Mehr Rohkost bitte! Wir zeigen, wie man mit älteren Handys RAW-Fotos schiesst
Was sind RAW-Fotos?
Die meisten Digitalkameras und Smartphones optimieren die Fotos automatisch, damit sie ansehnlicher aussehen. Diese Bearbeitungen geschehen in der Regel ohne Zutun des Anwenders. Zu den am häufigsten vorgenommenen Änderungen gehören Anpassungen der Helligkeit oder des Kontrasts, um zu helle oder dunkle Bereiche sichtbarer zu machen oder um Unterschiede zwischen ihnen deutlicher hervorzuheben.
Ausserdem passen sie die Farben automatisch an, damit diese natürlicher und lebendiger wirken. Ebenfalls automatisch erfolgt zumeist ein Weissabgleich, damit zum Beispiel das Licht einer Glühbirne keinen Gelbstich verursacht. Überdies nehmen die Smartphones weitere Änderungen vor, passen etwa die Schärfe an oder reduzieren das Bildrauschen bei zu dunklen Aufnahmen.
Bei Fotografien im RAW-Modus passiert all das nicht. Warum schwören trotzdem viele Fotografen darauf? Weil durch die Bearbeitung viele Details und Daten unwiederbringlich verloren gehen. Bei einer RAW-Aufnahme speichert die Kamera kein bereits bearbeitetes Bild, sondern die aufgenommenen Daten unverändert und unkomprimiert, also «roh» (Englisch = raw). Fotografen vergleichen ihre Aufnahmen im RAW-Format deshalb auch mit rohen Eiern, aus denen sie verschiedenste Speisen zaubern können. Haben Sie dagegen nur ein gekochtes Ei zur Hand, bleiben viel weniger Gerichte, die sich damit kreieren lassen.
Das führt allerdings auch dazu, dass Aufnahmen im RAW-Format im Gegensatz zu bereits bearbeiteten JPEG-Bildern meist etwas matschig und unansehnlich wirken. Erst nach einer mehr oder weniger aufwendigen Bearbeitung zeigen sie, was wirklich in den Aufnahmen steckt.
RAW-Fotos haben noch weitere Nachteile. So verwenden viele Hersteller von Kameras und Smartphones eigene RAW-Formate, die nicht miteinander kompatibel sind. Das führt zuweilen dazu, dass Besitzer einer brandneuen Kamera noch ein wenig warten müssen, bis das von ihnen präferierte Bildbearbeitungsprogramm aktualisiert wurde, sodass es mit dem neuen Format umgehen kann.
Ausserdem belegen RAW-Aufnahmen erheblich mehr Platz als ins JPEG-Format konvertierte Fotos, die dabei zusätzlich komprimiert werden. Dazu kommt, dass die meisten Fotografen ihre RAW-Aufnahmen nach der Bearbeitung aufheben. So bleiben die Originaldaten erhalten, aber das kostet weiteren Platz.
Das führt zu steigenden Speicher- und Backup-Kosten. RAW-Aufnahmen lassen sich auch nicht so einfach mit anderen Menschen teilen wie JPEG-Bilder. Sie müssen in der Regel zunächst konvertiert werden, bevor sie weitergegeben werden können. Trotzdem gibt es auch heute viele RAW-Fans, die niemals auf die Rohdaten verzichten würden. Die Möglichkeiten des RAW-Formats sind Ihnen wichtiger als dessen Nachteile.
RAW auf Smartphones
Mittlerweile braucht man auch keine Digitalkamera mehr, um im RAW-Format fotografieren zu können. So hat Google vor Kurzem ein Update der Jetpack-CameraX-API (eine Schnittstelle) angekündigt, damit künftig mehr Android-Smartphones und -Apps das RAW-Format unterstützen. Bislang können nur Modelle Rohdaten erzeugen und verarbeiten, welche die bisherige Camera2-API verwenden. Dazu gehören vor allem hochpreisigere Modelle wie das Samsung S24 Ultra oder das Xiaomi 14, Bild 2.
Aber auch ältere Smartphones können mit einer Zusatz-App Bilder im RAW-Format aufnehmen. Für Android-Handys bietet das etwa ProCam X, für iOS die App ProCamera, Bild 3. Beide laden Sie im jeweiligen App-Store herunter. ProCam X kostet ca. 5 Franken, ProCamera gibt es für rund 25 Franken.
In der Apple-Welt gibt es eine offizielle Unterstützung des RAW-Formats erst ab dem iPhone 12 Pro, Bild 4. Bislang hatte der Hersteller vor allem auf das High-Efficiency Image Format (HEIC) gesetzt. Damit lassen sich Aufnahmen in hoher Qualität erzeugen, die aber wie JPGs bereits durch die Kamera bearbeitet wurden.
Apple nennt seine RAW-Variante ProRAW, Bild 5. Sie soll die Vorteile von RAW-Dateien mit einigen der intelligenten Bearbeitungen kombinieren, die iPhones automatisch durchführen. Dazu zählen Weissabgleich,
HDR (High Dynamic Range) oder Rauschreduzierung. Da sie deutlich mehr Informationen enthalten, sind ProRAW-Dateien auch einiges grösser als HEIC- oder JPEG-Fotos. Apple hat daher die möglichen Speicherkapazitäten für iCloud sowie Apple One auf bis zu 14 TB Cloud-Speicherplatz erhöht.
RAW unter Windows
Standardmässig kann Windows Dateien im RAW-Format nicht öffnen oder anzeigen. Redmond bietet deswegen im Microsoft-Store die Software «Raw-Bilderweiterung» zum kostenlosen Download an, Bild 6. Microsofts Windows 10 enthält sie in der Regel noch nicht, unter Windows 11 wurde sie unter Umständen bereits automatisch installiert. Eventuell haben Sie auch schon
eine Bildbetrachtungs-Software wie den Faststone Image Viewer (faststone.org) installiert, der die meisten RAW-Formate unterstützt und daher auf Doppelklick auch gleich öffnet, Bild 7.
Bild 6: Wenn Ihr Computer RAW-Dateien nicht anzeigt, installieren Sie die offizielle «Raw-Bilderweiterung« von Microsoft
Quelle: PCtipp.ch

Bild 7: Bildbetrachter wie die kostenlose Software Faststone Image Viewer unterstützen zahlreiche RAW-Formate
Quelle: PCtipp.ch
RAW-Fotos bearbeiten
Der Klassiker zur Bearbeitung von RAW-Aufnahmen, analog zur klassischen Fotografie auch «Entwicklung» genannt, ist die Software Lightroom von Adobe. Sie ist nicht mehr als Einzel-Software, sondern nur noch im Abonnement zusammen mit Photoshop erhältlich. Das Kombiabo kostet Fr. 11.90 im Monat. Wer zusätzlich noch Zugriff auf Lightroom Classic haben will, zahlt sogar Fr. 23.90 monatlich. In beiden Varianten sind nicht nur die Desktop-, sondern auch die Smartphone- und Tablet-Versionen von Lightroom enthalten. Wer die Software erst einmal ausprobieren möchte, kann dies sieben Tage lang kostenlos tun, muss dazu aber einen Adobe-Account erstellen. Mehr dazu unter adobe.ch.
Dafür enthalten die Programme eine Reihe von KI-Funktionen (künstliche Intelligenz), die den Anwender bei der Bearbeitung seiner Aufnahmen unterstützen. So genügt es mittlerweile, einen Rahmen um ein Objekt zu ziehen, um es von der KI ausschneiden zu lassen, Bild 8. Anschliessend lassen sich solche Objekte leichter entfernen und per KI-Funktion Inhaltsbasierte Füllung automatisch und passend zur Umgebung ersetzen.

Bild 8: Die neue KI in Adobe Lightroom erkennt Objekte und stellt sie auf Wunsch frei
Quelle: PCtipp.ch

Autor(in)
Andreas
Fischer
Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.