Virtual Reality
19.10.2022, 11:45 Uhr
Horizon Worlds: Mark Zuckerbergs Metaverse lahmt
Das eine Metaverse gibt es nicht. Die Vision eines virtuellen Cyberspace, in dem wir uns treffen, kommunizieren, spielen und einkaufen, hat viele Namen. Meta-Chef Mark Zuckerberg nennt sein Metaverse Horizon Worlds. Und die bleiben hinter ihren Erwartungen zurück.
500'000 Nutzer im Monat hatte Facebook-Gründer und Meta-Chef Mark Zuckerberg bis Ende des Jahres angepeilt. So viele Menschen sollten sich in den Horizon Worlds tummeln, der Meta-Variante des Metaverse. Doch wie das «Wall Street Journal» unter Berufung auf interne Dokumente berichtet, sind Horizon Worlds knapp zehn Wochen vor Ende des Jahres von diesem Ziel deutlich entfernt. Nur 200'000 Menschen, so berichtet das Blatt, hätten sich seit Frühjahr in die Meta-Welt verirrt.
Einmal und nie wieder
Das Bild wird noch desaströser, wenn man auf die Details blickt: So sei die Zahl der Nutzer seit dem Frühjahr kontinuierlich gesunken, viele Nutzer hätten die Horizon Worlds nach einem ersten Besuch nie wieder aufgesucht. Unter diesem mangelnden Zuspruch litten auch die Betreiber der einzelnen Welten in Horizon Worlds. Nur neun Prozent aller virtuellen Parzellen hätten bislang mehr als 50 Gäste gezählt, die meisten bislang keinen einzigen.
Obwohl die Einstiegshürden für Horizon Worlds auf den ersten Blick denkbar gering sind – kostenlose Software herunterladen und einen Account anlegen – setzt das von Zuckerberg versprochene Wow-Erlebnis erst dann ein, wenn der Nutzer eine VR-Brille trägt. Eine billige Google-Cardboard, in die man sein Smartphone einsteckt, reicht dafür jedoch nicht aus. Bislang gibt es die Software für Horizon Worlds nur für Computer, eine Meta-VR-Brille wird quasi vorausgesetzt.
Vor wenigen Tagen stellte Meta die neue Quest Pro vor. Das Hightech-Gerät wird allseits für seine hohe Qualität gelobt, hat aber zwei Haken: Erstens ist das gute Stück mit 1500 US-Dollar alles andere als billig, und zweitens hat Meta zumindest in Deutschland den Vertrieb seiner Quest-VR-Brillen komplett gestoppt, weil sie für volle Funktionalität einen Facebook-Account voraussetzen. Damit hat das Bundeskartellamt ein Problem (wir berichteten).
Die Nicht-Verfügbarkeit der Quest-Brillen in Deutschland ist jedoch nur ein kleineres Problem für das Projekt Horizon Worlds. Denn auch für Nutzer, die bereits eine Quest haben, läuft nicht alles rund – die Kommentarspalten auf der Horizon-Worlds-Downloadseite quellen über von Berichten frustrierter Nutzer, die trotz des Kaufes der teuren Hardware nicht in das Meta-Metaverse kamen.
Lust auf VR, nicht auf das Metaverse
Doch womöglich ist die Wahrheit eine viel grausamere: Zahlen des Marktforschungsinstituts IDC legen nahe, dass es vor allem unter Computergamern eine hohe Nachfrage nach VR-Brillen gibt – aber eine verschwindend geringe nach Erlebnissen im Metaverse. So sollen von der Meta Quest 2, dem Vorgänger des gerade vorgestellten Topmodells, weltweit immerhin 15 Millionen Stück verkauft worden sein – doch nur 1,3 Prozent der Käufer haben ein Konto bei Horizon-Worlds.
Hohe Verluste an der Börse
Die Metaverse-Krise könnte sich zu einem Debakel für den Meta-Konzern auswachsen. Der Aktienkurs halbierte sich innerhalb der letzten zwölf Monate von 287 auf 130 US-Dollar, allein in den letzten sechs Monaten verlor das Meta-Papier 34 Prozent. Zwar sind die Zeiten für alle amerikanischen Tech-Konzerne derzeit stürmisch, aber so hohe Verluste sind auffällig. Zum Vergleich: Der Amazon-Kurs verlor in den letzten sechs Monaten 23 Prozent, bei Apple – dem ebenfalls VR-Ambitionen nachgesagt werden – waren es nur sieben Prozent.
Autor(in)
Frank
Kemper
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