürgerinnen und Bürger erwarten können, dass der versprochene Schutz auch wirklich uneingeschränkt allen offensteht.»
Die App soll helfen, Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Wenn es eine Begegnung mit jemandem gab, der später positiv auf das Coronavirus getestet wurde, soll das Handy den Besitzer informieren. Ausserdem kann die App dazu beitragen, dass Menschen nach einem Test schneller ihr Ergebnis erhalten.



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