Nach Kontroverse um neue Nutzungsregeln
15.06.2021, 09:10 Uhr
WhatsApp kündigt neue Funktionen zum Schutz der Privatsphäre an
WhatsApp verspricht neue Privatsphäre-Funktionen. Nach der Kontroverse um seine neuen Nutzungsregeln kündigt der Messenger-Dienst nun Features an, wie die Möglichkeit, Nachrichten zu verschicken, die vom Empfänger nur einmal angesehen werden können.
WhatsApp bekräftigt nach der Kontroverse um seine neuen Nutzungsregeln das Festhalten an Komplett-Verschlüsselung und stellt neue Funktionen zum Schutz der Privatsphäre in Aussicht. Dazu gehört die Möglichkeit, Nachrichten zu verschicken, die vom Empfänger nur einmal angesehen werden können. Das könne zum Beispiel nützlich sein, wenn man Familienmitgliedern ein Passwort schicken müsse, sagte WhatsApp-Chef Will Cathcart.
Auch wird man einstellen können, dass Chats nach einer bestimmten Zeit von alleine verschwinden. «Die Menschen wollen insgesamt nicht, dass ihre Nachrichten für immer erhalten bleiben», betonte Cathcart. «Wenn wir uns unterhalten, haben wir kein Aufnahmegerät dabei. Insofern ist es seltsam, dass digitale Chat-Plattformen die für immer speichern.»
Anzeigenkampagne zum Datenschutz
Die zu Facebook gehörende Firma startet am Montag eine Anzeigenkampagne zum Datenschutz in Deutschland und Grossbritannien, die zu ihren wichtigsten Märkten gehören. Die kurzen Werbevideos heben hervor, dass bei WhatsApp verschickte Inhalte dank der sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung grundsätzlich nur für die beteiligten Nutzer im Klartext sichtbar sind.
WhatsApp hat mehr als zwei Milliarden Nutzer. Der Dienst hatte in den vergangenen Monaten nach der Ankündigung neuer Nutzungsregeln aber mit Kritik und einer Abwanderung von Nutzern zu kämpfen. Auslöser war die Einschätzung, dass mit dem Mitte Mai in Kraft getretenen Update mehr Daten mit der Konzernmutter Facebook geteilt werden sollen. WhatsApp wies dies als Missverständnis zurück und betonte wiederholt, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, mit der auch der Dienst selbst keinen Zugang zu Inhalten habe, nicht aufgeweicht werde.
WhatsApp-Chef Cathcart räumte Fehler bei der Ankündigung der neuen Regeln ein. «Wir müssen klar kommunizieren, was wir machen und warum.» Dies habe WhatsApp verpasst. «Wir wurden erst klarer, als wir die Verwirrung sahen. Das geht auf unsere Kappe», sagte Cathcart. Eine Werbekampagne für Ende-zu-Ende-Verschlüsselung habe WhatsApp zwar schon vorher geplant. Aber nach der Kontroverse der vergangenen Monate habe WhatsApp noch mehr Gründe, darüber zu sprechen.
Keine Konsequenzen mehr
Inzwischen habe ein überwiegender Grossteil der Nutzer, die bereits nach ihrer Zustimmung zu den neuen Regeln gefragt wurden, sie akzeptiert, sagte Cathcart. Genaue Zahlen nannte er nicht. Ursprünglich sollten Nutzer, die den neuen Regeln nicht zustimmen, mit der Zeit den Zugriff auf Grundfunktionen verlieren.
Inzwischen drohen ihnen keine Konsequenzen mehr. Nur die neuen Funktionen zur Kommunikation mit Unternehmen wird man lediglich nach Zustimmung zum Update nutzen können. WhatsApp zufolge waren sie der zentrale Grund für die Änderung der Nutzungsbedingungen.
Cathcart kritisierte, dass einige Regierungen versuchten, die Verschlüsselung in Chatdiensten aufzuweichen. «Ich hoffe, dass Regierungen mit der Zeit einsehen, dass die wichtigste Rolle, die sie spielen können, ist, für mehr Sicherheit zu sorgen» – zum Beispiel, indem sie Standards für Unternehmen vorgeben. WhatsApp argumentiere bei Regierungen, dass Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die Sicherheit der Bürger schützen helfe. Facebook halte weiterhin an dem Plan fest, die Komplett-Verschlüsselung als nächsten Schritt auch in seinen zweiten Chatdienst Messenger zu bringen, sagte Cathcart.
Die Komplett-Verschlüsselung aushebeln
In mehreren Ländern laufen Versuche von Regierungen und Behörden, die Komplett-Verschlüsselung in Chatdiensten wie WhatsApp auszuhebeln.
Bei klassischen SMS-Nachrichten ist es schon lange so, dass Telekommunikationsanbieter Behörden die Überwachung ermöglichen müssen. Für die verschlüsselten Chatdienste gilt das bisher nicht – der Schweizer Anbieter Threema hat denn auch kürzlich einen Prozess vor dem Bundesgericht gegen das EJPD gewonnen, in welchem es darum ging, Nutzer eindeutig identifizieren zu können.
Sicherheitsbehörden kritisieren, dadurch kämen sie nicht an die Kommunikation von Kriminellen oder Extremisten heran. Jüngst gelang internationalen Polizeibehörden aber ein grosser Schlag gegen das organisierte Verbrechen ausgerechnet mithilfe einer Chat-App. Den Ermittlern war es gelungen, ihre angeblich abgesicherte App als Kommunikationsweg in kriminellen Kreisen zu etablieren.
19.06.2021