Tests
29.05.2018, 08:40 Uhr
Test: 3D-Drucker da Vinci Jr. 1.0 3in1
Hart an der Grenze zur arglistigen Täuschung.
3D-Drucker gehören zu den spannendsten Erweiterungen, die sich an einen PC anschliessen lassen. Um sie zu nutzen, braucht es keine 3D-Software, geschweige denn Talent. Denn im Internet gibt es unterdessen Millionen fertiger 3D-Bauteile, die sich zumeist kostenlos herunterladen und ausdrucken lassen. Einen sehr guten Überblick bieten die Websites cults3d.com und pinshape.com.
Ersteindruck und Installation
Doch diese Websites sind nicht das Thema, sondern der 3D-Drucker der Firma XYZprinting mit dem sperrigen Namen «da Vinci Jr. 1.0 3in1». Das Gerät wird nahezu fertig montiert geliefert. Das Druckwerk steckt in einer teiltransparenten Kunststoff-Box – dadurch unterscheidet es sich von anderen 3D-Druckern, die als Bausatz ankommen und zuerst durch den frischgebackenen Besitzer montiert werden müssen (oder dürfen, je nach Sichtweise).
Der Inbetriebnahme dauert ungefähr eine halbe Stunde. Dabei sollten Sie sehr gut prüfen, ob Sie alle Transportsicherungen wie Kartons, Klebebänder oder Styroporteile gefunden habe, denn sie sind fast allgegenwärtig. Bei der Installation hilft das unübersichtliche und rudimentäre Handbuch gerade so viel weiter, dass man nicht gleich aufgibt.
Zum Lieferumfang gehört ausserdem eine SD-Karte mit dem System, der veralteten Anwender-Software für macOS und Windows sowie einem Musterobjekt, das für erste Erfolgserlebnisse sorgt:
Trauerspiel Software
Wir werden auf die Druckqualität später zu sprechen kommen, doch zuerst verdient die mitgelieferte Software ein wenig Beachtung. Um 3D-Modelle auszudrucken, steht das kostenlose Paket «XZYware» auf der Website des Herstellers zum Download bereit, allerdings erst nach einer kostenlosen Registrierung. Nach der Installation soll das Gerät registriert und die Erlaubnis zur Übermittlung von Diagnosedaten gewährt werden. Wird beides verweigert, erscheinen die Aufforderungen bei jedem weiteren Start. Immer.
Für die Installation wird der Drucker über USB mit dem Mac oder PC verbunden, um zum Beispiel die WLAN-Verbindung einzurichten. Doch spätestens nach einer Minute wird klar: Wenn es eine Software-Hölle gibt, dann betritt man gerade ihren neunten Kreis. Die Windows-Version ist ein Ausbund an Hässlichkeit, fern jeglicher Intuition und gespickt mit genauso hässlichen Symbolen.
Die Mac-Version ist genauso abstossend, aber das spielt keine Rolle: Wir haben es auf Biegen und Brechen nicht geschafft, etwas auszudrucken. Wer also zu Hause nur Macs benutzt, wird nach dem Kauf eine herbe Enttäuschung erleben. Immerhin war es in unserem Test möglich, das Gerät mit Parallels Desktop über eine virtuelle Maschine mit installiertem Windows 10 anzusprechen.
Die Software ist übrigens im «Handbuch» nicht beschrieben und die Hilfefunktion reduziert sich auf eine Dialogbox:
Mit WLAN (nein, doch nicht)
Der Drucker ist grundsätzlich mit einem WLAN-Modul ausgestattet, was sogar auf dem Gerät angepriesen wird. Um es kurz zu machen: Die Einrichtung muss mit einer USB-Verbindung vorgenommen werden. Die IP-Adresse wird dann vom Display abgelesen und manuell (!) in die Software eingetragen. Natürlich muss die Prozedur wiederholt werden, wenn der Drucker ausgeschaltet wird und ihm der DHCP-Server beim nächsten Start eine andere IP-Adresse zuteilt.
Ein cleveres Bürschchen würde deshalb die MAC-Adresse des Druckers in den DHCP-Server eintragen, sodass dem da-Vinci-Gerät jedes Mal dieselbe IP-Adresse zugeteilt wird, aber das ist vergebene Liebesmüh: Jeder Druckversuch über WLAN wurde zwar vom Gerät registriert, aber nach wenigen Sekunden mit dem Hinweis «Druckerfehler» abgebrochen – und zwar ausnahmslos.
Geräuschpegel
Mit dem nicht funktionierenden WLAN wird der Käufer also um eine wichtige Funktion betrogen. Dabei gilt es zu beachten, dass der da-Vinci-Drucker alles andere als geräuschlos ist – schliesslich handelt es sich hier um eine Fabrik im Mini-Format: Das ist nicht der 3D-Drucker, den Sie auf dem Schreibtisch oder im Wohnzimmer haben möchten, wenn er seine Arbeit aufnimmt. Doch weil WLAN nicht funktioniert, suchen Sie sich am besten noch vor dem Kauf ein sehr, sehr langes USB-Kabel. Bedenken Sie auch, dass der Druck eines Objekts oft mehrere Stunden dauert.
Der Druck
Software unbrauchbar, WLAN-Modul nicht ansprechbar: Damit sind alle K.o.-Kriterien erfüllt. Trotzdem muss festgehalten werden, dass der Druck selbst sehr gut funktioniert. Wenn Sie versuchen, die Verwendung auf den Kern zu reduzieren, sieht der Ablauf folgendermassen aus:
Ein 3D-Objekt wird im STL-Format importiert, bei Bedarf ein wenig skaliert und schlussendlich über USB gedruckt. Ende.
Damit gehen Sie der mitgelieferten Software-Müllhalde weitgehend aus dem Weg. Was bleibt, ist eine zuverlässige, wenn auch geräuschvolle 3D-Ausgabe. Es macht Spass, dem 3D-Drucker dabei zuzusehen, wie das Filament hauchdünn aufgeschichtet wird, und die Ergebnisse sind erfreulich – etwa so, wie bei diesem mehrteiligen Android-Maskottchen, das fortan einen Google Home Mini als Haupt mit sich herumträgt. (Falls Sie auch so einen wollen: Die kostenlosen 3D-Daten im STL-Format finden Sie hier bei Thingiverse.)
Während des Drucks zeigt das Display die Restzeit an, die man jedoch zu Beginn nicht ernst nehmen kann, denn die Zeiten schwanken problemlos zwischen 90 Minuten und 23 Stunden. Nach etwa einer Stunde pendelt sich das jedoch ein und die Schätzung wird zuverlässiger.
Der Scanner
Zu den besonderen Eigenschaften des «da Vinci Jr. 1.0 3in1»gehört der integrierte Laserscanner, der eine Vorlage räumlich erfasst und danach reproduziert. Dazu wird das Objekt auf dem mitgelierten Drehteller im Drucker platziert. Die Grösse darf dabei die Abmessungen eines Würfels mit 12 Zentimetern Kantenlänge nicht überschreiten.
Bei etwas komplexeren Motiven empfiehlt sich die Funktion «Multiscan», die den Scanvorgang wiederholt, während die Vorlage ein wenig anders aufgestellt wird. Danach müssen zwei korrespondierende Punkte ausgewählt werden, damit die Software das neue Modell berechnen kann. Das erwies sich als praktisch unmöglich, weil der Scan aus so vielen Punkten besteht, dass man ihn für einen Kartenausschnitt der Milchstrasse halten könnte. Hier sind die Vorlage und ihre Kopie, wie sie nach einem Scandurchgang erzeugt werden, natürlich mit kalibriertem Scanner:
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