Auch nach 20 Jahren 14.08.2020, 08:15 Uhr

PDFs sind für den menschlichen Konsum ungeeignet

Der Usability-Experte Jakob Nielsen erneuert seine Kritik am Dateiformat PDF. Auch nach zwei Jahrzehnten Entwicklung gebe es kaum etwas Schlechteres als PDFs zur Vermittlung von Inhalten im Netz
Der dänische Schriftsteller und Berater Jakob Nielsen gilt als einer der führenden Web-Usability-Experten weltweit
(Quelle: Artem Samokhvalov/shutterstock.com)
Jakob Nielsen: Dänischer Schriftsteller und Berater
Quelle: nngroup
«Business Week» zählte den Dänen vor einigen Jahren zu den einflussreichsten Web-Designern auf der Welt. Jakob Nielsen, Mitbegründer der Nielsen Norman Group ist für seine pointierte, oft beissende Kritik an Usability-Sünden im Netz bekannt. Jetzt hat sich der 57-Jährigen in einem Beitrag im Blog seines Unternehmens mit dem Dateiformat PDF auseinandergesetzt – und hält PDFs schlicht für ungeeignet für die Vermittlung von Inhalten im Netz. PDF sei für den Druck optimiert, argumentiert Nielsen, schwer lesbar und schlecht zu navigieren.
Nielsens Kritikpunkte im Einzelnen:
  • Linear und beschränkt: PDFs sind typischerweise konvertiert aus Dokumenten, die für den Ausdruck gedacht waren. Sie müssen linear konsumiert werden, von vorn nach hinten. Usability-Kriterien für den Gebrauch von Webseiten bleiben aussen vor.
  • PDFs sehen anders aus als typische Websites: Zwar bieten moderne PDFs Shortcuts als Navigationshilfen, diese sind jedoch den wenigsten Nutzern bekannt. Deshalb sehen selbst die durchgestyltesten PDFs am Schirm aus wie Fremdkörper
  • Lange Ladezeiten: Im Vergleich zu HTML-Dokumenten benötigen PDFs deutlich länger zum Laden. Das macht sich vor allem bei mobilen Endgeräten bemerkbar
  • Viel Unnötiges: PDFs enthalten oft wenig Substanzielles, klagt Nielsen. Viele Möglichkeiten der Orientierung, die Websites bieten, fehlen bei PDFs
  • Stiften Verwirrung: PDFs haben selten die Standard-Navigationselemente, die Nutzer von Websites gewohnt sind. Wenn PDFs durch Klick auf einen Link ein neues Browserfenster öffnen, wundert sich der Nutzer hinterher, warum der Zurück-Button nicht mehr funktioniert.
  • Formatiert für Papier, nicht für Bildschirme: PDFs passen sich nicht der Bildschirmgrösse an, was ihr Handling am Computer erschwert.
Nielsen's Ratschlag als Alternative: Schlicht formatierte HTML-Hinweisseiten, die Inhalte zusammenfassen und dem Nutzer als Alternative den Download des gesamten PDFs anbieten.
Es ist nicht das erste Mal, dass Nielsen sich mit PDFs befasst. Bereits 2001 und 2010 veröffentlichte er Untersuchungen über die Usability dieses Dateiformates. Seine Einschätzung hat sich seitdem kaum geändert.

Frank Kemper
Autor(in) Frank Kemper



Kommentare
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Jürgen N.
14.08.2020
Volle Unterstützung! Handbücher oder Betriebsanleitungen als PDF lesen zu müssen ist ist eine Strafe Gottes... Gruss Jürgen

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Klaus Zellweger
14.08.2020
Volle Unterstützung! Handbücher oder Betriebsanleitungen als PDF lesen zu müssen ist ist eine Strafe Gottes... Wenn ich ein Gerät kaufe, suche ich zuerst auf der Website des Herstellers nach der Anleitung als PDF und lege sie auf dem iPad ab. Handbücher oder Betriebsanleitungen auf 300 Seiten Papier und in 26 Sprachen lesen zu müssen, ist eine Strafe Gottes. ;)

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Jürgen N.
14.08.2020
Ich habe lange Handbücher und Arbeitsprozesse für eine grosse IT Firma verfassen müssen. ISO 9000, heute kaum mehr ein Begriff. Als PDF wären die nie akzeptiert worden.

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11291PCtipp
14.08.2020
Die kritisierten "Mängel" lesen sich, wie wenn sich jemand wundert, bei 0°C oder kälter in einen Pool springt und sich wundert, dass das Wasser hart geworden ist. Genau die stabile Darstellung aller Bestandteile in einen PDF Dokument, auf verschiedenen Geräten und SW dargestellt, über Jahrzehnte, macht es so erfolgreich.

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gucky62
14.08.2020
Der Herr hat wohl grundsätzliches nicht begriffen. PDF ist eine Art digitales Papier. Das hat diverse Vorteile, wie Durchsetzbarkeit, Platzbedarf, usw. Es hat absolut rein gar nichts mit Webseiten zu tun! HTML ist für Webseiten gedacht udn tut da seinen Dienst. Es ist aber untauglich für Anleitungen, Dokumente, usw. die langfristig verfügbar sein sollen. Dazu ist dann neben Papier eben PDF gedacht. Für Dokumente, und um diese geht es, ist HTML denkbar ungeeignet. U.a. weil es da um dynamische Formate geht, die sich dem Device anpassen sollten, usw. Dokumente kann man in HTML schlicht vergessen. Und ja, PDF orientiert sich logischerweise am Druck. Ist und war nie anders gedacht. Der Herr versteht nicht das PDF ein völlig anders Ziel hat. Im Prinzip könnte Er auch aussagen, das Papierdokumente nicht für den menschlichen Konsum geeignet seien. Kommt in etwa auf dasselbe raus. Gruss Daniel

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Geoffrey
14.08.2020
Da kaum mehr als 10% der Benutzer das Handbuch je lesen, ist es eine unglaublich idiotische Resourcenverschleuderung, Handbücher im Umfang von mehr als 2 Seiten beizulegen. Kommt noch dazu, dass wenn einer das Hansbuch wirklich konsultiert, er das kaum oft macht und das gedruckte Werk verstaubt im Gestell die nächsten 10 Jahre lang. Aber man kann ja auch dem Ober-Brasilianer dabei helfen den Wald noch intensiver abzuholzen um (meist) unbenutze Bücher tonnenweise zu drucken. Sofern es denn auch ein Handbuch gibt, habe ich von jedem Gerät in meinem Besitz eines als PDF auf dem NAS abgelegt und brauche nichts Gedrucktes zusätzlich. Handbücher oder Betriebsanleitungen als PDF lesen zu müssen ist ist eine Strafe Gottes... Offenbar haben wir nicht den gleichen Gott und ich bin mit meinem mehr als zufrieden. Deiner sollte dir ein paar Blitze schicken. geoffrey

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Jurgius
14.08.2020
Was ist dieser Däne für ein Schwätzer, vergleicht Aepfel mit Birnen! :mad:

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stebra
14.08.2020
Das Problem mit den neuen Browserfenstern ist auch ohne PDFs vorhanden. Wenn man mehrere Browserfenster mit jeweils x Tabs offen hat, so wird es schwierig, sich da zielgerichtet hin und her zu bewegen. Hier sollte ein besseres Konzept erfunden werden. Ärgerlich ist v.a. auch der Adobe Reader mit immer wieder geändertem Namen (mit und ohne Acrobat, DC und was sonst noch). Es gab mal eine Version, da konnte ich zwei Stellen eines PDF-Dokumentes durch eine Linie teilen und ansehen (wie es in Word z.B. geht). Das ist in der neuesten Version wieder weg. Das Menü ist immer wieder anders aufgebaut und für meine Zwecke eher schlecht usw. usw.

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karnickel
15.08.2020
Hmm, wenn ich nun Artikel und Kommentare hier zusammenzubringen versuche... PDF haben also einfach mehr Seiten als die Webseite, die man sich anschauen soll. - Gut. - PDF ist also deswegen schelcht. Wie kann ich bei einem umfangreichen Webauftritt erreichen, dass eine Besucherin/ein Besucher alles liest? Gar nicht. Will auch keiner. Lösung. Nur kleine PDF mit maximal zwei Seiten DIN A4 schreiben. Zur Verwendung am grossen Monitor also im Querformat. Plötzlich ist die PDF viel übersichtlicher als gerade noch die ganze Website. - Die Netzgemeinde hat dafür ein suchfähiges Wort: Cheatsheet.

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ROGEZH
17.08.2020
Selten haben ich über PDF einen derart unqualifizierten Schwachsinn gelesen. Dass Nielsen nur Schriftsteller u. kein IT-Experte ist, gibt er hier auf dilettantische Weise zum Besten. Mir tun nur die Firmen leid, bei denen der dänische Möchtegern auch noch als Berater tätig ist. Congratulation gucky62: Sie interpretieren PDF absolut richtig. Ein Genuss, Ihren Kommentar zu lesen! Die richtige PDF-Software vorausgesetzt, bin ich immer wieder erstaunt, wie hoch mittlerweile der Komfort angesiedelt ist, in PDFs zu navigieren, zu lesen, nach Schlüsselbegriffen zu suchen und PDFs zu bearbeiten – eine wahre Freude! Die Möglichkeiten für den Autor bzw. Herausgeber, den Umgang mit dem PDF selbst beeinflussen bzw. konfigurieren zu können, ist nicht mehr wegzudenken. Fazit: Das plattformunabhängige PDF hat sich seit 1993 als einzige, feste Größe unter den Dateiformaten weltweit durchgesetzt und wird diesen dänischen Miesmacher noch sehr, sehr lange überleben. All diejenigen, die PDF nicht lesen können oder wollen (jeder 10. auf dieser Welt ist ja mittlerweile Analphabet) – niemand wir dazu gezwungen !!! Für mich ist PDF über Jahrzehnte hinweg zum täglichen Tool geworden und aus meiner Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Papierlose Organisationen verlangen fast durchgängig nur noch PDF und das nicht erst seit gestern!