Kommentar
25.07.2003, 08:45 Uhr
Das Freitagsbit: Schöner Sonnenuntergang
Die WWKolumne
Wenn Gott das Licht dimmt, die Umgebung langsam und unaufhaltsam ins Dunkel versinkt, dann mischen sich Furcht und Ehrfurcht vor der Schöpfung. Ein Schauer überfällt den Betrachter beim Anblick der am Horizont versinkenden Sonne und ihrer Strahlen, die mit letzter Kraft den Himmel berühren. Jeden Abend ein kleiner Weltentod. Die Sonne, das Weltenbetriebssystem, stürzt nie ab und fährt jeden Morgen wieder neu hoch.
Was man vom Mailserver-System von sunrise nicht behaupten kann. Nicht mehr. Aufgeregt diskutieren die Anwender in mehreren Newsgroups, was technisch abgelaufen ist, warum kein Backup der Maildateien vorhanden war. Laut einem Bericht der NZZ war es vorhanden, versagte aber beim Wiederaufstarten des Systems. Und schon war die Sonne abgestürzt.
Der Schaden für die zweitgrösste Telekom- und Internetanbieterin der Schweiz ist enorm. "So etwas wünscht man keinem Mitbewerber", schreibt der Mitarbeiter eines Internet-Providers in einem Forum. Das Image ist arg ramponiert, die Kunden werden entschädigt. Das ganze Mailsystem wieder herzurichten, kostet Zeit und Geld. Schadenfreude ist fehl am Platz. Denn es kann jeden treffen.
Die Mailserver-Panne bei sunrise zeigt auf, wie sehr wir der IT ein Gottvertrauen entgegenbringen - der Rechner startet am nächsten Morgen bestimmt wieder. Wir haben uns an sie gewöhnt. Und auch daran, dass sie billig bis gratis angeboten wird. Wie die Sonne: Deren Energie kostet ja auch nichts. Absolut sichere IT-Systeme kosten aber viel Geld, das die Firmen nur ausgeben, wenn die Chance gross ist, dass die Anwenderinnen und Anwender dafür bezahlen werden. Das nennt sich freie Marktwirtschaft.
Die Sonne hat keine Konkurrentinnen. Die Sonne ist die Sonne. Bis jemand den Stecker zieht. Oder der Sonnenserver crasht und der Grosse Administrator ins Schwitzen gerät.
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