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05.07.2017, 11:13 Uhr
Das kann Amazon Alexa
Apple, Samsung, Microsoft: Immer mehr Hersteller basteln an intelligenten Lautsprechern und Hunderte Gadgets wollen vernetzt sein. Zeit für eine Bilanz.
Amazon ist uns sonst eher bekannt als einer der grössten Versandhändler. Mit «Amazon Echo» und «Amazon Dot» hat das Onlinehaus aber auch zwei eigene Lautsprecher mit Sprachsteuerung im Angebot. Galt Amazon vor zwei Jahren noch als Pionier mit seiner eigenen Intelligenz in einem externen Gerät, treten dem Onlineversandhaus mittlerweile schon Google und neuerdings auch Apple und Microsoft in die Fussstapfen. Dabei allein wird es nicht nicht bleiben. Auch Samsung, ja sogar Alibaba, der Versandhaus-Riese aus China, haben den Braten gerochen und basteln derweil schon emsig an eigenen smarten Lautsprechern.
Offizielle Verfügbarkeit
Amazon Echo kam Ende 2016 in Deutschland und Österreich auf den Markt. Der Becher für rund 200 Franken ist in den USA schon in vielen Wohnungen präsent und man begegnet der Box auch je länger je mehr an Hersteller-Briefings zu neuen Smart-Home-Gadgets wie jüngst etwa an einem Briefing zur neuen Logitech-Circle, einer Cloud-basierten IP-Kamera. Tatsächlich kann «Alexa», die künstliche Intelligenz von Amazon schon viel. Das Problem: Der wohl bisher bekannteste Smart-Home-Begleiter ist hierzulande noch immer bloss als Import-Produkt zu haben. Das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben.
Bei der PR-Agentur von Amazon bekundete man uns auf Anfrage, dass man gegenwärtig das Ziel verfolge, Amazon-Produkte und Services «so schnell wie möglich» international anbieten zu können. Aktuell könne man aber nach wie vor keine Aussage zur Verfügbarkeit von Echo und Echo Dot ausserhalb der USA, England, Deutschland und Österreich machen. Das ist natürlich schade!
Einschränkungen in der Schweiz
Das hat insofern den Nachteil, als dass man sich die Amazon-App auf dem Smartphone über Umwege installieren muss und bestimmte lokale Suchergebnisse nicht immer möglich sind. Der schwarze Lautsprecher kann dabei viele weitere Dinge erledigen, wozu man im Moment noch das Smartphone in die Hand nimmt oder zum Laptop greift. So könnte man auch smarte LED-Leuchten einschalten oder Kalendereinträge anlegen oder IP-Kameras in der Stube stummschalten.
Einrichtung
Die Einrichtung des Echo-Lautsprechers ist ziemlich simpel. Man packt die Box aus und platziert sie irgendwo, wo es gerade Strom gibt und die WLAN-Reichweite noch gut ist. That's it. Zur Einrichtung nimmt man das Smartphone zur Hand und installiert sich die zugehörige App. Nach dem Einstecken beginnt gleich der obere Ring blau zu leuchten. Die WLAN-Einbindung erfolgt dann ebenfalls über die App, die man für Android z.B. auch über den Amazon App Shop herunterladen kann.
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Die Grundfähigkeiten von Alexa
Die Grundfähigkeiten von Alexa
Einmal mit einem Amazon-Konto verknüpft, kann die Box sogar E-Books aus dem Kindle-Sammelsurium vorlesen, von Spotify Musik abspielen oder eine aktuelle Zusammenfassung der Tagesnachrichten liefern. Prime-Mitglieder erhalten von Anfang an Zugriff auf bereits gekaufte Produkte wie Lieder oder Kindle-Bücher. Auch wenn sich der eine oder andere Anwender zuerst ein wenig über den Datenschutz gruseln mag, zumal alle Sprachbefehle auch im App-Verlauf ersichtlich sind, ist die Spielerei mit dem zylindrigen Echo-Lautsprecher zunächst schon faszinierend, ja geradezu futuristisch. So werden vorhandene Interpreten und Lieder in den verknüpften Musikdiensten sehr genau erkannt und auch gefunden. Dabei reagiert der Smart-Lautsprecher hauptsächlich auf Phrasen wie «Alexa, spiel die Playlist XY von Spotify» oder «Alexa, spiel Mozart». Bei allgemeinen Anfragen von Künstlern peilt das Lautsprecher-Wunder auch mal schnell in TuneIn Radio einen passenden Radio-Sender an. Manche Bediensprüche erschliessen sich eher aus purem Diktierdrang. Sagt man «Alexa, ausschalten» oder «lauter» bzw. «leiser», tut die Gehilfin einfach, was auch ein Mensch tun würde. Das erstaunt durchaus, wenn man als Kind mit Wurlitzer-Plattenautomaten aufgewachsen ist. Schon damals wollte ich am liebsten mit Holzklötzen im Kindergarten meine eigene Jukebox nachbauen. Das kindische Glitzern in den Augen ist auf einmal wieder da.
Gini aus dem Wunderbecher
Zum ersten Mal hat man den Eindruck, als töne eine Computerstimme fast schon menschlich, weil das Klangspektrum der 360-Grad-Büchse auch mehr Resonanz von sich gibt. Beeindruckend ist zudem, wie schnell Amazons Alexa auf die eigene Stimme horcht, sobald man «Alexa» ruft. Der Echo ist insgesamt mit sieben Mikrofonen und Richtstrahltechnologie ausgestattet, sodass man auch aus der Küche heraus noch ein paar Befehle in die Stube rufen kann. Amüsant wird es höchstens dann, wenn gerade ein Film läuft und die Protoganistin zufällig auch «Alexa» heisst. Auf dieses Schlüsselwort horcht der blau aufleuchtende Becher immer, sofern man kein anderes festgelegt hat. Allerdings verstummt Alexa auch schnell, wenn für einige Sekunden kein interpretierbarer Sprach-Input folgt.
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Ausblick und Meinung des Autors
Amazon Echo vs. Dot: Unterschiede im Vergleich
Aktuell gibt es zwei Versionen von Amazons Lautsprecher: den Echo und den Dot. Der Hauptunterschied ist in erster Linie der Preis. Während der grosse Echo-Lautsprecher gegen 200 Franken kostet, gibts den kleinen Dot für knapp 70 Franken. Beide Varianten bieten aber dieselben Grundfunktionen. Der zweite Hauptunterschied liegt natürlich bei der Innenausstattung.
Der Echo verfügt über einen 63-mm-Woofer und einen 50-mm-Hochtonlautsprecher. Dafür lässt sich der kleinere Dot auch über eine eingebaute 3,5-mm-Klinke mit anderen Soundsystemen verwenden. Zu guter Letzt gibt es einen gewichtigen Unterschied: Während die kleine Scheibe nur anderthalb Schoggitafeln wiegt (163 Gramm), ist der grosse Becher gut ein Kilo schwer (1064 Gramm). Wir hatten schon einmal beide Systeme im Betrieb. Beim kleineren Lautsprecher hatten wir manchmal den Eindruck, als klappe es mit der Spracherkennung nicht immer ganz so genau wie beim grossen System.
Die wahren Stärken von Alexa
Das offene System mit den sogenannten «Skills» ist gegenüber der Konkurrenz ein grosser Vorteil. Das Alexa Skills Kit (ASK) ist eine Sammlung sogenannter Self-Service APIs (Entwicklerschnittstellen). Mittlerweile sind weltweit mehr als 15'000 Skills im Amazon Skill Store verfügbar. Amazon hat sich da schon ziemlich etabliert. Das ist ziemlich beeindruckend. Alleine im letzten Monat dürfte die Amazon-Tool-Bibliothek um 20 Prozent gewachsen sein. Zum Vergleich: Der Google Assistant kennt nur um die 370 Voice Apps. Cortana ist erst gerade gestartet mit 65 Anwendungen. Bei Apples Siri-Sprachsteuerung für den neuen HomePod erfuhren Hersteller erst nach der Apple-Entwicklerkonferenz mehr über die Dokumentation neuer Möglichkeiten. Daher kann Apples Hightech-Lautsprecher möglicherweise noch lange nicht mit Amazon mithalten oder erst dann, wenn Drittanbieter für Apples Lautsprecher loslegen dürfen. Das gilt aber auch für die umgekehrte Richtung. Apple ist bekannt dafür, Entwicklungsprozesse ziemlich genau zu überwachen und damit die Qualität der Anwendungen auf sehr hohem Niveau zu halten. Bei Amazon besteht dagegen eher die Gefahr eines regelrechten Wildwuchses neuer Applikationen.
Information
Meinung des Autors Ob ich Amazon Echo brauche? Nein, ich nutze das System bis jetzt eher zum Spass und auch nur primär zum Musikhören. Es fehlt noch an Smart-Home-Gadgets, von denen ich (ausser eines iKettle-Teekochers) keine besitze. Vorstellen kann ich mir, dass es beispielsweise mit mehr Anwendungen wie der Lichtsteuerung der Philips-Hue-Serie noch interessante und zeitsparende Szenarien geben wird, als ständig das Smartphone aus der Hose zu kramen. Die ganze Erstinstallation über die Smartphone-App und die Verknüpfung der Premium-Dienste wie Spotify kann zunächst ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Letzteres hat beispielsweise bei mir einfach nie geklappt, obwohl ich nach mehrmaligem Austausch über Support-Foren die Ländereinstellung und die Sprache in der Amazon-App geändert habe. Wer es also nicht pressant hat, kann zum Spass auch einmal zur günstigeren Version greifen.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Brack zur Verfügung gestellt.
Autor(in)
Simon
Gröflin
10.07.2017