News 09.01.2013, 08:15 Uhr

Missachten Händler neue Garantiefrist?

Eigentlich gelten seit dem neuen Jahr in der Schweiz auf alle Produkte zwei Jahre Garantie. Laut der Stiftung für Konsumentenschutz versuchen Elektronikhändler wie Fust oder Interdiscount dennoch, den Kunden die Garantie für das zweite Jahr zusätzlich in Rechnung zu stellen. (Update!)
Update, 9. Januar: Fust schrieb auf Anfrage, dass die Informationen der SKS nicht aktuell seien. Man gewähre ebenfalls auf alle Produkte zwei Jahre Garantie, so der Elektronikfachhändler, ohne auf den eigentlichen Vorwurf einzugehen.
Die neuen Garantieregelungen waren gestern auch Thema in der SRF-Konsumentenschutzsendung Kassensturz. Auch dort war die Rede davon, dass sich Fust, Interdiscount, aber auch Apple nicht an die neue Garantiefrist hielten. Der Vorwurf von Kassensturz lautet konkret, dass die Händler zwischen Garantie und Gewährleistung unterscheiden. Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist von zwei Jahren deckt nach ihrer Interpretation nur Mängel, die bereits beim Kauf des Geräts vorhanden sind. Diese Handhabe ist aber laut Kassensturz widerrechtlich, die zwei Jahre Gewährleistung gelten für sämtliche Mängel, denn nach Schweizer Recht wird nicht zwischen Gewährleistung und Garantie unterschieden.
Laut Kassensturz haben zumindest Fust und Interdiscount ihre Garantiebestimmungen aber mittlerweile geändert und halten sich jetzt an das Gesetz.
Ursprünglicher Artikel vom 8. Januar:
Seit dem 1. Januar 2013 sind in der Schweiz zwei Jahre Gewährleistungsfrist (in der Praxis gleichbedeutend mit der Garantie) für die allermeisten Produkte gesetzlich vorgeschrieben (PCtipp.ch berichtete). Die meisten Anbieter halten sich auch brav an die neuen Spielregeln, einige Händler haben sogar schon Ende 2012 auf alle Produkte zwei Jahre Garantie gewährt oder zeigen sich kulant bei Mängeln, die bei im letzten Jahr gekauften Produkten auftreten.
Doch offenbar gibt es auch Händler, die mit der neuen Garantieregelung ein fieses Spiel treiben. Wie die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) auf ihrer Homepage schreibt, versuchen beispielsweise die Elektronikhändler Fust und Interdiscount weiterhin, Kunden eine Garantieverlängerung für das zweite Jahr zu verkaufen – obwohl der Kunde darauf sowieso Anrecht hat.
Eine Stellungnahme von Fust zu diesen Vorwürfen steht noch aus, bei Interdiscount war für eine Antwort niemand erreichbar. Die SKS ruft auf ihrer Homepage dazu auf, Anbieter, die sich weiterhin an eigentlich überflüssigen Garantieverlängerungen bereichern wollen, zu melden.
Merkblatt zu den neuen Garantiefristen
Die SKS hat aus aktuellem Anlass zudem in einem Merkblatt (PDF) festgehalten, auf was man beim Neukauf von Produkten hinsichtlich der neuen Garantieregelung achten soll. Nebst den erwähnten Garantieverlängerungen weist die SKS etwa auch darauf hin, dass offensichtliche Mängel am Produkt auch weiterhin umgehend gemeldet werden müssen, trotz neu zwei Jahren Garantie. Lediglich bei sogenannten versteckten Mängeln, die sich erst nach einer bestimmten Zeit bemerkbar machen, kommt die verlängerte Garantiefrist zum Zug.



Kommentare
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Pagnol
08.01.2013
Nun, das Problem liegt wohl in der Definition des Mangels. Der Verkäufer wird natürlich argumentieren, dass ein Gerät, das im Moment des Verkaufes 100% funktioniert, mängelfrei übergeben wurde. Dem ist aber natürlich nicht so. Beispiel: Bei meinem Multifunktionsdrucker brach nach wenigen Wochen ein Scharnier des Scanner-Deckels. Natürlich hatte das Gerät den "Mangel" eines gebrochenen Scharnieres am Tage des Kaufes noch nicht. Aber das ist auch nicht der zu beanstandende Mangel! Der eigentliche Mangel ist vielmehr die Tatsache, dass das Scharnier so schwach konstruiert wurde, dass es 20x Öffnen nicht überlebt. Diesen Unterschied einem einfachen Angestellten klar zu machen, ist nicht ganz einfach. Aber die höfliche und bestimmte Nachfrage nach dem Geschäftsführer hilft oft weiter. Eigentlich schade, dass man sein Recht heute fast immer erkämpfen muss. Ich habe auch schon mal an einem Samstag Nachmittag ein OR in Buchform auf den Tresen geknallt. Toller Effekt ...

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Xpert
08.01.2013
Siehe Kassensturz von heute zum Thema

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gucky62
08.01.2013
Hab mal Interessehalber bei Apple CH nachgeschaut. Die ignorieren die neue Bestimmung ganz extrem. Garantie nur 1 Jahr und fertig. Mehr gibt es nur mit Ihrer Garantieverlängerung.... Sie wälzen das Ganze dann jedoch auf den Verkäufer ab. Nur im Online-Shop sind sie der Verkäufer... Da Apple dies schon seit längerem in der EU ähnlich versucht wird das noch Interessant. Im OR wird zwar von Gewährleistung gerochen, aber in CH ist dies Identisch mit der Garantie, im Gegensatz zur EU. Der Begriff Garantie ist im OR so gar nicht enthalten. Wird Zeit, dass Apple hier mal die neuen Tatsachen klar gemacht werden. Der Privatkunde wird mangels Streitwerk kaum vor Gericht gehen. Es ist schon Interessant, wie Apple die neuen gesetzlichen Grundlagen umgehen will. Die Tabelle auf dem Apple Onlineshop ist unterhaltsam:rolleyes:. Da stellt sich die Frage wieso? Ist die Qualität der Apple Produkte so schlecht, oder was muss der Kunde von solchen Manövern halten? Gerade ein Anbieter der so viel auf Design udn Ruf hält macht sich in Sachen Garantie schon fast lächerlich.:( Aber ich hatte eigentlich nichts anderes erwartet. Gruss Daniel Wieso wird im PCTipp Artikel eigentlich nur Interdiscount und Fust genannt und Apple verschwiegen?

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acaillet
09.01.2013
Auch digitec versucht sich hier aus der Verantwortung zu ziehen. Was ist der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung? Die gesetzliche Gewährleistungsfrist auf Mängel, die beim Kauf bestanden, liegt neu gem. OR 210 ab 1.1.2013 bei zwei Jahren. Gem. OR 192ff haftet der Verkäufer für Mängel zum Zeitpunkt des Verkaufs (des sog. Gefahrenübergangs). Der Käufer muss die Ware prüfen und den Mangel sofort nach Entdeckung beim Verkäufer rügen. Es ist Sache des Konsumenten zu beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf bestand. Garantie ist eine vertragliche und freiwillige Vereinbarung. Sie kann ein, zwei oder mehr Jahre betragen. In der Garantiezeit muss der Kunde lediglich beweisen, dass das Gerät während der vereinbarten Frist nicht richtig funktioniert und dies nicht auf ihn zurückzuführen ist. Beim Zubehör kann die Garantiezeit auch weniger als ein Jahr betragen: Akkus, Headsets, etc. können auch nur 3-6 Monate Garantie aufweisen, das ist jeweils vom Hersteller abhängig. Beispiel: Der Hersteller gibt eine Garantie für 12 Monate vor. Während dieser 12 Monate ist der Kunde davon befreit zu beweisen, dass das Produkt bereits beim Kauf mangelhaft war. Nach Ende dieser 12 Monate gilt bis zum Ablauf von 24 Monaten aber trotzdem immer noch die Gewährleistungsfrist. Der Kunde muss dann gegenüber dem Hersteller bzw. dem Service Center des Herstellers beweisen, dass der Mangel von Beginn weg bestand. Am 1. Januar 2013 tritt die zweijährige Gewährleistungsfrist für neue Waren in Kraft. Was ändert sich damit für die Kunden? digitec bietet ab 1.1.2013 zwei Jahre Gewährleistung auf sämtliche Produkte des gesamten Sortiments an, welche seit dem 1.1.2012 gekauft worden sind. Dadurch verdoppelt sich die Gewährleistungsfrist gegenüber der ehemaligen Gesetzgebung. Dies hat jedoch nichts mit den Garantieleistungen zu tun. Dort geben wir den Kunden die Herstellergarantie (Dauer und Leistungen) weiter. Da wir bereits heute bei den meisten Artikeln zwei oder mehr Jahre Garantie anbieten, betrifft es nur einen kleinen Teil unserer Produkte, wo die Kunden ab 1.1.2013 nur ein Jahr Garantie haben werden.

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Pagnol
09.01.2013
Der Käufer muss die Ware prüfen und den Mangel sofort nach Entdeckung beim Verkäufer rügen. Es ist Sache des Konsumenten zu beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf bestand. Und wofür soll die Gewährleistung denn gut sein? Alle Geräte, die ich bis jetzt gekaft habe, haben im Moment des "Gefahrenübergangs" noch funktioniert. Ein Defekt tritt typischerweise später auf (z.B. Elektronikdefekt). Ein Beweisversuch bezüglich Kaufdatum ist da ziemich sinnlos. Also was bitte soll nun die Gewährleistung abdecken?

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skyzem
09.01.2013
Auch digitec versucht sich hier aus der Verantwortung zu ziehen. [...] Am 1. Januar 2013 tritt die zweijährige Gewährleistungsfrist für neue Waren in Kraft. Was ändert sich damit für die Kunden? digitec bietet ab 1.1.2013 zwei Jahre Gewährleistung auf sämtliche Produkte des gesamten Sortiments an, welche seit dem 1.1.2012 gekauft worden sind. Dadurch verdoppelt sich die Gewährleistungsfrist gegenüber der ehemaligen Gesetzgebung. Dies hat jedoch nichts mit den Garantieleistungen zu tun. Dort geben wir den Kunden die Herstellergarantie (Dauer und Leistungen) weiter. Da wir bereits heute bei den meisten Artikeln zwei oder mehr Jahre Garantie anbieten, betrifft es nur einen kleinen Teil unserer Produkte, wo die Kunden ab 1.1.2013 nur ein Jahr Garantie haben werden. Soso,... erst anprangern und irgendwelche Sachen "erklären" und dann wird von "wir" und "usere" gesprochen Es erscheint mir, dass hier Lobbyismus betrieben wird. Dass die Gewährleistung neu nur noch beim Kauf (sofort) geltend gemacht werden kann halte ich schlichtweg für eine Lüge - also wieder Lobbyismus. Ausserdem trennst du erst die zwei Begriffe Garantie und Gewährleistung, danach jedoch mischst du diese wieder munter durcheinander... So bitte nicht! Edit: Siehe weiter unten! :-)

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Gaby Salvisberg
09.01.2013
Hallo skyzem Soso,... erst anprangern und irgendwelche Sachen "erklären" und dann wird von "wir" und "usere" gesprochen Es erscheint mir, dass hier Lobbyismus betrieben wird. Ich denke, in diesem Fall hat acaillet bloss vergessen, die Quelle anzugeben, von der er den einen Absatz kopiert hat: https://www.digitec.ch/SiteContentGet.aspx?ContentNr=1891 Herzliche Grüsse Gaby

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skyzem
09.01.2013
Jäso. Dann entschuldige ich mich für meine Aussagen und nehme sie zurück! Danke der Nachforschung Grüessli

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acaillet
09.01.2013
Hallo skyzem Ich denke, in diesem Fall hat acaillet bloss vergessen, die Quelle anzugeben, von der er den einen Absatz kopiert hat: https://www.digitec.ch/SiteContentGet.aspx?ContentNr=1891 Herzliche Grüsse Gaby Sorry, war mein Fehler und ist mir untergegangen, den Link mit anzugegben. @Gaby, danke für die Ergänzung und das löschen des Feuers, welches sich hier langsam begonnen hat auszulösen. Gruss acaillet

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Pagnol
09.01.2013
Ich möchte nochmal auf folgenden Punkt eingehen: Zitat Digitec zum Thema Gewährleistung: Der Käufer muss die Ware prüfen und den Mangel sofort nach Entdeckung beim Verkäufer rügen. Es ist Sache des Konsumenten zu beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf bestand. Dann werfen wir doch gleich mal einen Blick ins OR. Der Bergiff "Beweis" kommt im Zusammenhang mit der Gewährleistung und der damit verbundenen Mängelrüge nur in einem einzigen Artikel vor: Art. 204 1 Wenn die von einem anderen Orte übersandte Sache beanstandet wird und der Verkäufer an dem Empfangsorte keinen Stellvertreter hat, so ist der Käufer verpflichtet, für deren einstweilige Aufbewahrung zu sorgen, und darf sie dem Verkäufer nicht ohne weiteres zurückschicken. 2 Er soll den Tatbestand ohne Verzug gehörig feststellen lassen, widrigenfalls ihm der Beweis obliegt, dass die behaupteten Mängel schon zur Zeit der Empfangnahme vorhanden gewesen seien. Also: Nur wenn der Käufer dem Verkäufer keine zeitnahe Möglichkeit gibt, den Schaden festzustellen, wird er in der Folge Beweispflichtig. Zu beachten ist auch Artikel 201 Art. 201 1 Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen. 2 Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar waren. 3 Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt. Auch hier steht nichts von einer grundsätzlichen Beweispflicht des Käufers. Die Aussage von Digitec ist also schlicht falsch und somit reine Angstmacherei.