Kommentar 07.11.2008, 10:52 Uhr

Das Freitagsbit: Ich habe Post

Die WWKolumne – Die heutige Jugend ist abgrundtief böse. Verantwortlich ist das Internet. Und die Post. Am besten gehen Sie gar nicht mehr aus dem Haus. Der Briefkasten bleibt bald eh leer.
Was bleibt einem anderes übrig, als seine Feinde im Leben zu vermuten, wenn man seine Freunde nur im Internet hat. Virtuelle Liebe ist irgendwie nicht dazu geeignet, eine lammfromme Gesellschaft zu erzeugen. Streicheleinheiten per E-Mail haben den Wert einer Oops-Aktie. Sogar die Liebesbriefe sollen neuerdings virtuell verschickt werden. So das jüngste Projekt der Post. Sie will die Briefpost einscannen, um sich die Briefträger einzusparen. Wie unromantisch, da wird der Hund depressiv.
Aber es bringt natürlich Vorteile. Man muss nie mehr aus dem Haus. Und virtuell kommt man schneller zur Sache. Meine neueste Interneteroberung etwa verteilt per E-Mail Komplimente, die sie mir nie ins Gesicht streicheln würde. Sie weigert sich nun aber permanent, mich zu treffen. «Ist doch gut so, wie es ist», meint sie. Ich sei ein Licht in ihrem Alltag. Dankeschön.
Wem soll ich dafür die Visage polieren? Ist ja nicht so schlimm. Bei Bugs Bunny und in all den Action-Krachern stehen sie auch alle immer wieder auf. Spätestens nach Drehschluss. Und auf Youtube sieht jede Prügelei wie lustiger Slapstick, jeder angehende Serienkiller wie ein C-Movie-Schauspieler aus.
Aber ja, es könnte auch mich treffen. Die Oltner Polizei kommt da gerade recht. Sie erteilt laut dem Nullnullblättchen Ratschläge, wie man sich kleiden und bewegen sollte, um nicht einer brutalen Jugendgang in die Hände zu fallen. Schön. Ich habe verstanden. Ich bleib zu Hause.
Was kommt als nächstes?
Muss ich mich entschuldigen, wenn ich eine Faust ins Gesicht bekomme? Bekommt bald jeder Virenversender ein Dankesschreiben? Jeder Youtube-Lümmel, der meine privaten Videos online stellt, einen Filmpreis?
Mir ist, als steckte das Leben in einem Spamfilter fest.
Entschuldigung, dass ich nicht so virtuell bin.



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