Kommentar
24.04.2015, 08:35 Uhr
Bei Salt ist vor allem der Name neu. Das reicht nicht.
Um Swisscom und Sunrise Marktanteile im Mobilgeschäft abzuknöpfen, braucht Salt mehr Innovationen, als gestern vorgestellt wurden.
Man war nervös bei Sunrise und Swisscom im Vorfeld der grossen Launch-Party von Orange. Mitarbeiter fragten mich an, ob es denn einen Stream der Veranstaltung geben würde. Man sei nämlich nicht eingeladen worden. Das stimmte allerdings nur bedingt: Die CEOs erhielten durchaus eine Einladung, nahmen diese aber nicht wahr.
Das passte eigentlich ganz gut, denn der gestrige Abend in der Zürcher Maag Halle sollte voll und ganz Orange gehören. Endlich einmal wollte die Firma aus Renens/VD wieder in positivem Licht erstrahlen. Denn in den letzten Monaten, vielleicht Jahren, musste man des Öfteren Kritik einstecken und ist mit noch 18 Prozent Marktanteil im Mobilfunkbereich relativ deutlich hinter Sunrise (27 Prozent) zurückgefallen. Entsprechend viel Hoffnung setzte Orange in den gestrigen Abend: Praktisch die gesamte Belegschaft machte die Reise nach Zürich mit, insgesamt waren rund 1200 Gäste anwesend. Aber ist der neue Auftritt auch gelungen? Ich denke: Nein.
Das soll nicht heissen, dass der Event ein Flop war. Oder dass die neuen Angebote und Dienstleistungen - welche wir in diesem Artikel beschreiben - nichts taugen. Sondern dass es (noch) nicht genügt, um den ziemlich starren Telko-Markt in Bewegung zu versetzen.
Da hilft es auch wenig, dass in der gesamten Maag Halle applaudiert wurde, als CEO Johan Andsjö den Namen „Salt“ enthüllte. Denn das wäre auch geschehen, wenn sich die Firma Pizza oder Spaghetti getauft hätte. Das ist übrigens nicht nur als Scherz gemeint, diese Namen waren tatsächlich in der Auswahl, die irgendwann 737 Begriffe umfasste. Doch bei beiden war die Domain bereits vergeben, wie uns Andsjö im Hintergrundgespräch erzählte.
Wenig Neues
Nun also Salt. Für die Werte persönlich, einfach, erfrischend und ehrlich soll der neue Name stehen. Das Marketingerede muss sich aber in der Praxis zuerst noch beweisen. Einen Schönheitsfehler gibt es bereits: Andsjö betonte mehrfach, nach der endgültigen Abkopplung von der französischen Orange nun voll auf Swissness setzen zu wollen. Ein englischer Name passt da dann aber wirklich nicht ins Konzept. Aber all dies wird letztendlich nicht ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg von Salt sein. Entscheidender ist die Produkt- und Preisstrategie.
Salt wird keine Tiefpreisstrategie verfolgen. Das Ziel soll laut CEO Johan Andsjö sein, sich noch mehr als bisher auf den Mobile-Bereich zu fokussieren und diesen besser zu beherrschen als die Konkurrenz. Das ist aber schwierig, denn wie will man sich abgrenzen, wenn nicht über den Preis? Die Produkte sind sich schlussendlich sehr ähnlich. Mal lanciert Salt etwas zuerst, mal Sunrise und mal Swisscom. Die Netzabdeckung ist bei allen Anbietern sehr gut, auch im Service-Bereich gibt es nur beschränkt Potenzial. Da kann man höchstens zur Konkurrenz aufschliessen. Es wirkt also ganz so, als ob Salt sich mit Rang drei im Markt abgefunden hat. Wäre da nicht der neue Besitzer, Xavier Niel. Der ist nicht dafür bekannt, sich mit dem letzten Platz zufrieden zu geben. In Frankreich hat er seine Firma Free Mobile innert drei Jahren mittels Dumpingstrategie von 2 zu 9 Millionen Kunden geführt und die etablierte Konkurrent gezwungen, ihre Preise stark anzupassen. Auch wenn in der Schweiz nicht die gleiche Strategie gefahren wird, will Niel mit Sicherheit Sunrise abfangen. Und Swisscom etwas ärgern. Leider wurde gestern Abend überhaupt nicht klar, wie Niel das anstellen will. Er war nicht einmal vor Ort. Ob das aus Respekt vor der Arbeit des bisherigen Teams geschah oder weil er Wichtigeres zu tun hatte, ist nicht klar. Fakt ist, dass konkrete Fragen zur Strategie oder zu weiteren als den am Event vorgestellten Massnahmen freundlich, aber bestimmt, abgeblockt wurden.
Die gestern vorgestellten Neuerungen sind noch Ideen des alteingesessenen Orange-Teams, das daran über ein Jahr gearbeitet hat. Und die allesamt auch nach dem dritten Bier mit den Resultaten und der Veranstaltung vollkommen zufrieden waren. Kritisch betrachtet stechen aber nur das 6-Wochen-Rückgaberecht und Wifi-Calling positiv heraus. Die Pakete hatte Orange schon zuvor, nun haben sie einfach neues Zubehör erhalten. Und ob es wirklich Menschen gibt, die knapp 1000 Franken auf den Tisch legen wollen, um ein Abo zu kaufen, muss sich zeigen.
Wenn Orange grössere Marktgewinne erzielen will, muss noch einiges mehr kommen. Xavier Niel soll von Salt angetan sein, wurde stolz erzählt. Allerdings wird er sicher auch eigene Ideen haben, die er umgesetzt wissen will. Es sollten sehr viele gute dabei sein, wenn er die Konkurrenz tatsächlich noch nervös machen will.
Autor(in)
Fabian
Vogt
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