Tipps & Tricks
19.07.2018, 10:53 Uhr
Die sicheren Browser-Alternativen
Mit erhöhtem Schutz der Privatsphäre im Web unterwegs zu sein, ist das Anliegen vieler Surfer. Das Unterfangen scheitert oft schon am Browser – dies sind die sicheren Alternativen.
Das Surfen im Web beeinträchtigt die Privatsphäre: Cookies erforschen das Verhalten der Internauten, Tracker verfolgen die Surfer auf ihren Surftouren quer durchs Netz. Hinzu kommen Internetunternehmen wie Facebook und Google, deren Geschäftsmodell darauf beruht, so viele Daten wie möglich über die Anwender ihrer Dienste zu sammeln. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich vor der Schnüffeltätigkeit im Netz zu schützen. Eine davon ist es, den Browser in einem Modus zu öffnen, bei dem keine Daten über die aktuelle Surftour gesammelt werden. Je nach Websurfbrett heisst das anders, Inkognito-Fenster öffnen bei Google Chrome, Private Browsing bei Mozilla Firefox, InPrivate-Browsen bei Microsoft Edge oder privater Surfmodus bei Apples Safari.
Eine weitere Methode, um vor allem den Trackern Einhalt zu gebieten, ist es, Add-on-Programme wie PrivacyBadger, Noscript oder Ghostery zu verwenden. Doch diese müssen sich die User erst zusammensuchen und installieren. Wäre es da nicht schön, wenn der Browser schon vom Start weg um die Privatsphäre des Surfers bemüht wäre, ohne dass dieser erst mühsam Einstellungen vornehmen oder Zusatzprogrämmchen installieren müsste? Ja, so etwas gibt es bereits, und zwar sowohl für das Smartphone als auch für den Desktop. Computerworld stellt hier vier dieser Surfbretter für Privacy-Bewusste vor.
Epic
Ein solcher auf maximale Privacy bedachter Browser ist Epic von Hidden Reflex. Das ursprünglich in Indien entwickelte Webansichtsprogramm basiert auf Chromium, dem hauptsächlich von Google betreuten Open-Source-Browser-Projekt, auf dem beispielsweise auch das norwegische Surfbrett Opera basiert. Epic ist in Versionen für Windows und macOS verfügbar.
Und so schützt Epic die Privatsphäre der Anwender: Zunächst einmal kennt der Browser nur den zuvor erwähnten privaten Surfmodus. Beendet man also mit Epic die Surftour, so werden automatisch alle Cookies, der Verlauf und alle Inhalte im Browser-Zwischenspeicher gelöscht.
Daneben werden alle Suchabfragen – sei es bei Google, Bing oder Duckduckgo – durch einen speziellen, im Browser implementierten VPN-Kanal (virtuelles, privates Netzwerk) geschickt. Dadurch wird verhindert, dass die Suchmaschine die wirkliche IP-Adresse des Benutzers erfährt und dadurch diesen auch nicht anhand der Internetnummer auf seinem Weg durchs Netz verfolgen kann.
Diese Proxy-/VPN-Funktion kann auch für den Besuch anderer Webseiten verwendet werden. In einem entsprechenden Auswahlmenü kann man wählen, ob man als US-Amerikaner, Kanadier, Brite, Deutscher, Franzose, Holländer, Inder oder Singapurer im Web unterwegs sein will.
Schliesslich hat Hidden Reflex in Epic eine Reihe von Anti-Tracking-Funktionen verbaut. Werbung wird konsequent ausgeblendet. Cookies von Dritten werden blockiert und an die besuchte Webseite wird die Bitte geschickt, einen nicht zu tracken. Werden dennoch Tracking-Versuche unternommen, kommen diverse Anti-Tracking-Methoden zum Einsatz. So werden Scripts sowie weitere Verfahren, um einen Fingerabdruck des Surfverhaltens des Anwenders zu erstellen, unterbunden.
Auch sogenannte «Referrer Daten» im Header, die darauf hinweisen, von welcher Seite ein Benutzer auf die aktuelle Webseite verwiesen wurde, werden nicht weitergegeben. Zu guter Letzt gibt sich Epic den besuchten Webseiten als veralteter Chrome-Browser zu erkennen, verwendet also auch hier eine Verschleierungstaktik und hält gwundrige Webseitenbetreiber zum Narren.
Bei einer ersten Surftour fiel auf, dass viele Seiten wesentlich schneller geladen werden. Nachteile gibt es mit Epic aber auch. So werden die meisten Browser-Add-ons blockiert. Wer also solche für den Ausflug ins Netz benötigt, hat das Nachsehen. «Add-ons stellen ein grosses Sicherheits- und Privacy-Risiko dar», argumentieren die Epic-Hersteller in den FAQ des Browsers. Immerhin: Ein paar beliebte Add-ons wie jene des Passwort-Managers LastPass, dem Evernote-Zusatz Web Clipper sowie Pocket und Xmarks zur Synchronisation von Bookmarks werden zugelassen.
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Brave und Icecat
Brave
Der Privacy-Browser Brave der gleichnamigen Firma wurde von Brendan Eich ins Leben gerufen, jenem Mann also, der JavaScript erfunden und damit die Grundlage für viele heute verwendete Tracking-Techniken gelegt hat. Sozusagen um sein schlechtes Gewissen zu mildern und als Wiedergutmachung, hat er Brave mitentwickelt.
Wie Epic basiert auch Brave auf Chromium. Allerdings haben die Brave-Frontend-Entwickler dafür gesorgt, dass der Browser nicht mehr sonderlich an die Urmutter von Google erinnert. Brave unterstützt zudem am meisten Plattformen der hier vorgestellten Browser. Neben Windows und macOS kann das Surfbrett unter GNU-Linux sowie den mobilen Betriebssystemen iOS und Android verwendet werden. Gerade weil Nutzer Brave auf dem Desktop und dem Smartphone verwenden können, haben die Hersteller einen Synchronisationsdienst für Bookmarks implementiert.
Was den Schutz der Privatsphäre anbelangt, so ist Brave ähnlich gut bestückt wie Epic. Ads werden blockiert und Tracker unterbunden. Auch Versuche, sogenannte Fingerprints anzulegen, weiss Brave zu verhindern. Daneben werden Webseiten standardmässig mit dem sicheren HTTPS angesurft.
Im Gegensatz zu Epic kennt Brave einen «normalen» und einen «privaten» Surfmodus. Der Browser wird also nicht automatisch im Privat-Modus gestartet. Erst in diesem Modus wird der Verlauf nicht gespeichert, Cookies nach Beendigung des Ausflugs ins Internet gelöscht. Daneben wird hier standardmässig die für die Wahrung der Privatsphäre des Anwenders bekannte Suchmaschine Duckduckgo für Webrecherchen angefragt.
Was bei der Verwendung von Brave auffällt, ist, dass man durchgehend schneller im Web unterwegs ist. Kein Wunder, werden ja viele Scripte und Inhalte von Webseiten gar nicht erst geladen. Wie viel Zeit man – wohl rein rechnerisch – spart, zeigt Brave dem Anwender beim Öffnen eines neuen Tabs an, zusammen mit Statistiken zu den blockierten Ads, Scripts und den erzwungenen HTTPS-Verbindungen.
Icecat
Eine privatsphärenfreundliche Version des Firefox-Browsers nennt sich Icecat. Das Projekt wird von der Free Software Foundation gefördert. Oberstes Ziel von Icecat ist es denn auch, eine Version von Firefox zu bieten, die komplett aus quelloffener, freier Software besteht.
Ursprünglich wurde Icecat für Windows, macOS und Linux entwickelt. Allerdings werden heute die Windows- und Mac-Versionen nicht mehr weiterentwickelt, da die Programmierer für die Herstellung der Binaries «unfreie» Software verwenden mussten. Allerdings sind diese alten Ausgaben der Software (Version 38.8) noch verfügbar. Zum Vergleich: Die aktuelle stabile Version für Linux trägt die Nummer 52.6.
In Sachen Privatsphärenprotektion wird Icecat standardmässig mit vielen Add-ons ausgeliefert, die den Schutz der Surfer gerwährleisten sollen. So sorgt der Browser-Zusatz «Https-Everywhere» dafür, dass die Kommunikation mit Webseiten standardmässig verschlüsselt wird.
Gegen Tracker führt Icecat das Add-on «SpyBlock» ins Feld. Dieses basiert auf Adblock Plus und verhindert alle Trackingversuche im normalen Modus. Im privaten Surfmodus werden zudem Anfragen von Drittparteien abgewehrt.
Schliesslich versprechen die Icecat-Entwickler, dass der Browser Massnahmen gegen Fingerprinting ergreift. So soll Icecat keine Informationen – wie etwa die installierten Schriftarten – preisgeben, mit deren Hilfe der Anwender identifiziert werden kann.
Problematischer JavaScript-Blocker
Zu guter Letzt verfügt Icecat auch noch über den Browser-Zusatz «LibreJS». Dieser bewirkt, dass Seiten, die JavaScripts mit «geschlossenem» Code verwenden, blockiert werden. In der Praxis bedeutet dies: so gut wie alle! Das Add-on – auch wenn die Ziele, die es verfolgt, noch so hehr sind – wird daher am besten deaktiviert.
Auch mit Icecat ist man vergleichsweise flott im Web unterwegs. Für Anwender, die vom Firefox her kommen und dessen Funktionsweise bereits gewohnt sind, ist Icecat daher eine valable Privacy-Alternative zum Mozilla-Surfbrett.
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Tor
Tor-Browser
In einer Runde, in der Browser mit erhöhtem Schutz der Privatsphäre vorgestellt werden, darf der Tor-Browser nicht fehlen. Er ist schon fast ein Klassiker, wenn es darum geht, die Anonymität des Webbesuchers zu wahren.
Wie Icecat basiert auch der Tor-Browser auf Mozillas Firefox. Das Surfbrett steht für Windows, macOS und Linux zur Verfügung. Es gibt zudem eine Reihe von Browsern für Android und iOS, die wie der Tor-Browser funktionieren, dann aber anders heissen. Bestes Beispiel ist Orbot für Android und OnionBrowser für iOS.
Ihnen allen gemein ist die verwendete Verschleierungstaktik, um den Nutzer zu anonymisieren und vor Bespitzelung zu schützen. Diese verwendet nämlich das Anonymisiernetz Tor, das ursprünglich vom US-amerikanischen Naval Research Laboratory entwickelt wurde, um die Kommunikation von US-Regierungsstellen abzusichern.
Die Daten werden bei Tor einerseits in mehreren Schichten verschlüsselt, weshalb das Verfahren mit dem Aufbau einer Zwiebel verglichen wird – was auch am Logo ersichtlich wird. Danach werden die Informationen über verschiedene Server geleitet, wobei pro Weiterleitungsschritt immer nur eine Schicht entschlüsselt wird. Die Server wissen somit jeweils nur, welcher Rechner zuletzt am Versand beteiligt war, nicht aber, wer ursprünglich das Datenpaket auf die Reise geschickt hat. Auch das Endziel wissen die beteiligten Server nicht.
Wer mit dem Tor-Browser eine Webseite ansurft, wird in der Regel über drei Server geroutet, die meist in verschiedenen Staaten stehen. Der Anwender erhält somit für jede Surftour eine neue Identität mit einer eigenen IP-Adresse. Dadurch «stammt» er für die besuchte Webseite jeweils aus komplett unterschiedlichen Ländern.
Im Gegensatz zu Epic, Brave und Icecat kann das Surferlebnis mit dem Tor-Browser nicht als rasch bezeichnet werden. Durch das Zwiebel-Geroute dauert der Aufbau der Seiten länger als normal. Manchmal empfiehlt es sich durch Klick auf das Zwiebelsymbol in der Menüleiste, eine neue Identität anzufordern in der Hoffnung, dass die nun verwendeten Tor-Server und -Verbindungen leistungsfähiger sind.
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