Review
12.10.2020, 14:54 Uhr
Huawei Freebuds Pro
Huawei hat kürzlich die neuste Generation seiner True Wireless Headphones vorgestellt. Wir durften sie ausprobieren.
Nein, auch wenn die Flut an True-Wireless-Kopfhörern immer grösser wird und scheinbar nicht mehr endet, bin ich noch nicht müde, sie zu testen. Denn immer mal wieder überraschen Hersteller mit einer neuen Idee. So auch Huawei. Die Chinesen haben nämlich diesen Herbst ihre neusten Freebuds vorgestellt – die Freebuds Pro. Und damit steigen wir gleich mit dem neuen, ungewöhnlichen Feature ein: dem Pinching.
Es ist unbestritten: Zwar wird die Gestensteuerung bei True-Wireless-Kopfhörern immer besser, dennoch ist es nicht jedermenschs Sache, den oft millimetergenau anzusteuernden Punkt auf den kleinen Hörern auf Anhieb zu finden, um Tracks zu skippen oder die Lautstärke zu verstellen. Huawei setzt bei den Freebuds Pro sowohl auf Touch – nämlich hoch- und runtersliden, um die Lautstärke zu verstellen – wie auch auf Pinching für die restliche Bedienung. To pinch bedeutet eigentlich «drücken» oder «kneifen». Tatsächlich ist es aber so, dass es kaum einen spürbaren Druckpunkt an der Stelle gibt, an der man «pinchen» soll – etwa für Play/Pause, Trackskipping oder die Rufannahme. Er existiert aber. Zudem ist das Pinchfeld zwar deutlich spürbar, aber klein. Und das Pinchintervall (z.B. zweimal pinchen, um den Song zu überspringen) muss länger sein als bei Touchgesten – aber auch nicht zu lang, sonst werden die Pinches einzeln gewertet und der Track pausiert und wieder gestartet statt übersprungen. Das hat mir am Anfang den letzten Nerv geraubt, ich gebe es ehrlich zu. Das Timing, der fehlende Druckpunkt und dass es zwei Finger zur Bedienung braucht – all das ging mir etwas auf den Wecker.
Aber: Wenn man den Kniff mal raus hat, gibt es keine Fehleingaben mehr. Denn eine Kneifbewegung ist nun mal eindeutig, passiert nicht aus Versehen oder wird vom Kopfhörer versehentlich falsch interpretiert. Darum: Man rechne eine Woche voller Wut und Tränen ein, danach ist es aber ein gutes Erlebnis. Zudem ist der physisch kaum spürbare Druck akustisch wahrnehmbar.
Die Verarbeitung ist so gut wie bei keinen Freebuds vorher. Die Ladeschale ist stabil, schliesst magnetisch. Genau so werden die Hörer auch in ihren Öffnungen gehalten. Nach dem Herausnehmen gibt es einige Überraschungsmomente: der Stiel ist breiter, kürzer und eckig, was ihn weniger empfindlich macht, und die Ohraufsätze sind zwar noch immer aus Silikon, aber dicker beschichtet, sodass sie sich wertiger anfühlen. Dazu gibt es verschiedenen Farben, darunter auch in Huaweis Silver Frost – hübsch! Jeder Hörer bringt ungefähr 6 Gramm auf die Waage, was etwas mehr ist als bei einigen anderen, was die Hörer aber auch ihrer Wertigkeit zu verdanken haben – im Ohr stört es jedenfalls nicht. Die Hülle samt Inhalt wiegt insgesamt 90 Gramm. Apropos stören, ein kleiner Tipp: Huawei legt noch ein paar weitere Aufsätze in der Schachtel bei, die kleiner sind als die, die schon auf den Hörern sitzen. Das hat bei mir im Test viel besser gepasst. Trotzdem pilzen die Aufsätze im Gehörgang dann wieder auf, was schon für eine angenehme Geräuschdämpfung von aussen sorgt.
Das vergleichsweise hohe Gewicht der Schale bringt aber auch einen entscheidenden Vorteil, nämlich 580 Milliampère. Wir konnten schon ohne neuen Ladevorgang über 7 Stunden Musik geniessen. Mit der Ladeschale können wir weitere 3 Ladezyklen bezeugen. Insgesamt sind wir also bei gut 28 Stunden – allerdings ohne das aktive Noise Cancelling. Dennoch: Daumen hoch! Das Laden geht auch hier – wie schon bei Huawei Smartphones – sehr schnell. 10 Minuten Ladezeit reichen wieder für über 3,5 Stunden Musik. Übrigens ist das Ladecase Qi-kompatibel, kann also kabellos geladen werden. Eine kleine LED im Case informiert dann auch so Pi mal Daumen über den Ladestand – Grün, Orange, Rot. Für den Kopplungsmodus gibts dann eine weisse Färbung.
Multipoint, Lautstärke und ANC
Der Grund für immerhin 179 Franken Kaufpreis liegt auch in den Zusatzfeatures. Zum einen sind die Hörer Multipoint-fähig. Also mit mehreren Endgeräten koppelbar. Je nach Signalstärke wechseln die Kopfhörer von selber den Zulieferer. Kommt man also nach Hause, lässt das Handy im Eingang liegen und betritt das Wohnzimmer, verbinden sich die Freebuds z.B. mit dem Notebook – vorausgesetzt, sie wurden schon einmal gekoppelt.
In mehrere Modi gegliedert ist derweil das aktive Noise Cancelling. Dabei gibts einen Transparenzmodus, der beispielsweise für Dinge wie Stationsdurchsagen in der Bahn ganz praktisch ist. Danach lässt sich auch ein dynamisches NC aktivieren, welches sich an die Umgebungsgeräusche anpasst. Und dann gibts unseren Lieblingsmodus: Ultra. Heisst: Schweige still, Welt! Und das tut sie dann auch.
Soundqualität
Kommen wir zum Kern des ganzen, der Klangqualität. Darin gibt es zwei Dinge zu erwähnen. Erstens: Wenn man telefoniert, wird man vom Gegenüber als recht leise wahrgenommen. Dies könnte an den Mikrophonen liegen, ist aber kein «Huawei-only»-Problem. Zweitens: Nebst einer hohen Maximallautstärke dominiert beim Musikhören der Bass. Fest. Dafür sind die Höhen etwas dünn. Daher ist das Klangbild nicht so differenziert wie etwa bei Sennheiser oder den WF1000 XM3 von Sony. Dies kann je nach Musikgeschmack problemlos sein – oder eben auch etwas den Spass trüben. Für Hiphop, Punk oder elektronische Musik passt es aber soweit. Leider fehlt in der AI-Life-App ein Equalizer, dafür gibt es einen Passform-Test, der einen optimalen Sitz des Hörers im Ohr gewährleistet.
Fazit
Die Huawei Freebuds Pro sind gute Kopfhörer. Das ANC rockt, sie sitzen gut, halten ewig und die Bedienung ist – nach einer Eingewöhnungsphase – angenehm. Der Klang ist recht spezifisch auf druckvolle Musik ausgelegt. Das bedeutet nicht, dass man damit gar keine klassische Musik oder Indie hören kann. Möglicherweise gibt es aber da ein anderes Modell, welches noch optimaler ist.
Testergebnis
Verarbeitung, ANC, Akku
Kein Equalizer
Details: ANC, 20-20000 Hz, IPX4, Multipoint, bis zu 30 Stunden Akkulaufzeit
Preis: Fr. 179.-
Infos:huawei.com
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