News 19.09.2014, 12:27 Uhr

Blockbuster-Games unter Dauerkritik

2014 ist bisher kein guter Jahrgang für grosse Spiele. Nach Watch Dogs und Die Sims 4 fällt auch Destiny bei den Kritikern durch.
Destiny ist das bisher grösste Spiel des Jahres. Sowohl in Sachen Budget als auch in Sachen Hype. Entwickelt von den Halo-Machern Bungie sollte Destiny das neue Multiplayer-Wunder auf den Konsolen der neuen Generation werden. Die Wertungen der Kritiker und Fans fielen jedoch ernüchternd aus. Lediglich Mittelmass reicht nicht für ein Game, das als grosse Revolution angepriesen wurde.
Ähnlich erging es in diesem Jahr praktisch allen grossen Veröffentlichungen. Watch Dogs blieb nach Monaten von Hype und einigen Kontroversen deutlich hinter den Erwartungen der Spieler zurück. Die Sims 4 konnte auch die grössten Fans der Serie nicht überzeugen. In der Welt des virtuellen Sports leistet sich ausgerechnet die sonst so zuverlässig gute NHL-Serie einen groben Aussetzer. The Elder Scrolls Online bietet eigentlich genau das, was sich Fans der Serie jahrelang gewünscht hatten, und dennoch bleiben die Top-Wertungen aus.
Destiny sollte eine Revolution werden
Doch, was macht die Generation 2014 falsch? Wo liegt der Unterschied zu 2013, das einige exzellente grosse Titel wie Bioshock Infinite oder GTA V herausbrachte?

Zu viel Kontrolle

Ein wichtiger Grund für die fehlenden Erfolge ist die grundlegende Designphilosophie hinter den Spielen von 2014. Der Unterschied zwischen GTA V und Watch Dogs ist einfach: In GTA V wurde eine organische Welt erschaffen, in der sich interessante Gegebenheiten automatisch abspielen. In Watch Dogs wird praktisch sämtliche Interaktion mit der Welt kontrolliert. Jede Interaktion ist zugleich ein kontrolliertes Minispiel, das nur auf eine bestimmte Art und Weise funktionieren kann. Das wird schnell langweilig.
GTA setzt weniger auf Kontrolle und mehr auf zufälliges Chaos
Watch-Dogs-Entwickler UbiSoft fürchtet sich davor, die Kontrolle abzugeben. Schliesslich ist sein Spiel auf eine bestimmte Art und Weise designt und sollte entsprechend gespielt werden. GTA übergibt die Kontrolle an den Spieler und lässt diesen alles Mögliche in der Welt tun. Bugs und ungewollte Situationen tauchen dabei unweigerlich auf. Doch statt diese um jeden Preis verhindern zu wollen, freut sich GTA-Entwickler Rockstar darüber. Schliesslich sind YouTube-Videos von lustigen Szenen ausgezeichnete Gratiswerbung für GTA.

Spass kann nicht erzwungen werden

Ein weiteres Beispiel: Destiny und Halo sind zwei futuristische Shooter von Entwickler Bungie. Halo wurde von Kritikern und Gamern gleichermassen mit Lob überhäuft, während sich Destiny mit mittelmässigen Werten begnügen muss. Dabei ist Destiny in praktisch jeder Hinsicht ein gut entwickeltes Spiel. Grafik, Gameplay, Sound, alles Spitzenklasse und auch im Vergleich mit dem letztjährigen Shooter-Hit Bioshock Infinite auf einer Stufe.
Halo ist auch nach 13 Jahren noch gut
Der Grund für Destinys Mittelmässigkeit liegt ironischerweise genau in dieser Qualität: Das Spiel ist überdesignt. Destiny ist das Soylent der Videospielwelt. Einheitsnahrung, darauf ausgelegt, möglichst nahrhaft zu sein. Jede Sekunde von Destiny ist bis ins kleinste Detail geplant. Nicht aber darauf, das Gesamtkunstwerk Destiny zu vollenden, sondern darauf, Spass zu machen. Nur ist Spass weder messbar noch in irgendeiner Form objektiv wahrnehmbar. Halo wurde ebenfalls detailliert geplant. Jedoch diente die Planung dem Gesamtwerk, nicht einer subjektiven Einschätzung von «Spass», die in einem Sitzungszimmer von Publisher Activision ausgedacht wurde. Die Spieler können den sterilen Geruch des Sitzungszimmers durch die hübsche Fassade hindurch riechen und haben daher Mühe, sich auf das Spiel einzulassen.
Auf der nächsten Seite: Was bringt die Zukunft?

Was bringt die Zukunft?

Alles nur ein Vorgeschmack

Das dritte Problem der grossen Videospiele von 2014 ist DLC. DLC steht für Downloadable Content, also herunterladbarer Inhalt. Eigentlich sollte DLC zum Nachfolger der Expansion Packs werden. Statt also nach einem halben Jahr ein Expansion Pack für 20 Franken zu verkaufen, werden kleinere Inhaltspakete in kürzeren Abständen für weniger Geld verkauft. Im digitalen Zeitalter muss schliesslich nicht mehr alles auf eine teure CD gepresst werden. Für Entwickler ist DLC eine gute Methode, um zusätzliche Missionen oder kleinere Inhalts-Updates zu verkaufen, was die Fans meistens schätzen. Schliesslich wollen sie mehr von ihren liebsten Spielen. Grosse Publisher wie EA, Activision oder UbiSoft existieren jedoch nicht, um den Fans wirklich mehr zu bieten, sondern um möglichst viel Geld aus den Spielern zu quetschen.
Die Sims 4 wird wohl erst mit DLC richtig gut
Eine Methode, den Gewinn zu maximieren, hat 2014 besonders stark zugenommen. Dabei wird das Spiel in einer extrem abgespeckten Version verkauft (zum vollen Preis), und später mit DLC ergänzt. Das Spiel ist oftmals erst mit dem DLC wirklich komplett. Der grösste Sünder in dieser Hinsicht ist Die Sims 4. Die von EA vertriebene Lebenssimulation erschien mit einem Minimum an verfügbaren Gegenständen und nur zwei spielbaren Regionen. Fans der Serie sind sich weitaus mehr gewöhnt. Der Rest wird sehr wahrscheinlich per DLC nachgereicht, natürlich nicht kostenlos. Bei der Hockeysimulation NHL 15 (ebenfalls EA) fürchten Fans ähnliche Massnahmen. Zum Verkaufsstart des Spiels fehlen NHL 15 rund zwei Drittel aller Spielmodi auf den neuen Konsolen.

Lichtblicke am dunklen Horizont

Natürlich ist das alles nur eine Momentaufnahme und repräsentativ für rund die Hälfte der 2014 erschienenen Spiele. Die zweite Hälfte erscheint in den kommenden drei Monaten und hat durchaus Potenzial. Die Fussballsimulation Fifa 15 überzeugt in der aktuellen Demo-Version. Far Cry 4 und das neue Assassin's Creed dürften viel vom Gleichen sein, was Fans der Serien nicht gross stören wird. Die restlichen Titel haben jeweils Potenzial auf beide Seiten.
Das Vertrauen der Gamer haben sich die grossen Publisher 2014 bestimmt nicht erarbeitet. Solange jedoch Games in Massen auf Vertrauensbasis vorbestellt werden, gibt es für die Publisher keinen Grund, sich zu ändern.

Was war denn 2014 überhaupt gut?

Im Übrigen war 2014 nicht alles schlecht für Gamer. So erschienen doch einige grandiose Spiele, die zwar finanziell nicht so erfolgreich waren, dafür als Games richtig überzeugen konnten. Beispiele dafür sind das ausgezeichnete Strategie-Rollenspiel The Banner Saga oder das klassische Rollenspiel Divinity Original Sin. Eine Ausnahme bei den grossen Publishern bestätigt zudem die Regel. Titanfall, wenn auch nicht das Überspiel einer Generation, erhielt gute Noten.
Bioshock Infinite, eines der Highlights von 2013

Fazit

Nie zuvor konnten Gamer die Business-Entscheidungen im Gamedesign so deutlich sehen wie 2014. Wenn in jeder grossen Spieleproduktion das Geld an erster Stelle steht, leidet das Design darunter. Spass kann nicht künstlich in einem Sitzungszimmer erstellt werden, sondern entsteht in einem natürlichen Prozess, der aus grundlegend gutem Gamedesign stammt. Die grossen Publisher werden das nie lernen, denn es ist für sie nicht relevant. So wie im Fussball immer der Trainer gehen muss, geht in der Gamebranche der Entwickler. Ist Destiny eines Tages nicht mehr erfolgreich, muss Bungie raus und Activision kauft sich ein neues Studio, das mittelmässige Spiele produziert. Diese werden mit gross angelegten Marketingkampagnen verkauft und so lange gemolken wie möglich. Dann wiederholt sich der Kreislauf. Unterbrochen kann dieser Kreis nur von einer grossen Masse informierter Gamer werden.



Kommentare
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Evariabel
21.10.2014
Als Macuser fühle ich mich trotz stetiger Verbreitung von IOS immer noch nicht richtig ernst genommen. Neben meiner PS3 spiele ich eigentlich nur noch Browserspiele. Und offenbar bilde ich mir nicht nur ein, dass die immer besser werden (->Artikel 14.10. Münchener Onlinezeitung). Jetzt sagen einige, klar, die sind dazu sogar kostenlos, aber nur damit man sich später irgendwelche Sachen dazukaufen muss. Aber: Wenn ich mir ansehe, wieviel ein paar Freunde bei den Abos zu WoW lassen und wieviel diese großen Publisher auf langjährige Abosysteme setzen, dann glaube ich kaum, dass ich da schlechter wegkomme. Außerdem habe ich da mit diesem Paysafecard eine Begrenzung, da gibt es also eine Kosten-Kontrolle, zumal ich da keine Daten eingeben muss. Und es gibt darüber hinaus so viele gute ja auch alte Klassiker, die man für lau spielen kann, aber wir PC-Tippleser wissen das ja eigentlich alle... http://www.pctipp.ch/specials/artikel/lust-auf-ein-spielchen-49031/. Ich denke irgendwann wird den Bungies dieser Welt ihre Abgehobenheit auf die Füße fallen, bei der Konkurrenz...