Schweizer App macht Billetkauf obsolet und revolutioniert Ticket-Systeme
Keine RFID-Chips
Keine RFID-Chips
Das revolutionäre an Fairtiq ist, dass sie vollkommen ohne Hardwareinstallationen auskommt. Es gibt bereits Versuche in der Schweiz, bessere Ticketing-Systeme einzuführen. Diese zielen bisher darauf ab, RFID-Chips in die Wagen einzubauen, um die Kunden beim rein- und rausgehen zu erfassen. Eine erste Version davon testete der Verband öffentlicher Verkehr bereits im Jahr 2001, die Investitionskosten waren aber viel zu hoch. Vor zwei Jahren wurde im Kanton Zug ein neuer Anlauf mit «easy Ride» gestartet, für den Testversuch werden 10 bis 15 Millionen Franken veranschlagt. In eine ähnliche Richtung geht das Projekt «Be in, be out» der Südostbahn, die Ende 2015 Siemens den Auftrag gaben, ein E-Ticket-System zu realisieren. Das Problem dieser Systeme: Die Wagen müssen entsprechend ausgerüstet werden. Einerseits ist das relativ kostspielig, andererseits dauert es eine ganze Weile, bis eine ganze Flotte die Werkstatt gesehen hat.
Bei Fairtiq entfallen diese Hardwareinstallationen. Stattdessen ortet das System den Passagier zuerst via Standortinformation der GSM-Zellen und falls diese nicht genügend Empfang bieten, via öffentlichem WLAN-Hotspot. Falls auch damit keine eindeutige Positionierung möglich ist, wird GPS dazugeschaltet. Gemäss Urs Püntner, CIO der Rhätischen Bahn, wurden in den letzten zwölf Monaten 5000 Testfahrten gemacht, die eine Präzision von 99,96 Prozent erreichten. Wobei anzunehmen ist, dass das Bündnerland aufgrund seiner Topographie nicht zu den Kantonen mit der besten Netzabdeckung gehört. Die Daten werden laut Püntener bis auf die Standortdaten, die für die Preiserhebung relevant sind, auf dem Smartphone gespeichert. Ausser der Handynummer erfahre Fairtiq aber nichts und könne so auch den Besitzer nicht eruieren.
Warteschlangen wird es immer geben
Fairtiq scheint gelungen. Während andere Transportunternehmen seit Jahren mit neuen Systemen experimentieren, wurde Fairtiq innerhalb eines Jahres agil entwickelt, getestet und ausgerollt. Auch Fairtiq ist aber nicht perfekt. So werden Ticketkontrollen nicht besser funktionieren als bisher - immerhin kann sie aber jeder Kontrolleur durchführen, der einen SwissPass prüfen kann. Wenn das Handy keinen Akku hat oder dieser auf dem Reiseweg schlapp macht, funktioniert das System nicht. Zudem ist Fairtiq vor allem etwas für technikaffine Leute. Wer kein Smartphone besitzt oder keine Apps benutzen kann, muss weiterhin am Schalter anstehen.
Autor(in)
Fabian
Vogt
30.04.2016