News 22.03.2007, 14:00 Uhr

Die letzte Meile - was passiert jetzt?

Am 1. April tritt das neue Fernmeldegesetz und damit die Entbündelung der letzten Meile in Kraft. Allerdings müssen die Preise erst ausgehandelt werden. Es bleiben noch viele Fragen offen.
Ausgangslage
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ADSL läuft in der Schweiz über das Kupferkabel der Telefonleitungen. Diese Kabelinfrastruktur wurde zum grössten Teil zu PTT-Zeiten erbaut, also von einem Staatsbetrieb ohne Konkurrenz, mit Geldern der Steuerzahler. Konkurrierende ADSL-Provider verfügen über kein eigenes Kabelnetz, sondern mieten die Infrastruktur der Swisscom.
Das neue Fernmeldegesetz
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Von dieser Miete ausgenommen war bisher die sogenannte letzte Meile: damit ist der Kupferdraht zwischen Ortszentrale und Hausanschluss gemeint. Unabhängig, bei welchem Provider Sie ihr ADSL bezogen, bekamen Sie bisher immer auch eine Rechnung von der Swisscom für den Telefonanschluss - natürlich garniert mit Swisscom-Werbung. Damit ist nun Schluss. Mit dem neuen Fernmeldegesetz wird das Monopol der letzten Meile aufgehoben. Das bedeutet, dass auch das letzte Stück bis der Leitung in Zukunft von Drittanbietern wie Sunrise bei der Swisscom zum Selbstkostenpreis gemietet werden kann. Der Kunde zahlt dann alle Dienstleistungen inklusive Telefonanschluss beim Drittanbieter.
Nicht betroffen von dieser Regelung sind neue Investitionen der Swisscom, insbesondere die Glasfaserleitungen für das VDSL-Netz, welche zurzeit in der ganzen Schweiz verlegt werden. Auch diese Infrastruktur kann zwar von der Swisscom weitervermietet werden, dann allerdings zu Preisen, die die Swisscom ohne staatliche Regulierung bestimmt. Das neue Fernmeldegesetz garantiert aber allen Telekommunikationsfirmen die gleichen Bedingungen zum Ausbau einer eigenen Infrastruktur (Zugang zu Kabelkanalisationen).
Was passiert als nächstes?
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Am 1. April 2007 tritt das revidierte Fernmeldegesetz in Kraft. Wer nun geglaubt hat, damit sei alles geregelt, sieht sich getäuscht. Die Entbündelung der letzten Meile ist eine "Ex-Post-Regulierung": Das bedeutet, dass die ComCom (Eidgenössische Kommunikationskommission) [1] erst dann einen Preis festlegt, wenn die Swisscom sich mit den konkurrierenden Anbietern nicht einigen konnte. Wie ComCom-Präsident Marc Furrer an der heutigen Pressekonferenz erklärte, hätte er lieber eine Ex-ante-Regulierung wie in der EU gehabt, denn die Chance, dass es zu einer Einigung ohne Eingriff der ComCom kommt, ist eher klein.
Die Swisscom hat letzten Dienstag bereits ein erstes Angebot gemäss den Richtlinien des Bundesrates bekannt gegeben [2]. Die Kosten haben sich nach dem Berechnungsmodell LRIC (Long Run Incremental Coasts) zu richten. Bei dieser Methode wird berechnet, wieviel die Infrastruktur kosten würde, wenn man sie heute bauen müsste. Dafür dürfen auch keine Altlasten verrechnet werden. Wenn es nach der Swisscom ginge, sollen Drittanbieter 31 Franken für den Teilnehmeranschluss bezahlen. Zum Vergleich: der europäische Durchschnitt für einen Teilnehmeranschluss liegt bei etwa 17.50 Franken. Die Swisscom begründet den gewichtigen Tarif mit überdurchschnittlichen Baukosten in der Schweiz, was wiederum mit generell hohen Löhnen und schwierigen topografischen Verhältnissen (vor allem in den Bergen) zu tun hat. Sunrise und Tele2 halten diesen Preis für viel zu hoch. Sie werden nun mit der Swisscom noch einige Zeit feilschen. Wenn nach drei Monaten keine Einigung erzielt wird, legt die ComCom die Preise und Bedingungen endgültig fest. Danach ist noch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht möglich.
Im Interesse der Konsumenten versucht die ComCom, das Prozedere innerhalb von 7 Monaten durchzuziehen. Sollte sich die Swisscom nicht kooperativ verhalten und jede juristische Aufschiebemöglichkeit nutzen, kann es aber auch doppelt so lange dauern.
Was bedeutet das für die Kunden?
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Die Entbündelung der letzten Meile würde eigentlich die Möglichkeit beinhalten, ADSL ohne Telefonanschluss zu bekommen. Dies ist zwar theoretisch möglich - Sunrise & Co. entscheiden ja selbst, welche Dienstleistungen sie auf dem Teilnehmeranschluss anbieten. Doch die Kosten müssen sie auf die Kunden übertragen, und bei einem Einkaufspreis von 31 Franken wird ADSL kaum billiger als jetzt, selbst wenn der Telefonanschluss nicht inbegriffen ist.
Fällt der Preis noch wesentlich, sind auch günstigere Angebote denkbar. Das wird aber in jedem Fall noch mindestens ein paar Monate dauern.

Autor(in) David Lee



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