Neue Prozessor-Ära
21.09.2023, 08:35 Uhr
Intel Innovation 2023: Core-Ultra-Prozessoren mit KI
Intel stellt sein Prozessorportfolio auf KI um: Auf der Technologie-Messe Innovation 2023 in San José, USA, hat Intel neue Core-Ultra-CPUs mit neuem NPU-Kern vorgestellt. PCtipp fasst zusammen.
Auf der Intel Innovation 2023 (19. bis 20. September in San José, USA) hat das Unternehmen Technologien vorgestellt, die künstliche Intelligenz (KI) in allen Bereichen integrieren und so tägliche Arbeiten beschleunigen sollen. Technologisch sollen Intels KI-Vorstellungen im Client- übers Netzwerk- bis hin ins Cloud-Segment Einzug halten. Zumindest, wenn es nach dem Willen von Intel geht. Und die Chancen dazu stehen nicht mal schlecht. Zwar muss Intel diesen Ankündigungen Taten folgen lassen, ein Starttermin für das Client-PC-Segment steht aber bereits fest. So will der Hardware-Hirsch rund «zehn Millionen neue KI-fähige Intel-PCs, noch bis 2024 ausliefern», und auch «Tools für die sichere Bereitstellung von KI im Edge-Bereich bereitstellen».
Intel-Chef Patrick Gelsinger machte auf der Innovation-2023-Keynote klar: «Es führt an KI kein Weg vorbei. KI erfordert ein breites Spektrum an Lösungen, die mit Blick auf Offenheit und Sicherheit entwickelt werden müssen, um Innovationen zu beschleunigen. Unser Portfolio an KI-fähiger Hardware und Software – von CPUs, GPUs und Beschleunigern bis zu oneAPI-Programmiermodellen, OpenVINO-Entwickler-Toolkit und Bibliotheken – kann ein gesamtes KI-Ökosystem unterstützen. Damit bietet Intel», so Gelsinger weiter, «wettbewerbsfähige, leistungsstarke, auf offenen Standards basierende Lösungen an, mit denen Kunden KI schnell und in grossem Umfang einsetzen können.»
Ab dem 14. Dezember: neue Core-Ultra-Prozessoren
Vor allem hardwareseitig und im Client-PC-Bereich hoch spannend sind eben die neuen Core-Ultra-Prozessoren, die unter dem Codenamen Meteor Lake firmieren und offiziell am 14. Dezember auf den Markt kommen sollen. Intel bezeichnet die neue CPU-Generation als der energieeffizienteste Client-Prozessor, den das Unternehmen je hergestellt hat.
In der folgenden Bildergalerie finden Sie die Highlights der Intel-Technologie-Messe «Innovation 2023»:
Core-Ultra-CPUs mit neuronaler Verarbeitungseinheit NPU
Mit den kommenden Intel-Core-Ultra-Prozessoren will Intel folglich das KI-Zeitalter für ihre Hardware einläuten. Die Prozessoren verfügen über eine integrierte neuronale Verarbeitungseinheit (NPU) für energieeffiziente KI-Beschleunigung. Laut Gelsinger stellt die Core-Ultra-Architektur einen Wendepunkt in Intels Client-Prozessor-Roadmap dar: «Es ist das erste Client-Chiplet-Design, das durch die Foveros-Packaging-Technologie ermöglicht wird». Neben der NPU kommt Intels ebenso neue Intel-4-Prozess-Technologie zum Einsatz. Die Prozessoren bieten neben der erwähnten NPU-Neuerung auch erstmals eine integrierte Intel-Arc-Grafikeinheit, um die GPU-Leistung weiter zu steigern. Zumindest manche von ihnen, da sich Intel immer auch da Hintertürchen offengelassen hat, Prozessoren auch ohne Grafikeinheit auf den Markt zu bringen.
Hier nochmals die drei wichtigen Aufgabenbereiche der NPU-Einheit:
Beschleunigung von KI-Aufgaben: Die NPU ist speziell darauf ausgelegt, KI-Berechnungen schnell und effizient durchzuführen. Das bedeutet, dass sie Aufgaben wie Bilderkennung, Sprachverarbeitung und andere KI-Anwendungen schneller bewältigen kann als herkömmliche CPU-Kerne.
Verbesserung der Gesamtleistung: Durch die Entlastung der Haupt-CPU-Kerne können diese sich auf andere Aufgaben konzentrieren, während die NPU die KI-spezifischen Aufgaben übernimmt. Dadurch wird die Gesamtleistung des Systems gesteigert, so Intel.
Höhere Energieeffizienz: Die NPU ist «schlank» gebaut und optimiert, um KI-Aufgaben mit minimaler Energieaufnahme zu bewältigen. Das bedeutet, dass sie gerade in mobilen Geräten wie Laptops und Tablets eingesetzt werden kann, ohne die Akkulaufzeit stark zu beeinträchtigen.
Nicht neu, aber besser?
Kachel- und KI-Technologie: Intels Meteor-Lake-Chips nähern sich den Prozessoren der Konkurrenten AMD und Qualcomm an, die beide ihre Recheneinheiten in eine Art Kachel-Bausteinen herstellen. Bei Intel bedeutet dies allerdings: Die CPU- und GPU-Einheit wird tatsächlich nicht mehr auf demselben Chip verbunden, vielmehr sind es eigene Siliziumstücke, die im Nachhinein zusammengefügt werden. Intel benutzt dafür erstmals den sogenannten Intel-4-Prozess (= 4 Nanometer Strukturbreite). Die Grafik ist allerdings noch auf 5 Nanometer ausgelegt, der neue SoC-Baustein (System-on-a-Chip) basiert sogar noch auf dem 6-Nanometer-Prozess von TSMC.
Im Detail: der Meteor-Lake-Prozessor
Die Silizium-Bausteine verfügen über eine eigenständig arbeitende Recheneinheit mit eigenem Effizienz-CPU-Kern, NPU-KI-Coprozessor, Medien-Engine und Speicher. Die anderen Recheneinheiten auf dem Chip beherbergen die bekannten P- (Performance) und E- (Efficiency) Kerne sowie die separate Grafik. Technologisch hat Intel mithilfe der neuen «Thread-Director»-Funktion die Kernstruktur so aufgebaut, dass die auszuführende Arbeit (also, wenn Anwender etwas mit dem PC anstellen) zuerst mit Kernen der niedrigsten Leistungsklasse bewältigt werden soll, bevor die leistungsstärkeren E- und P-Kerne zum Zuge kommen. Die Idee: Aufgaben wie die Kodierung und Dekodierung von Videos könnten so erfolgen, ohne die Grafikeinheit zu belasten, was wiederum dem geringeren Stromverbrauch respektive besserer Kühlung zugutekommt.
So, oder so: Diese disaggregierte Architektur (das heisst, das Chipdesign ist so aufgebaut, dass es Vorteile bei der Skalierung bietet, wenn etwa gezielte Anfragen an die CPU-Kerne gestellt werden) des Core Ultra soll Leistung und Stromverbrauch bei KI-gesteuerten Aufgaben effizienter kombinieren.
PCtipp-Meinung: nach «i» kommt «U»
Intel wird seine zukünftigen Prozessoren neu benennen. Aus «Core i» wird bald «Core Ultra». Das ist nachvollziehbar, bekommen die Chips von aussen betrachtet, nach einer summa summarum 15 Jahre dauernden Core-i-Dynastie, einen neuen Anstrich. Endlich! Innen drin, bei der Technologie, prescht der CPU-Platzhirsch so richtig nach vorn. Gut so, aber ebenso längst überfällig. Viel zu lange hat man sich doch auf den Lorbeeren der Core-Architektur ausgeruht: kaum echte Neuerungen, geschweige denn KI. Unterm Strich eben zu wenig.
Das Resultat: Die Konkurrenz, und zwar aus dem eigenen Land, sitzt nicht nur mehr im Nacken, sondern fährt vielmehr auf der Überholspur. Konkret: Angstgegner AMD liegt mit seiner Ryzen-Armada leistungsseitig mindestens gleichauf, oder gar, beim einen oder anderen High-End-Prozessor, punkto Preis eine gesunde Nasenlänge voraus. Für Nvidia läufts sogar noch besser, denn dank des KI-Hypes brummen die Geschäfte. Ihre Produkte, die übrigens von TSMC wie auch Samsung gefertigt werden, sind vornehmlich für den Grafikkartenmarkt und leistungshungrige KI-Anwendungen wie ChatGPT bestimmt. Von ihrem Kundenstamm, zu dem u. a. Microsoft, Oracle oder auch Alphabet (Google) zählen, kann Intel derzeit nur träumen. Zumindest, was Breite und Volumina betreffen. So liess Nvidia erst vor Kurzem verlauten, dass man «mit der Produktion schlicht nicht hinterherkommt», und man die «Produktion verdreifachen müsste, um den derzeitigen Bedarf überhaupt stillen zu können».
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: Aber Intel wäre nicht Intel ohne eine kleine, aber mitunter lebenswichtige Eigenschaft: Zähigkeit. Sie lässt den Chiphersteller trotz schlechter Ausgangslagen immer wieder auf(er)stehen. Man erinnere nur an vergangene Zeiten, anno 1999 bis 2002, in denen AMDs Turbo-CPU «Athlon» aus Sicht von Intel fast schon Angst und Schrecken verbreitete, und den Chipgiganten sogar an den Rand eines Kollapses brachte. Mit das Ruder rumgerissen hatte damals übrigens auch ein alter Bekannter: Pat Gelsinger, anno dato in der Funktion als Senior Vice President und schon damals so etwas wie ein erfahrener Hase. Nun ist Gelsinger seit 2021 in der Position als Intel-Chef und Urgestein zurückgekehrt. Man darf gerade aufgrund seines reichen Erfahrungsschatzes mehr als gespannt sein, welche weiteren Register er ziehen wird, um den (noch angeschlagenen) Patienten Intel wieder zurück auf die Pole-Position zu bringen.
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