News 27.09.2001, 11:30 Uhr

Ist Pornografie-Spam legal?

Unerwünschte Werbe-Mails (Spam) landen früher oder später in jedem Postfach. In letzter Zeit läuft aber in den Postfächern unbescholtener Netz-BürgerInnen auch Pornografie-Spam auf, der oft gegen viel mehr verstösst, als nur gegen den guten Geschmack.
Wer sich durch Berge von Spam kämpfen muss, ärgert sich nicht nur über die rauen Mengen an Junk-Mails, sondern zunehmend auch über die darin angepriesenen - mehr als nur schmuddeligen - Porno-Dienstleistungen. Kann das noch legal sein?
Die Rechtslage
Wir befragten den Zürcher Juristen Adriel Caro [1]: Wann ist Pornografie-Spam illegal? Dazu der Rechts-Experte: "Wer willentlich und wissentlich Pornografie verbreitet oder anpreist, und nicht ausschliesst, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren dies zu lesen bekommen, macht sich strafbar." Ob die Verbreitung solcher Inhalte über eine Zeitung, via E-Mail oder über ein anderes Medium stattfindet, spiele hier übrigens - juristisch gesehen - keine Rolle.
Und hier haben wir das erste Problem: Da ein Pornografie-Anbieter kaum zuverlässig verifizieren kann, wie alt die per E-Mail adressierte Person ist, passiert es immer wieder, dass Kinder und Jugendliche Inhalte direkt vor die Nase bekommen, die definitiv nicht für sie bestimmt sind. Ein zweites Problem ist die Herkunft solchen Spams. Zwar könnte man in der Schweiz auch einen ausländischen Urheber von Porno-Spam wegen eines Verstosses gegen Artikel 197 des Schweizer Strafrechts [2] vor Gericht stellen, sofern er den brisanten Stoff nicht zuverlässig auf einen erwachsenen Leserkreis eingegrenzt hat. "Leider", so Caro, "ist es aber sehr schwierig, ausländische Behörden zur Mitarbeit zu bewegen und die Urheber ausfindig zu machen."
Kinderpornografie
Oft sind Spam-Mails sogar mit Begriffen wie "Teen Porn" oder "Lolita Porn" gespickt. Sind die in sexuellen Handlungen dargestellten Personen noch nicht dem Schutzalter entwachsen (siehe SR Art. 187 [3]), dann handelt es sich bei den angepriesenen Angeboten sogar um Kinderpornografie, ein Offizialdelikt, das man bei der Bezirksanwaltschaft zur Anzeige bringen soll. Für eine Strafbarkeit reiche es zudem bereits, einen anklickbaren Link zu verbotenen Angeboten zu mailen; die Mail selber brauche hierbei nicht einmal anstössige Bilder oder Texte zu enthalten.
Kinderpornografie ist weltweit praktisch überall verboten und es existieren dazu auch Staatsverträge, also Länder übergreifende Vereinbarungen mit dem Ziel, solche Inhalte weltweit zu ahnden, respektive zu stoppen. Darum bestehen hier etwas bessere Chancen, bei Behörden und Providern die notwendigen Hebel in Bewegung zu setzen.
Ihre Möglichkeiten
Soviel zum rechtlichen Hintergrund. Was aber tun Sie, als unfreiwilliger Empfänger solchen Spams? Die Provider haben eine gewisse Pflicht, gegen solche Angebote vorzugehen. Das können sie natürlich nur, wenn sie auch davon wissen! Allerdings sind weniger die Zugangs-Provider zu mobilisieren, sondern jene, auf deren Servern die strafbaren Angebote zur Verfügung gestellt werden, also die Hoster der beworbenen Websites. Ob der Betreiber der Website auch der Spammer war, lässt sich anhand des Mail-Headers und der beim Provider gespeicherten Log-Files ausfindig machen.
In klaren Fällen von Kinderpornografie - egal ob von in- oder ausländischen Servern - schaltet man am besten umgehend die für den eigenen Wohnort zuständige Bezirksanwaltschaft ein. Mitzubringen sind natürlich die Beweise: Ein Ausdruck der E-Mail, inklusive des kompletten E-Mail-Headers, den man z.B. bei Outlook unter "Ansicht/Optionen" findet. Da in einem solchen Spam fast immer das HTML-Format verwendet wird, stehen Links zu einschlägigen Pages nicht im sichtbaren Text. Erst ein rechter Mausklick in den Mailtext und "Quelltext anzeigen" offenbart den Quellcode, den Sie ebenfalls komplett ausdrucken oder - wenn zu umfangreich - als Text-Datei auf eine Diskette speichern. Behalten Sie sicherheitshalber die E-Mail noch auf, falls sich die übergebenen Beweise als unvollständig herausstellen sollten.
Wenn es sich um anderen Pornografie-Spam handelt, der etwa im Postfach Ihrer vierzehnjährigen Tochter gelandet ist, stehen ein paar eigene Ermittlungen an. Liegt die beworbene Webseite in der Schweiz (was aber eher selten ist), kann sich ebenfalls eine Anzeige lohnen. Bei Seiten, die im Ausland gehostet werden, liegen die Erfolgschancen via Behörden eher niedrig. Trotzdem sollten Sie den Provider wenigstens anschreiben.
Und wie finden Sie den zuständigen Provider? Geben Sie die URL der beworbenen Webseite ins "Traceroute"-Feld bei Sam Spade [4] ein. Die unterste Zeile, bei welcher zuhinterst ein Providername steht, ist nun massgebend. Ganz am Anfang dieser Zeile klicken Sie auf die IP-Adresse und wählen auf der folgenden Seite das "Whois"-Hilfsmittel. Ihre Beschwerde-Mail (in Englisch) geht an die Personen, die als "Admin C" und "Tech C" erwähnt werden. Schildern Sie kurz, was passiert ist, fügen Sie in Ihrem Mailtext den kompletten Header des Porno-Spams plus den Mail- bzw. Quelltext an und bitten Sie ihn, Schritte gegen den Verursacher zu unternehmen. Es kann zur Verdeutlichung des Problems nicht schaden, in der Beschwerde an den Provider auch die Links zu den unten erwähnten Schweizer Gesetzesartikeln mitzuliefern. Ausser in Deutsch sind diese auch in Französisch und Italienisch verfügbar.
Zum Schluss
Erfahrungsgemäss reagieren manche Provider nicht sofort. Es wird bekanntlich nicht nur pornografischer, sondern jeder Spam an Hunderte oder Tausende von Adressen verschickt. Wenn sich genügend Personen hartnäckig genug gegen solche Belästigungen wehren, wird ein vernünftiger Provider dem verursachenden Pornografie-Anbieter aufgrund des massiven empörten Echos bald die Tür weisen. Klar: Der wird im Nu beim nächsten Hoster (Webspace-Anbieter) unterkommen und mit seinem Wirken fortfahren. Hat die Öffentlichkeit aber genug Durchschlagskraft, wird sich ein Porno-Spammer bald überlegen, ob sich ein Versand seiner unangeforderten Werbung in Richtung Schweiz noch lohnt. Und damit wäre das Ziel erreicht.
Eines möchte ich gerne noch los werden: Ein paar Oben-Ohne-Bilder machen noch keine Pornografie. Leider sind die Grenzen des Erlaubten fliessend; nicht einmal im Strafgesetz wird genau definiert, wo romantische Erotik aufhört und Pornografie anfängt. Wer sich durch Spam - egal welcher Art - belästigt fühlt, soll nicht zögern, den zuständigen Provider zu kontaktieren. Es kann aber niemandem dienen, den Rechtsweg übermässig zu strapazieren, wenn etwas nackte Haut angeboten wird.



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