Kartendienst
09.08.2022, 07:46 Uhr
Ist Apple Look Around die Ablösung für Google Street View?
Vor über einem Jahrzehnt versetzten Kamerafahrzeuge von Google deutsche Datenschützer in helle Aufregung – und brachten Street View in Deutschland de facto zu Fall. Jetzt hat Apple ganz ohne Aufruhr mit «Look Around» einen würdigen Nachfolger geschaffen.
Zwischen den beiden Bildern zu diesem Artikel liegen 13 Jahre. Beide zeigen das Bayer Center in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs, in dem sich die Büros von com! professional befinden, das ebenfalls zur Ebner Media Group gehört. Das rechte Bild wurde vor 14 Jahren von einem Kamerafahrzeug von Google aufgenommen, das linke offenbar im vergangenen Sommer von einem Apple-Fahrzeug.
Aufruhr in der Öffentlichkeit
Bilder wie das linke gehören zu «Look Around», einem neuen Service des Apple-Kartendienstes, der auf deutschsprachigen Apple-Geräten schlicht «Karten» heisst und ab Werk installiert ist. Erstaunlich an «Look Around» ist, dass es überhaupt existiert, denn die Kamerafahrten der auffälligen Google-Autos hatten vor über einem Jahrzehnt zu einem Aufruhr in der deutschen Öffentlichkeit geführt – und am Ende zu einer Einigung zwischen Google und der zuständigen Hamburgischen Datenschutzbehörde: Google Street View wurde auf dem Status Quo eingefroren und niemals aktualisiert. Und so steht etwa vor dem Haus, in dem der Autor dieser Zeilen damals wohnte, immer noch das Motorrad, das er vor 12 Jahren verkauft hat. Immerhin gibt es das Haus heute noch – was man längst nicht von allen in Street View abgebildeten Gebäuden sagen kann.
Eine weitere, bis heute drastisch spürbare Folge der Einigung mit dem Hamburger Datenschutzbeauftragten: Die Erfassung kleinerer Orte ist nie passiert. Verglichen mit anderen europäischen Ländern ist Deutschland zum Grossteil nie von Google abgefilmt worden.
Sauberes Ergebnis
Jetzt ist Apple Look Around auch in Deutschland verfügbar – und es sieht auf den ersten Blick aus, als hätte Apple ganze Arbeit geleistet. Nach Medienberichten sollen die Kamerafahrten seit 2019 stattgefunden haben, und dies offenbar weitgehend ohne öffentliches Interesse oder gar einen Aufschrei wie vor 15 Jahren.
Im direkten Vergleich zu Google Street View funktioniert Apple Look Around smoother, die Bildqualität ist höher und entspricht mehr dem optischen Eindruck eines Menschen, der durch eine Strasse geht. Die Navigation orientiert sich am Google-Prinzip: Wer eine Adresse in «Apple Karten» sucht, bekommt ein Fernglas-Icon angeboten und erhält nach Klick auf dieses eine 360-Grad-Rundumsicht des jeweiligen Standortes. Von dort kann er sich «weiterhangeln», indem er einfach auf einen Punkt auf der Strasse klickt. So werden virtuelle Stadtrundgänge einfach und machen Spass.
Auch kleine Dörfer erfasst
Der Hauptvorteil von Apple Look Around gegenüber seinem Rivalen aus Mountain View ist seine bessere Abdeckung. Ein kurzer Praxischeck ergab: Nicht nur das 3000-Seelen-Nest in der Lüneburger Heide, in dem der Autor dieser Zeilen aufwuchs, ist auf Look Around komplett erfasst, auch der – noch viel kleinere – Ortsteil daneben ist selbstverständlich zu finden.
Weniger Infos als Google
Der Sprung zurück in die Bayerstrasse, dem Standort unserer Büros, zeigt einen Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten, den Apple sicherlich gern beseitigen würde: Zwar sind die Apple-Bilder neuer, aber Google setzt auf mehr Daten für die Anreicherung: Deutlich mehr Icons entlang der Strasse verweisen auf Geschäftseinträge, die – im Gegensatz zu den Bildern – aktuell sind.
Abzuwarten bleibt der Ehrgeiz von Apple, die Look-Around-Bilder aktuell zu halten. Sonst bleibt die Baustelle vor unserem Verlagsgebäude, die uns letztes Jahr dort belästigte, auf ewig bestehen.
Autor(in)
Frank
Kemper
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