Wenn der Fake-Chef Millionen kostet
Teure Schäden
Nicht immer fliegen die Betrugsversuche jedoch rechtzeitig auf. Wie die Zuger Polizei beispielsweise im September mitteilte, ist ein dort ansässiges Unternehmen im August mehrmals von Betrügern kontaktiert worden. Im Namen des Geschäftsinhabers forderten sie eine Angestellte dazu auf, Zahlungsaufträge und Rechnungen zu begleichen, was diese schliesslich auch tat. Laut den Schilderungen nahm die Mitarbeiterin insgesamt zwölf Zahlungen an verschiedene Banken im Ausland vor. Den Tätern gelang es so, über 900'000 Franken zu erbeuten.
Ein spektakulärer Vorfall ereignete sich 2018 in den Niederlanden. Damals liessen sich der Chef und der CFO der dortigen Niederlassung der Filmkette Pathé von Betrügern täuschen. Und zwar flatterte beim Geschäftsleiter eine E-Mail ins Postfach, angeblich verschickt vom CEO der Holdinggesellschaft. Unter dem Vorwand eines vertraulichen Prozesses zur Übernahme einer Firma aus Dubai wurde er aufgefordert, die Akquisitionssumme in Tranchen zu überweisen. Nachdem er zunächst noch unsicher war und den CFO um Rat fragte, beschlossen die beiden dann doch, die Beträge zu bezahlen. Dem Vernehmen nach betrug die erste Tranche 900'000 US-Dollar, die zweite dann schon 2,5 Millionen Dollar. Obwohl die Beträge immer höher wurden, leisteten sie den Aufforderungen Folge. Bis jemand Verdacht schöpfte und der Betrug aufflog, hatte man schon 21 Millionen Dollar an die Täter überwiesen. Die beiden Manager wurden daraufhin beurlaubt und schliesslich entlassen.
Deepfakes erschweren die Erkennung
Noch schwieriger, solche Betrugsversuche zu erkennen, wird es für Unternehmen, wenn sich Cyberkriminelle von künstlicher Intelligenz helfen lassen. Mit frei verfügbarer KI-Software lassen sich mittlerweile täuschend echte Fälschungen von Video- und Tonaufnahmen herstellen – auch bekannt als Deepfakes. So kann die Technik beispielsweise eingesetzt werden, um am Telefon die Stimme eines CEOs oder eines Vorstandsmitglieds zu imitieren. «Deepfakes sind eine besondere Herausforderung», sagt deshalb auch Meindl von Check Point. Sie fügt an: «Gerade gefälschte Sprach- oder Videoaufnahmen sind für die Mitarbeiter nur schwer zu erkennen.»
“Deepfakes sind eine besondere Herausforderung„
Sonja Meindl, Check Point
Im Jahr 2019 gelang es Betrügern mit dieser Methode, den CEO einer britischen Firma aus dem Energiesektor in die Irre zu führen. Sie vermittelten ihm in einem Telefonat den Eindruck, dass er sich gerade mit seinem Chef unterhält, dem Geschäftsführer des deutschen Mutterhauses. Die Täter leisteten ganze Arbeit. Später hiess es, dass der britische CEO gar den leichten Akzent des deutschen Managers sowie dessen Stimmmelodie erkennen konnte. Mithilfe der Technik konnten sie dem Energieunternehmen 220'000 Euro abknöpfen.
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