Digital Markets Act 29.03.2022, 09:01 Uhr

Wie das neue Digital-Gesetz Amazon, Facebook, Google und Apple regulieren soll

Internet-Schwergewichte wie Amazon oder der Facebook-Konzern Meta dominieren das Netz – und die Konkurrenz hat es oft schwer. Die EU will das mit einem weitreichenden Gesetzespaket ändern.
GAFA: Google, Amazon, Facebook und Apple
(Quelle: shutterstock.com/Koshiro K)
Als die EU sich zuletzt umfassende Regeln fürs Internet gab, war die Welt eine andere. Google war gerade gegründet, Amazon verkaufte hauptsächlich Bücher, Facebook entstand erst Jahre später. Probleme wie Hassrede im Netz existierten nicht, und die grenzübergreifende Macht einiger Tech-Riesen war nicht absehbar.
Heute, gut 20 Jahre später, geht es im Internet teils turbulent und oft unfair zu. Die EU will das ändern. Dafür haben sich nun Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments in Brüssel auf ein Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) geeinigt, das die Marktmacht der Internetriesen einhegen und für faireren Wettbewerb sorgen soll.
Tech-Giganten wie Facebook und Google müssen dadurch in der Europäischen Union deutlich strengere Regeln einhalten. Verbraucher sollen dadurch mehr Wahlfreiheit bei Online-Angeboten bekommen.

Neue Ära der Tech-Regulierung

«Diese Einigung leitet weltweit eine neue Ära der Tech-Regulierung ein», sagte der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, der den DMA für das Europaparlament verhandelt hat. «Das Gesetz über digitale Märkte macht Schluss mit der ständig steigenden Dominanz der Big-Tech-Unternehmen. Jetzt müssen die Digitalkonzerne zeigen, dass sie auch fairen Wettbewerb im Internet zulassen.»
Der SPD-Abgeordnete René Repasi sagte: «Der DMA räumt mit Missständen im digitalen Binnenmarkt auf.» Er sprach von einem Gamechanger in der Regulierung digitaler Märkte. «Schädlichen Geschäftspraktiken wie der personalisierten Werbung oder der Selbstbevorzugung wird der Garaus gemacht.» Es würden schmerzhafte Sanktionen möglich gemacht – etwa die Zerschlagung von Grossunternehmen und ein Verbot von Übernahmen. Martin Schirdewan (Linke) sprach dagegen von einer ambitionslosen Einigung. «Den DMA auf die grossen Tech-Konzerne wie Google, Amazon und Co. plus wenige Ausnahmen zu beschränken, ist ein grosser Fehler.»

Reaktionen

Der iPhone-Konzern Apple reagierte besorgt, dass einige DMA-Vorschriften unnötige Datenschutz- und Sicherheitslücken für die Nutzer schaffen würden. «Andere Regelungen des DMA werden es uns unmöglich machen, Gebühren für geistiges Eigentum zu erheben, in das wir sehr viel investieren.»
Die «Coalition for App fairness», in der sich Konkurrenten vor allem von Apple und Google wie Spotify und Epic Games zusammengeschlossen haben, begrüsste die Einigung hingegen als «bedeutenden Schritt im Kampf für ein freies und faires Mobile-App-Ökosystem». Ein starker DMA werde den Wettbewerb stimulieren und die Innovation fördern, sagte Geschäftsführer Rick VanMeter.
Der DMA ist Teil eines grossen Digital-Pakets, das die EU-Kommission im Dezember 2020 vorgestellt hat. Der zweite Teil ist das Gesetz über Dienste (Digital Services Act, DSA), über das Parlament und EU-Staaten noch verhandeln. Der DSA befasst sich mit gesellschaftlichen Aspekten wie Hassrede oder gefälschten Produkten. Zuletzt hat die EU sich Anfang des Jahrtausends umfassende Regeln fürs Internet gegeben. Heutzutage wird immer wieder beklagt, das Internet sei ein rechtsfreier Raum und es sei schwierig, bestehende Regeln durchzusetzen. So konnte das Wettbewerbsrecht aus der analogen Welt die schnelle Konzentration von Nutzern und Marktmacht bei wenigen Digitalkonzernen bislang nicht verhindern.
Der DMA zielt nun auf bestimmte Unternehmen, die für gewerbliche Nutzer ein wichtiges Zugangstor zum Endverbraucher sind. Diese sogenannten Gatekeeper müssen bestimmte Ver- und Gebote beachten. Unternehmen fallen dann unter den DMA, wenn sie einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder eine Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro haben. Zudem müssen sie einen sogenannten zentralen Plattformdienst mit mindestens 45 Millionen aktiven Nutzer und 10 000 aktiven gewerblichen Nutzern monatlich betreiben. Zu diesen zentralen Plattformdiensten gehören etwa Suchmaschinen wie Google und Soziale Medien wie Facebook.

Daten zusammenführen

Zu den neuen Regeln gehört, dass die grossen Unternehmen die Daten aus verschiedenen Quellen künftig nur noch mit ausdrücklicher Nutzereinwilligung zusammenführen dürfen. «Wenn Nutzer dem nicht zustimmen, müssen die Big-Tech-Unternehmen weiterhin alternative Nutzungsmöglichkeiten ihrer Dienste erlauben – das schafft echte Alternativen zwischen 'mit allen Daten bezahlen' oder keine Dienste nutzen zu können», teilte Schwab mit.
Ein pauschales Verbot personalisierter Werbung oder ein komplettes Verbot personalisierter Werbung für Kinder und Jugendliche sei nicht im DMA beschlossen worden. Jedoch müssten sich grosse Messengerdienste wie WhatsApp und iMessage künftig dafür öffnen, auch Nachrichten von kleineren Messangern empfangen zu können. Für Gruppenchats soll dies erst im Laufe der kommenden Jahre kommen.
Bei Verstössen drohen den Unternehmen heftige finanzielle Sanktionen, in Ausnahmefällen auch die Aufspaltung der Unternehmen. Die Einigung vom Donnerstag muss noch einmal formal vom Rat der EU-Staaten und dem Europaparlament bestätigt werden.



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