Tests 07.10.2013, 12:45 Uhr

LGs neues Flaggschiff G2 im Test

Im Vorfeld gab das LG G2 vor allem wegen seines aussergewöhnlichen Tastenkonzepts zu reden. Doch damit tut man dem neusten Android-Flaggschiff aus Korea Unrecht, denn es hat noch viel mehr zu bieten.
Das LG G2 tritt die Nachfolge des Optimus G Pro an. Was die Technik angeht, ist das G2 durch und durch ein Highend-Gerät und wartet mit dem besten auf, was der Smartphone-Baukasten derzeit zu bieten hat: Grosser 5,2-Zoll-Full-HD-Bildschirm, Snapdragon-800-Prozessor mit 2,3 GHz, LTE, WLAN 11ac, eine 13-Megapixel-Kamera mit optischem Bildstabilisator… das sind sehr vielversprechende Eckdaten. Doch um aus der Smartphone-Masse herauszustechen, braucht es heute mehr als nur gute Spezifikationen. Und tatsächlich hat das G2 so ein Alleinstellungsmerkmal, das es von sämtlichen Konkurrenten abhebt: Die physischen Bedienelemente, also der Ein/Aus-Schalter sowie die Lautstärkewippen, sind hier nämlich nicht wie üblich seitlich am Gehäuse angebracht, sondern mittig auf der Rückseite des Geräts. Ein unkonventioneller, aber interessanter Design-Entscheid.
Vorne viel Bildschirm, hinten viel Plastik - und drei Tasten
Interessant, aber nicht revolutionär
Auch wir waren gespannt, wie sich die rückseitigen Knöpfe in der Praxis bewähren. Natürlich fordert es eine gewisse Umgewöhnungszeigt, doch schon bald haben wir die drei untereinander positionierten Knöpfe auf Anhieb gut getroffen. Der mittig platzierte Ein/Aus-Schalter steht etwas hervor, wodurch er schnell zu identifizieren ist, und die Position der Lautstärkewippen lässt sich entsprechend einfach ableiten.
Trotz der grundsätzlich durchaus intuitiven Bedienung müssen wir aber zugeben, die rückseitigen Knöpfe relativ wenig beansprucht zu haben. Der Grund: Der Bildschirm lässt sich auch durch ein zweifaches Antippen des Displays einschalten. Dies ist in der Praxis einfach bequemer und lässt das vermeintliche Highlight des G2 fast etwas in den Hintergrund geraten. Besonders nützlich: Man kann den Bildschirm auch durch zweifaches Antippen ausschalten, indem man einfach auf eine freie Stelle auf dem Startbildschirm oder in der Statusbar tippt. Wer braucht da noch Knöpfe?
Zusammengefasst gefällt uns der Ansatz der rückseitigen Tasten grundsätzlich, in manchen Situationen kann es aber auch unpraktisch sein. In der Praxis ist es jedoch unserer Meinung nach weder die spürbar bessere noch die deutlich schlechtere Lösung als die konventionellen Seitenknöpfe.
Auf der nächsten Seite: Viel Display, wenig Verpackung

Viel Display, wenig Verpackung

Viel Display, wenig Verpackung
Mindestens genauso wichtig für die Ergonomie eines Geräts sind die Grösse und das Gewicht. Wer angesichts des riesigen 5,2-Zoll-Displays einen klobigen Brocken erwartet hat, wird überrascht sein, wie kompakt sich das G2 anfühlt. Tatsächlich ist es nur unwesentlich grösser und schwerer als das Samsung Galaxy S4. Zu verdanken ist dies einerseits dem extrem schmalen Rahmen, der das Display einfasst, und andererseits der konsequenten Verwendung von Plastik. Leider muss sich das G2 diesbezüglich dieselben Kritikpunkte gefallen lassen wie das Galaxy S4, denn es sieht weder besonders hochwertig aus, noch fühlt es sich so an. Die glänzende Plastikrückseite ist auch hier ziemlich anfällig für schmierige Fingerabdrücke.
Das Display, das wie erwähnt einen beeindruckenden hohen Anteil der Frontfläche einnimmt, ist nicht nur gross, sondern auch äusserst ansehlich. LG setzt wie das HTC One auf einen LCD-Bildschirm mit IPS-Panel. Das Display ist dank Full-HD-Auflösung knackig scharf und überzeugt mit einer beeindruckenden Helligkeit. Auch bei Sonneneinstrahlung ist es damit noch gut abzulesen. Die Farben sind kräftig und gleichwohl sehr natürlich. Kurz: Der im G2 verbaute Bildschirm gehört ganz klar zu den besten, die wir bislang gesehen haben. Und nicht zu vergessen, mit einer Diagonale von 5,2 Zoll ist es momentan der grösste unter den Geräten, die noch als Smartphone durchgehen und nicht als Phablet bezeichnet werden müssen.
Etwas Kritik müssen wir an der Positionierung der Lautsprecher anbringen, die sich auf der Unterseite des Geräts befinden. Hält man das G2 quer vor sich, um ein Video zu schauen, gerät man oft mit der rechten Hand an die Lautsprecher und blockiert so den Schall. Ebenfalls suboptimal sind die Telefonlautsprecher am oberen Rand auf der Frontseite umgesetzt: Sie befinden sich in einer tiefen Einlassung und sind so prädestiniert, um Schmutz anzusammeln.
Auf der nächsten Seite: Ein UI für jeden Geschmack

Ein UI für jeden Geschmack

Ein UI für jeden Geschmack
Das UI von LG ist hübsch, übersichtlich und bietet viele Konfigurationsmöglichkeiten
Abgesehen von mutigen Design-Entscheiden betreffend die Hardware bleibt den Herstellern eigentlich nur die Software, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Hier hat uns das G2 grundsätzlich überzeugt. Nutzeroberfläche und Bedienung lassen sich ähnlich wie bei Samsung sehr stark den eigenen Wünschen anpassen. Beim G2 kann man sogar das Layout der virtuellen Buttons anpassen (drei oder vier Buttons, Reihenfolge der Knöpfe). Auch lässt sich z.B. genau steuern, welche Elemente in der Statusbar angezeigt werden sollen.
Ansonsten ist die Software von LG mit allerlei Spielereien bestückt, die verdächtig an den innerkoreanischen Konkurrenten Samsung erinnern. Ein Bildschirm, der sich nicht ausschaltet solange man darauf blickt oder ein Video, das pausiert, wenn man wegguckt – das kennen wir doch von irgendwo. Auch Bewegungsgesten wie das automatische Annehmen von Anrufen, wenn man das Smartphone ans Ohr führt, hat man schamlos von Samsung abgekupfert. Aber hey, wieso sollte man gute Ideen nicht übernehmen? Solange dabei keine Patente verletzt werden, ist ja alles in Ordnung.
Slide Aside ist kein Feature, auf das die Welt gewartet hat
Neben den QSlide-Apps, das sind kleine Minianwendungen, die über andere Apps hinweg angezeigt werden können (analog Sonys Small Apps), hat LG mit Slide Aside auch noch ein weiteres Multitasking-Feature eingebaut. Mit einer Drei-Finger-Wischgeste von rechts nach links können Apps damit in eine Art Zwischenspeicher geschoben werden. Wischt man dann mit drei Fingern von links nach rechts, erhält man eine Übersicht mit allen offenen Apps in diesem Zwischenspeicher. Unserer Meinung nach ist diese Funktion aber ziemlich überflüssig – erstens, weil die Wischgeste mit drei Fingern etwas umständlich ist, zweitens, weil es die normale Multitasking-Ansicht von Android auch tut.
Weniger gut gefallen hat uns an der Software auch, dass ziemlich viele Apps vorinstalliert sind, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Beispiel gefällig? Ein Wörterbuch, eine seltsame Datensammel-App namens Life Square, Notebook, Notizen, Update-Center, Zell-Info, Quick Translator, LG SmartWorld… weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen. Immerhin hat sich LG bemüht, die Bedienung des Geräts auch Neulingen leicht zu machen, so findet man beispielsweise eine gut verständliche Videoanleitung für einige der Kernfunktionen des G2.
Auf der nächsten Seite: Leistung, Kamera und Fazit

Leistung, Kamera und Fazit

Gedenksekunde trotz Benchmark-Rekord
Etwas irritiert hat uns, dass das G2 ab und zu mit einer leichten Verzögerung reagiert, beispielsweise verstreichen zwischen dem Betätigen der Menütaste und dem Anzeigen des Menüs einige Zehntelsekunden. Das ist nicht tragisch, aber etwas seltsam, zumal das neue LG-Flaggschiff eigentlich mehr als genug Leistung haben müsste, dem 2,3 GHz schnellen Vierkernprozessor sei Dank. Fairerweise muss aber gesagt sein, dass dies nur einzelne Aktionen betrifft, im Grossen und Ganzen reagiert das G2 sehr flott.
In den Benchmarks schneidet das Gerät denn auch erwartet gut ab. Im AnTuTu-Benchmark haben wir den Rekordwert von 32'659 gemessen, damit verweist das G2 auch das eigentlich mit demselben Prozessor ausgestattete Galaxy Note 3 klar auf die Plätze.
In unserem Testgerät waren 16 GB Flash-Speicher verbaut, wovon etwa 10 GB frei waren. Das G2 ist auch mit 32 GB Speicher erhältlich, einen MicroSD-Slot findet man aber in keiner Variante.
Kamera mit Licht und Schatten
Viel haben wir uns von der 13-Megapixel-Kamera versprochen, da diese als Besonderheit über einen optischen Bildstabilisator verfügt. In der Praxis zeigt die Kamera allerdings zwei Gesichter. So sind die bei Tageslicht geschossenen Bilder tatsächlich von sehr guter Qualität, gefallen mit einer hohen Farbtreue. Bei schlechtem Licht allerdings enttäuscht die Kamera, die Bilder werden äusserst unscharf. In vielerlei Hinsicht erinnert die Kamera des G2 damit an das Pendant des Galaxy S4. Das gilt übrigens auch für die Kamera-Software, die diverse Aufnahmemodi wie Dual-Kamera, HDR, Beauty Shot oder Zeitraffer beherrscht.
Vielversprechend liest sich auch die Akkukapazität des G2: 3000 mAh, das sind immerhin rund 15 Prozent mehr als beim Galaxy S4 und sogar 30 Prozent mehr als beim HTC One. Und das merkt man: Das G2 zeigte sich im Test erfreulich ausdauernd. Auch lange Tage sollten für den Akku kein Problem darstellen, wer sich etwas zurückhält, dürfte gut und gerne zwei Tage am Stück ohne Aufladen schaffen.
Zu guter Letzt noch ein Hinweis: Nach dem Nexus 4 wird LG für Google auch  wieder das Nexus 5 produzieren. Das neue Google-Smartphone wird aller Voraussicht nach am 14. Oktober vorgestellt und dürfte ziemlich nahe mit dem G2 verwandt sein. Wenn Sie also überlegen, das G2 zu kaufen, wäre es vielleicht von Vorteil noch ein paar Tage abzuwarten.
Fazit: Das ungewöhnliche Tastenkonzept gefällt uns zwar, doch das Killer-Feature ist es nicht. Egal: Das G2 hat noch sehr viel mehr zu bieten und ist insbesondere auch dank des brillanten und riesigen Bildschirms eines der derzeit besten Smartphones. Perfekt ist es nicht, doch nicht zuletzt auch wegen des attraktiven Preises ganz klar eine Kaufempfehlung wert.



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.