Tipps & Tricks
05.03.2019, 09:22 Uhr
Apples Kamera-App ist die beste
Warum die unzähligen Pro-Apps aus dem App Store nur selten etwas bringen.
Gefühlt habe ich jede Kamera-App für das iPhone ausprobiert, aber tatsächlich waren es nur wenige Dutzend. Der Antrieb war derselbe wie bei vielen anderen iPhone-Fotografen: bessere Bilder machen, die Möglichkeiten erweitern, auf mehr Einstellungen zugreifen … die typischen Wünsche eben. Aber in den vergangenen Jahren reifte zunehmend die Erkenntnis, dass Apples mitgelieferte Kamera-App die beste ist – und ausserdem die einzige, die ich benötige. Das könnte auch bei Ihnen so sein, aber Sie wissen es vielleicht noch nicht.
Natürlich gibt es da draussen richtige Stars wie Camera+ 2, Obscura 2, ProCamera, Filmborn, Halide und wie sie alle heissen. Doch unter der Last der vielen Bedienelemente leidet in jedem Fall die Schnappschussqualität – und weil die oft so unendlich wichtig ist, sollten Sie abwägen, wie viel Funktionalität Sie tatsächlich benötigen.
Vor allem aber kann die Apple-Kamera einige Vorteile für sich verbuchen, die Drittanbietern vorenthalten bleiben, denn Apple greift direkt auf alle Eigenheiten des Sensors und der Signalverarbeitung zu. Darauf kommen wir später ebenfalls zu sprechen.
Angebliche Vorzüge
Zuerst sehen wir uns an, welche Versprechungen die Drittanbieter-Apps machen. Viele davon wirken exklusiv, doch meistens werden die Funktionen auch von der Apple-Kamera geboten. Hier sehen Sie eine Nahaufnahme, für welche die App «Camera+» einen eigenen Modus bietet, zu erkennen am Blümchen auf der linken Seite:
Doch die Funktion ist sinnlos, denn eine Nahaufnahme kann nur so nah sein, wie es der optische Aufbau des Objektivs zulässt. Alles andere wäre Trug, weil zum Beispiel einfach ein Ausschnitt digital vergrössert wird. Kein Wunder, schafft das auch die Apple-Kamera, sogar ohne Blümchentaste:
Und so weiter. Das ist nur ein Beispiel, das zeigt, wie vermeintliche Vorzüge eigentlich keine sind. Hier kommen noch mehr:
… das kann auch die Apple-Kamera. Dazu wird einfach auf das Hauptmotiv getippt und anschliessend durch vertikales Streichen die Belichtung angepasst. (Achten Sie auf das kleine Sonnensymbol.) Der Effekt ist exakt derselbe, einfach ohne verwirrende Skalen und Begriffe. Kontrolliert wird die Belichtung sowieso auf dem Display
Da bleibt am Schluss nicht mehr viel. Stattdessen sind es oft dieselben Funktionen wie bei der Apple-Kamera, einfach anders aufgemacht. Mehr noch: Die mitgelieferte App bietet einige handfeste Vorteile, die Drittanbietern verschlossen bleiben.
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Exklusive Vorzüge der Apple-Kamera
Das sind die Vorzüge der Apple-Kamera
Durch den erweiterten Zugriff auf den Sensor und die Signalverarbeitung bietet die Apple-Kamera einige Spezialitäten, die andere Apps überhaupt nicht oder nur mit Kompromissen hinbekommen. Als da wären:
Burst Mode. Es ist immer wieder faszinierend, bei Action-Aufnahmen einem iPhone bei der Arbeit zuzusehen. Halten Sie einfach vor dem grossen Moment den Auslöser gedrückt, damit 10 Bilder pro Sekunde geschossen werden – und jedes davon wird in Echtzeit analysiert und verbessert. Falls der grosse Moment auf sich warten lässt, kein Problem: Lassen Sie den Finger auf dem Auslöser, denn nur der Speicher begrenzt die Bildserie. Nach der Aufnahme werden automatisch die besten Bilder vorgeschlagen und vom Fotografen ausgewählt. Die anderen 497 der 500 Fotos werden dann gelöscht.
HDR-Videos. Das iPhone filmt mit butterweichen 60 fps. Das wird in der Einstellung «Kamera» geregelt. Wenn Sie hingegen eine Bildrate von 30 fps wählen, filmt das iPhone zwar weiterhin mit 60 fps, nimmt aber jeden Frame mit einer unterschiedlichen Belichtung auf. Noch während Sie filmen, werden die beiden unterschiedlichen Frames zu einem einzelnen Bild mit einem verbesserten Dynamikumfang kombiniert. Versuchen Sie es: Gerade bei Aussenaufnahmen mit hohen Kontrasten sind die Unterschiede erschlagend. Allerdings ist diese Funktion dem iPhone XS und dem iPhone XR oder neuer vorbehalten.
60-Mpx-Panoramen. Auch hier müssen die Apps von Drittanbietern passen. Aktivieren Sie die Panoramafunktion und führen Sie das iPhone über die Szene, damit ohne die geringste Wartezeit ein Breitbild mit einer Auflösung von 16'382 × 3628 Pixeln erstellt wird – das sind satte 60 Mpx, die seit dem iPhone X sogar mit HDR-Unterstützung aufgenommen werden. Zusammenfassung: 60 Mpx – HDR – keine Wartezeit.
Variable Blende. Seit dem iPhone 7 generieren die iPhones auf Wunsch eine künstliche Unschärfe im Hintergrund, häufig auch «Bokeh» genannt, obwohl das genau genommen falsch ist. (Und auch ein anderes Thema.) Dazu wird neben dem normalen Foto eine 3D-Tiefenkarte aufgezeichnet. Diese Karte steht jedem App-Programmierer zur Verfügung, doch was er daraus macht, ist seine Sache. So lässt sich in Apples Fotos-App die simulierte Blende beim iPhone XR und iPhone XS nachträglich anpassen – aber nur, wenn das Foto mit der Apple-Kamera geschossen wurde.
Live-Fotos. Bei Live-Fotos wird ein drei Sekunden langer Film aufgezeichnet, in dessen Mitte ein reguläres Foto verpackt ist. Das erweckt die Bilder zum Leben, aber es kommt noch besser: Mit einem Wischen von unten nach oben in der Fotos-App lassen sich daraus clevere Effekte wie zum Beispiel eine Langzeitbelichtung ableiten.
Symbol im Sperrbildschirm. Und das ist bestens bekannt: Nur die Apple-Kamera kann direkt im Sperrbildschirm aufgerufen werden. Für zeitkritische Schnappschüsse kann diese Eigenschaft gar nicht überbewertet werden.
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Das können andere Apps tatsächlich besser
Und was können die anderen besser?
Vielleicht werden Sie jetzt zum Schluss kommen, dass Ihnen die Apple-Kamera problemlos ausreicht und viele vermeintliche «Profi-Funktionen» gar nicht nötig sind. Dessen ungeachtet gibt es auch Funktionen, mit denen die Apple-Kamera nicht mithalten kann.
So verspricht zum Beispiel Camera+ 2, das Lächeln der Personen zu erkennen und dann im richtigen Moment automatisch auszulösen. Die App bietet auch eine «Lightbox», in der die Fotos gespeichert und bearbeitet werden können, ohne dass sie bereits in der Fotosammlung des iPhones landen. Diese Lightbox wird auf Wunsch sogar über iCloud mit dem iPad synchronisiert. Das bringt zwar fotografisch nichts, kann aber zu einem besseren Workflow verhelfen.
Auf der Videoseite ist die Auswahl an Profi-Apps deutlich kleiner. Ein Vorzeigeprodukt ist die App FiLMiC Pro Sie bietet Feinheiten wie Zebramuster für die Belichtungskontrolle, LOG-Ausgabe für das nachträgliche Color-Grading oder die Unterstützung externer Mikrofone. Dafür verschenkt sie die Möglichkeit von HDR-Aufnahmen auf dem iPhone XR und dem iPhone XS.
Fazit
Lernen Sie die Apple-Kamera bis ins Detail kennen – denn (zu) viele Anwender kennen weder den Burst-Modus noch die neusten HDR-Optionen. Wenn Sie irgendwann alle Feinheiten beherrschen und immer noch nicht zufrieden sind, isolieren Sie das Problem und suchen Sie nach einer App, die es besser kann. Dabei stehen die Chancen gut, dass sich die alternative App zwar manchmal äusserst nützlich macht, Sie aber trotzdem immer wieder zur Apple-Kamera zurückkehren werden.
05.03.2019
05.03.2019