Erfolg für Aktivisten
17.07.2020, 09:01 Uhr
Europäischer Gerichtshof löst umstrittenen «Privacy Shield» auf
Wegweisendes Urteil: Der Europäische Gerichtshof hat das umstrittene US-EU-Datenschutzabkommen «Privacy-Shield» für nichtig erklärt.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat ein entscheidendes Urteil im Bereich des Datenschutzes gefällt
(Quelle: Pixabay)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag die umstrittene Datenschutzvereinbarung «Privacy Shield» zwischen den USA und der EU aufgelöst. Diese legte bislang die Standards für den Umgang mit Daten aus Europa in den Staaten fest.
Hinter dem Urteil steht der jahrelange Rechtsstreit zwischen Max Schrems und Facebook. Der österreichische Jurist und Aktivist hatte sich bei der irischen Datenschutzbehörde darüber beschwert, dass das Unternehmen seine Daten an die Muttergesellschaft in den USA weiterschickt. Dort sind diese allerdings nicht ausreichend vor Zugriffen der US-Geheimdienste geschützt. Schrems begründet seinen Vorwurf unter anderem damit, dass Facebook in den Staaten dazu verpflichtet sei, Behörden wie der NSA oder dem FBI Zugang zu den Daten zu gewähren. Betroffene könnten sich dagegen nicht wehren. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Enthüllungen von Edward Snowden.
Der irische Gerichtshof wandte sich in der Frage, ob die Regeln mit den europäischen Datenschutzvorschriften vereinbar sind, schliesslich an den EuGH.
Anforderungen an den Datenschutz nicht gewährleistet
Die Luxemburger Richter kamen nun insgesamt zum Schluss, dass die Anforderungen an den Datenschutz in Anbetracht der Zugriffsmöglichkeiten der US-Behörden nicht gewährleistet sind. Auch der Rechtsschutz ist ihren Angaben zufolge unzureichend. In der Folge erklärten sie den «Privacy Shield» für ungültig.
Trotz dem Urteil können aber nach wie vor Daten von Europa in die USA fliessen. Denn der EuGH hat beschlossen, dass Tech-Konzerne Nutzerdaten auf Basis von sogenannten Standardvertragsklauseln weiterhin in die Staaten übertragen können. Im Prinzip sollen diese dafür garantieren, dass die Daten von EU-Bürgern auch bei einer Übermittlung ins Ausland angemessen geschützt sind. Gleichzeitig nahmen die Richter aber Datenschutzbehörden in die Pflicht, die Übertragung von Daten zu verbieten, wenn ihrer Ansicht nach die Standardvertragsklauseln im Empfängerland nicht eingehalten werden oder können.
Sieg für Aktivisten
Schrems zeigte sich am Donnerstag «sehr froh» über die Entscheidung des EuGHs und bezeichnete das Urteil als «absoluten Rückschlag» für Facebook und die irische Datenschutzbehörde. Seinen Angaben zufolge ist deshalb klar, dass die USA ihre Überwachungsgesetze ernsthaft ändern müssen, wenn US-Unternehmen auf dem europäischen Markt weiterhin eine Rolle spielen wollen. Weiter wies er darauf hin, dass «unbedingt notwendige» Datenübermittlungen trotz der Aufhebung des «Privacy Shield» nach wie vor stattfinden können. Die USA würden nun «einfach in ein den Status eines Landes ohne besonderen Zugang zu EU-Daten zurückversetzt», sagte Schrems.
Er sorgte 2015 mit einer Klage bereits dafür, dass das transnationale Safe-Harbor-Abkommen zwischen den USA und der EU gekippt wurde. Der «Privacy Shield» wurde dann als Nachfolger ausgehandelt.
Piratenpartei fordert Reaktion der Schweiz
Auch in der Schweiz zeigt man sich erfreut über das Urteil. Jorgo Ananiadis, Co-Präsident der Piratenpartei Schweiz, sagt dazu: «Endlich wird der Schutz der Digitalen Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen! Wir hoffen, dass dies endlich ein Wendepunkt in der Digitalisierung darstellt.» Allerdings befürchtet die Partei, dass bei einem Folgeabkommen «erneut nur das Etikett ausgetauscht wird». «Eine Wiederholung wie schon von Safe-Harbor zu Privacy-Shield, und damit auch dem ‹Swiss-US-Privacy-Shield›, darf es nicht geben», schreibt sie in einem Communiqué.
So fordert die Piratenpartei nun auch eine Reaktion der Schweiz, weil sie ebenfalls Teil des digitalen Binnenmarkts der EU ist. Denn in den Augen der EU werde die Schweiz nun zum «unsicheren Hafen» wenn sie nicht beim Datenschutzgesetz nachbessere und das Privacy-Shield-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA für unvereinbar mit dem Grundrecht auf digitale Unversehrtheit und Privatsphäre erkläre. «Für die Schweizer Digitalbranche wäre ein erschwerter Marktzugang zur EU eine existenzielle Katastrophe, dabei könnte gerade sie auch Lösungen mit höchsten Datenschutzansprüchen bieten», schreiben die Piraten.
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