Viva la revolución! 11.11.2020, 10:24 Uhr

Der neue M1: Apple deklassiert Intel

Wie angekündigt, veröffentlicht Apple neue Macs mit der ersten eigenen CPU. Was auf den ersten Blick nur für Mac-Anwender interessant ist, wird die Mitbewerber in Verlegenheit bringen.
Der neue M1 von Apple ist nichts weniger als eine Revolution
(Quelle: Apple Inc.)
Bereits an der World Wide Developer Conference (WWDC) im Juni wurde Apples brandneue, hauseigene CPU unter dem Projektnamen «Apple Silicon» (Apple Silizium) vorgestellt. Jetzt hat das Kind einen Namen: Der M1 soll die Macs von Intels Prozessoren emanzipieren und genau die Funktionen bieten, die sich Apple für seine Rechner wünscht.
Das klingt nach einem sehr riskanten Unterfangen, denn schliesslich werden Computersysteme normalerweise um die CPU herum geschneidert. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass Apple bereits seit Jahren eigene Hauptprozessoren für das iPhone, das iPad und die Apple Watch baut, und das mit Erfolg: So ist der aktuelle A14 «Bionic» in den neusten iPhones der erste Prozessor, der im grossen Stil in 5-Nanometer-Struktur gefertigt wird.
Und nun soll es also der M1 bei den Macs richten. Was Apple am 10. November präsentierte, eröffnet tatsächlich ein neues Zeitalter für Macs. Die neue CPU profitiert unmittelbar von den Entwicklungen des A14: Sie ist gemäss Apple deutlich schneller als die Produkte der Mitbewerber; das gilt nicht nur für die CPU, sondern auch für die integrierte GPU (Grafikeinheit), die die schnellste integrierte Grafik auf dem Markt sein soll.
Der Apple M1 sieht eigentlich ganz harmlos aus
Quelle: Apple Inc.
Auf diesen 64-Bit-SoC (System on a Chip) wird alles gepackt, was den Rechner ausmacht: CPU, GPU, Neural Engine sowie die «Secure Enclave», in der unter anderem die delikaten Dinge wie Kreditkarten-Daten oder biometrische Merkmale gespeichert werden: Auf den Intel-Macs wurde diese Aufgabe bis jetzt vom T2-Chip wahrgenommen, der hinfällig ist. Selbst der RAM wird nicht mehr als Riegel angehängt, sondern ist integrierter Bestandteil des SoC: Die GPU greift auf den gleichen Arbeitsspeicher zu, wie die CPU. Dieses «Unified Memory» ist nicht mit dem Shared-Memory der Intel-Chips zu verwechseln, die sich am RAM bedienen. Stattdessen spielt sich alles im selben Speicherpool ab, was nicht nur bei Spielen zu einer deutlichen Leistungssteigerung führen soll.
Die doppelte Leistung zu einem Viertel des Stromverbrauchs klingt nach einem guten Geschäft
Quelle: Apple Inc.
Gleichzeitig wurden einige Eigenschaften auf Hardware-Ebene integriert, die heute einen modernen Rechner ausmachen, etwa die Hardware-Unterstützung für Videos oder die Gesichtserkennung und Farbkorrektur bei Videochats – lauter Eigenschaften also, die vom iPhone und iPad bereits bestens bekannt sind.
Der M1 besitzt 8 Kerne: 4 Kerne für die maximale Leistung und 4 weitere, die für rechnerisch anspruchslose Arbeiten verwendet werden. Dadurch wird die Batterie geschont, sodass gemäss Apple bei den mobilen Rechnern Laufzeiten von bis zu 20 Stunden möglich werden. Mit dem Strombedarf sinkt aber auch die Wärmeentwicklung: Davon zeugt das neue MacBook Air, bei dem der Lüfter komplett weggelassen wurde.

Das neue MacBook Air

Der kleinste Mac-Rechner ist gleichzeitig Apples beliebtestes Notebook und äusserlich praktisch unverändert. (Bild 2) Gemäss Apple ist das neue Modell bis zu 2,5× mal schneller und soll bis zu 5× mehr Grafikleistung bieten als der Vorgänger. Sogar die Videoverarbeitung mit Pro-Res-Dateien in 4K-Auflösung soll der Winzling stemmen, während viele Intel-Rechner bereits Mühe bekunden, eine 4K-Datei mit H.265 auch nur abzuspielen. Und das alles – wie bereits erwähnt – ohne Lüfter. Mehr dazu auf der Produktseite.
Das beliebteste Apple-Notebook gehört zu den ersten Modellen mit M1
Quelle: Apple Inc.
Preise: Die kleinste Konfiguration mit 8 GB RAM und 256 SSD kostet 1079 Franken. Die grösste Konfiguration mit 16 GB RAM und 2 TB SSD schlägt mit 2179 Franken zu Buche. Das MacBook Air lässt sich ab sofort bestellen. Die Auslieferung beginnt am 17. November.

Das neue MacBook Pro

Wenn es mehr Leistung sein soll, bietet sich das neue, 13 Zoll grosse MacBook Pro an, das gemäss Apple eine 2,8× so schnelle CPU und eine fünffache Grafikleistung bietet. (Bild MacBook Pro). Die Akkulaufzeit soll bei 17 Stunden Browsen oder 20 Stunden Videowiedergabe liegen. Die Mikrofone liefern jetzt «Studioqualität», doch genau wie beim MacBook Air verharrt die Face-Time-Kamera leider bei nicht mehr zeitgemässen 720p. Anstelle der Funktionstasten bietet das MacBook Pro die Touch Bar, die je nach Anwendung ihr Aussehen und ihre Funktionalität ändert. Mehr dazu auf der Produktseite.
Das MacBook Pro richtet sich an Anwender, die weder auf Leistung noch auf Laufzeit verzichten wollen
Quelle: Apple Inc.
Preise: Die Preisstaffelung startet bei 1399 Franken für 8 GB RAM und 256 GB SSD und endet bei 2499 Franken für 16 GB RAM und 2 TB SSD. Das MacBook Air lässt sich ab sofort bestellen. Die Auslieferung beginnt am 19. November.

Der neue Mac mini

Und zum Schluss gibt es auch etwas für die Schreibtischtäter. (Bild 3) Der neue Mac mini bietet eine 3× schnellere CPU und eine bis zu 6× schnellerer Grafik. Zwei Thunderbolt/USB-4 Anschlüsse, zwei USB‑A-Anschlüsse, HDMI 2.0 und Wi-Fi 6 (AX) gehören ebenfalls dazu. Mehr dazu auf der Produktseite.
Der Mac mini (hier mit separat erhältlichem Display) bietet beste Leistung bei sehr geringen Abmessungen
Quelle: Apple Inc.
Preise: Bei den Preisen geht es bei 799 Franken für 8 GB RAM und 256 GB SSD los und endet bei 1879 Franken für 16 GB RAM und 2 TB SSD. Der Mac mini lässt sich ab sofort bestellen. Die Auslieferung beginnt am 19. November.

Schöne Aussichten – für Mac-Anwender

Die sehr nahe Zukunft wird zeigen, auf welche Weise sich die grossen Anbieter wie Microsoft oder Adobe die neuen Möglichkeiten zunutze machen. In der Zwischenzeit sorgt der Emulator «Rosetta 2» dafür, dass jede Intel-Anwendung, die sich an die Richtlinien von Apple hält, auch auf dem M1 mit ARM-Architektur läuft. Apple spricht sogar davon, dass es reicht, den Quellcode einfach neu zu kompilieren, um eine native Software für die neuen Macs zu erhalten. Die Transformation hin zum M1 soll bereits in zwei Jahren abgeschlossen sein; doch die Unterstützung für die aktuellen Intel-Macs wird noch wesentlich länger gewährleistet.
Auf Mac-Anwender kommen also spannende Zeiten zu, denn hier bahnt sich eine Sensation an, die diese Bezeichnung verdient. Doch für Intel wird es ungemütlich. Auch wenn der Mac aufgrund seiner Verbreitung keine lebenswichtige Rolle für den Chip-Anbieter spielt, so zeigt Apple doch, was mit einer frischen Architektur möglich ist. Gleichzeitig sitzt Intel auf einem Berg von Altlasten, die zum Teil Dekaden alt sind und auch nicht mehr verschwinden werden. Die Chip-Branche wird endlich wieder spannend.


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