Umstrittene Datensammelpraxis 26.03.2021, 07:15 Uhr

Hängepartie: Gericht setzt Verfahren um Facebook-Datensammlung aus

Über die Rechtmässigkeit einer Entscheidung des Bundeskartellamts, die die Datensammelmöglichkeiten von Facebook stark beschränkte, darf nicht ohne Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) entschieden werden.
(Quelle: shutterstock.com/Ink Drop)
Die Verbraucher in Deutschland werden wohl noch eine geraume Zeit auf die Klärung der Frage warten müssen, ob die umstrittene Datensammelpraxis von Facebook rechtmässig ist. Denn der 1. Kartellsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts entschied am Mittwoch, dass über die Rechtmässigkeit einer Entscheidung des Bundeskartellamts, die die Datensammelmöglichkeiten des sozialen Netzwerks stark beschränkte, nicht ohne Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) entschieden werden könne. Nur die Luxemburger Richter seien zur Auslegung des europäischen Rechts berufen.
Der Senat setze das Düsseldorfer Verfahren deshalb aus und legte dem EuGH eine Reihe von Fragen vor. Unter anderem sollen die Luxemburger Richter feststellen, ob es zulässig ist, dass eine nationale Kartellbehörde Verstösse gegen die Datenschutz-Grundverordnung feststellt und dagegen Massnahmen erlässt. Ausserdem soll der Gerichtshof klären, was in diesem Zusammenhang sensible Daten sind.
Bereits zu Beginn des Verhandlungstages hatte der Düsseldorfer Senat signalisiert, dass der Erlass des Kartellamtes in seinen Augen teilweise rechtswidrig ist. Der Vorsitzende Richter Jürgen Kühnen sagte, die Wettbewerbshüter stützen sich in ihrem Beschluss zu sehr auf das deutsche Recht und vernachlässigten das EU-Recht. Ausserdem sei es durchaus möglich, dass Facebook ein berechtigtes Interesse an einem erheblichen Teil der verarbeiteten Daten habe.
Das Kartellamt hatte 2019 juristisches Neuland betreten und Facebook untersagt, Nutzerdaten seiner Dienste wie Instagram und Whatsapp oder von Websites anderer Anbieter ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Nutzer mit deren Facebook-Konten zu verknüpfen.
«Es ist so eine Art interne Entflechtung der Datenverarbeitung bei Facebook», beschrieb Kartellamtspräsident Andreas Mundt damals die Pläne der Wettbewerbshüter. Der Verbraucher könne in Zukunft verhindern, dass Facebook seine Daten ohne Beschränkung sammele und verwerte. Und Facebook dürfe ihn nicht von seinen Diensten ausschliessen, wenn er dies tue. Allerdings musste Facebook die Auflagen noch nicht umsetzen.
Der US-Konzern wies die Vorwürfe der Wettbewerbshüter zurück: Facebook sei zwar populär. Doch von einer Marktbeherrschung könne keine Rede sein. Denn das Unternehmen konkurriere mit vielen anderen Angeboten wie Youtube, Snapchat oder Twitter um die Aufmerksamkeit und die Zeit der Nutzer.

Vehementer Widerspruch

Vehement widerspricht Facebook auch der These, der Konzern habe seine Marktstellung missbraucht. Die Geschäftsbedingungen und die Methode der Datenverarbeitung entsprächen der gängigen Praxis auch bei Facebook-Wettbewerbern. Die Transparenz bei der Datenverarbeitung gegenüber den Facebook-Nutzern und auch die Möglichkeiten, bestimmte Datenverwertungen einzuschränken, hätten im Laufe der Zeit zugenommen, nicht abgenommen. Das Unternehmen legte deshalb beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen den Kartellamtserlass ein.
Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte der Streit zwischen dem Kartellamt und Facebook die Justiz intensiv beschäftigt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte bereits Mitte 2019 in einem Eilverfahren auf Antrag von Facebook Vollzug der Anordnungen ausgesetzt, da es grosse Zweifel an der Argumentation der Wettbewerbshüter hatte. Doch hob der Bundesgerichtshof diese Entscheidung Mitte vergangenen Jahres wieder auf.
Der Vorsitzende Richter des Kartellsenats beim BGH, Peter Meier-Beck, sagte damals, es bestünden weder ernsthafte Zweifel an der marktbeherrschenden Stellung von Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke, noch daran, «dass Facebook diese marktbeherrschende Stellung mit den vom Kartellamt untersagten Nutzungsbedingungen missbräuchlich ausnutzt». Doch machte der Düsseldorfer Senat am Mittwoch deutlich, dass er sich weder an die faktischen, noch an die rechtlichen Vorgaben der BGH-Entscheidung gebunden fühlt.



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