Tests 06.07.2016, 10:17 Uhr

PlayStation VR getestet: Virtual Reality für alle?

Mit der PlayStation VR landet nach der Oculus Rift und der HTC Vive bald die dritte VR-Brille auf dem Massenmarkt. Wir konnten Sonys Virtual-Reality-Brille an der Sony Experience Tour ausprobieren. Wie fühlt sie sich an? Wie spielt es sich mit ihr?
Nach der Oculus Rift und der HTC Vive lanciert Sony als Massenmarkt-Player im Oktober seine eigene VR-Brille für die PlayStation 4. Während die HTC Vive, die jetzt mittlerweile weltweit in wenigen Tagen ausgeliefert wird, noch mit einem relativ überschaubaren Spielangebot aufwarten kann, hat das Konkurrenzprodukt Oculus Rift genau das gegenteilige Problem: Einige Top-Titel sind da –, aber der Hersteller hat mit extremen Lieferengpässen zu kämpfen. Trotzdem ist beiden PC-Headsets eine Sache gemein: Die High-End-Brillen sind für Otto Normalverbraucher sehr teuer. Die HTC Vive beispielsweise kostet über den Onlinestore von HTC rund 1000 Franken (inklusive Zoll- und Liefergebühren). Dann braucht man natürlich noch die richtige PC-Hardware, und unter 1500 Franken wirds da schnell eng. Ob 2016 noch das Jahr der virtuellen Realität wird, hängt somit sehr vom Erfolg von Sonys PlayStation VR ab.
Die PlayStation VR ist voraussichtlich ab Mitte Oktober in die Schweiz erhältlich

Sony setzt alles auf eine Karte

Die Rechnung könnte für Sonys Virtual-Reality-Produkt aufgehen. Dafür sprechen zwei Vorzeichen: Zum einen erfüllen viele Konsolenspieler die Hardware-Anforderungen bereits. Zum anderen fällt Sonys Eintritt in die virtuelle Realität mit rund 450 Franken um einiges günstiger aus. Nur hat das Ganze eine Kehrseite: Wenn das Hardware-mässig weniger starke Produkt und die Software zum Start nicht überzeugen, könnte das zum Fluch für die ganze VR-Industrie werden. Denn mit einer Plattform für die breite Masse müssen nun die Spiele erst mal rentieren. Nintendo seinerseits gibt sich mit seinen VR-Plänen zumindest vorsichtiger als früher, als das Unternehmen um 1995 noch mit seinem Virtual Boy kläglich bei einem der ersten Gehversuche gescheitert war. Nintendo verfüge zwar über die Technik für VR, wolle aber erst dann ein Produkt lancieren, wenn längere Spielerlebnisse möglich werden, sagte jüngst Tatsumi Kimishima, Nintendos Präsident, an einer Investorenkonferenz. Da die Auflösung auf den teuren PC-Headsets noch lange nicht gut genug ist, waren wir schon früh skeptisch: Wie spielt es sich mit der VR-Brille von Sony – und vor allem: Wie ist die Grafik? PCtipp konnte PlayStation VR an der Experience Tour ausprobieren. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Sonys VR-Headset fühlt sich sehr leicht an. Auch der Tragering ist gepolstert

Wie fühlt sich die PlayStation VR an?

Man spielt PlayStation VR meist im Sitzen, anstatt im Stehen. Das hat zwei Gründe: Sonys VR-Brille ist durch ein dickes Kabel mit der Konsole verbunden, was die Bewegungsfreiheit deutlich einschränkt. Daneben bestimmen die LEDs an der Brille, welche über die PlayStation-Kamera ermittelt werden, die Position des Spielerkopfs. Die Eingaben erfolgen über das gewöhnliche PlayStation-4-Pad oder über die Move-Controller. Das Headset als solches ist erstaunlich leicht und fühlt sich eher wie ein Velohelm als eine dicke Skibrille an. Man merkt: Sony hat Erfahrung im Design von Gaming-Hardware. Der verstellbare Ring, den man sich über den Kopf stülpt, ist innen sehr weich gepolstert und drückt an keiner Stelle.
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Erstaunlich guter Fokus

Erstaunlich guter Fokus

Der Abstand der Linsen ist wie bei der HTC-Brille auf Knopfdruck anpassbar. Als Brillenträger fühlte ich mich darin pudelwohl, jedoch beschlugen sich meine Brillengläser bereits nach fünf Minuten. Das dürfte aber an der Sommerwärme im kleinen Testraum gelegen haben. Was besonders gefiel: Schriften und Konturen aus nächster Nähe, etwa von den Bedienoptionen, waren nach der Fokuseinstellung deutlich schärfer wahrnehmbar als mit der HTC Vive. Da fragen wir uns fast, wie das Sony hingekriegt hat. Sei aber auch gesagt, dass man sich natürlich mit dem PlayStation-Headset nicht im Raum bewegt, was in hitzigen Gefechten auch hin und wieder zu Fokusverlusten führen kann. Auf Kopfbewegungen reagierte das Headset verwackelungsfrei. Lichtschimmer an den Seitenrändern der Display-Linsen waren kaum feststellbar. Man muss dazu sagen, dass wir uns in einem nahezu abgedunkelten Raum befanden. Interessant ist, dass man wie bei der HTC Vive den PlayStation-4-Controller in der VR-Umgebung sieht. Wirklich cool. Die hellen blauen LEDs des Headsets können auch die Move-Controller erfassen.

Helle RGB-LEDs 

Besonders beeindruckt hat das Demospiel Battlezone. In dem Tron-angehauchten Futuristik-Shooter mit Mechwarrior-Elementen übernimmt man die Steuerung eines Panzers, mit dem man sich nicht nur gegen die schwer bewaffnete Boden-Armada zur Wehr setzt. Bis man auf einmal merkt, dass man auch aus der Luft von Drohnen beschossen wird. Hier geht das VR-Konzept wirklich auf. Uns überrascht die Grafik, die besser daherkommt, als wir uns das bis jetzt vorgestellt hätten. Verschwommene Texturen, insbesondere unscharfe Objekte aus der Nähe, waren in diesem Spiel kaum auszumachen. Sonys Headset weist eine etwas geringere Auflösung pro Auge auf: Statt 1080 x 1200 Pixel bei der Konkurrenz setzen die Japaner auf 960 x 1080 Pixel in 90 oder gar 120 Hertz. Beim Sichtfeld hatten wir nicht den Eindruck, dass es stärker eingeschränkt ist als mit der Vive. Kleine Treppcheneffekte kann man dennoch zwischendurch beobachten, die aber dank der hohen Helligkeit des RGB-OLED-Systems nicht so sehr ins Gewicht fallen.
PlayStation VR funktioniert auch mit den Move-Bewegungs-Controllern
Was wir noch nicht einschätzen können, ist, ob man langfristig unter dem Headset schwitzt. VR auf einer HTC Vive, so geht es mir zumindest, spielt man meistens eh nur ein paar Stunden oder weniger, weil angesichts des immersiven Erlebnisses zwischendurch ein wenig Augenerholung nicht schadet. Dann fragen wir uns natürlich vor allem, ob Games vor oder nach Fertigstellung auf «Motion Sickness» geprüft werden. Im Oculus Store etwa kann man den Spielekatalog zusätzlich nach diesem Bewertungskriterium einsehen. So ist man immer gewarnt vor schlechter VR-Programmierung, wenn man gerade zuvor ein Schnitzelbrot verdrückt hat. Zu guter Letzt muss sich zum Start erst noch zeigen, was die Spielpalette verspricht. Sony stellt auf Jahresende 50 Titel in Aussicht.
Lieferumfang der PlayStation VR

Fazit

Es ist noch schwierig, ein abschliessendes Fazit zu ziehen. Was wir aber bis jetzt gesehen haben, lässt unser Herz höherschlagen. Das VR-Erlebnis auf Sonys Gaming-System ist nicht schlechter, als wir es für eine Konsolen-Hardware erwartet hätten, die derzeit nicht einmal 4K-fähig ist. Mehr werden wir an der Gamescom zu berichten wissen.
An der PlayStation Experience Tour können Sie die PlayStation VR ausprobieren

Preis und Verfügbarkeit

Bis jetzt geht man bei der PlayStation VR von einem Launch-Termin von Mitte Oktober aus. Vorbestellen kann man das Headset schon seit einigen Wochen bei diversen Händlern. Der Strassenpreis beläuft sich auf 449 Franken. Voraussetzung ist eine PlayStation-4-Konsole. Wie es zum Launch mit der Verfügbarkeit aussieht, ist momentan noch sehr schwer zu beurteilen. Man kann damit rechnen, dass einmal mehr die kleineren Fachhändler das Nachsehen haben könnten, ausser man hat dort sehr früh vorbestellt. 

Autor(in) Simon Gröflin



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