News 25.04.2014, 09:40 Uhr

Filesharing: Werden Abmahnungen wieder möglich?

Urheberrechtsschützer der Musikbranche konnten am Obergericht Zürich eine Fortsetzung eines Musterstrafverfahrens erwirken.
Urheberrechtsschützer der IFPI Schweiz, der Musik- und Tonträgerindustrie, wollen ein Musterstrafverfahren fortsetzen, berichtet Rechtsanwalt Martin Steiger. Beim inhaltlichen Sachverhalt ging es um die Filesharing-Plattform Gnutella, bei welcher etwa 1482 urheberrechtlich geschützte Musikdateien zum Download hochgeladen wurden. Die Staatsanwaltschaft stellte aber im März 2013 die Untersuchung ein, weil die US-Firma MarkMonitor fragliche IP-Adressen ermittelt habe.

Das Logistep-Urteil

Mit dem Logistep-Urteil vom 8. September 2013 setzte das Bundesgericht der Ermittlung von IP-Adressen datenschutzrechtliche Grenzen. Die Firma Logistep AG aus Baar sammelte damals gewerbsmässig IP-Adressen und verkaufte sie an die Rechteinhaber. Die Konsequenzen des Bundesgerichtsentscheids sorgen häufig für Gesprächsstoff in den bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und den USA. Strafverfahren wegen Ermittlung von IP-Adressen wurden seither in vielen Fällen mit Verweis auf das Logistep-Urteil als nichtig erklärt.

Kein Datenschutz, daher Beweisverwertung

Nun konnte die IFPI Schweiz eine Fortsetzung dieses Musterstrafverfahrens erwirken. Die Beschwerdeführer der IFPI sind nicht der Ansicht, dass das Datenschutzgesetz verletzt wurde, weil es sich bei IP-Adressen, insbesondere bei dynamischen, nicht um personenbezogene Daten handle. Selbst wenn der Datenschutz verletzt wurden wäre, «überwögen nach Ansicht der Beschwerdeführer die privaten und öffentlichen Interessen an der Strafverfolgung die Interessen am Schutz der Persönlichkeitsrechte», steht in den Erwägungen des Gerichtsbeschluss vom Obergericht des Kantons Zürich (PDF).

Kein Bewertungsverbot für rechtswidrige Beweise

Grund der Fortsetzungsgeschichte ist das Fehlen einer absoluten Beweisverwertung, obwohl die Ermittlung der IPs nach Schweizer Datenschutzrichtlinien eindeutig illegal war. Die Schweiz kennt, wie der Rechtsanwalt, zusammenfasst, kein absolutes Bewertungsverbot für rechtswidrig erlangte Beweise. Das Strafverfahren könnte demnach nur eingestellt werden, wenn eine «Unverwertbarkeit der Beweise» offensichtlich ist. Beruft sich nun der Beschuldigte auf ein Beweisvertungsverbot, muss das Strafgericht neu darüber entschieden.
Von der amerikanischen Unterhaltungsindustrie, der IIPA, ist bereits bekannt, dass diese ein neues Bundesgerichtsurteil für die Schweiz anstreben will.

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
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swissmac
25.04.2014
Korrekt «überwögen nach Ansicht der Beschwerdeführer die privaten und öffentlichen Interessen an der Strafverfolgung die Interessen am Schutz der Persönlichkeitsrechte» So ein quatsch. Das gilt vielleicht bei Gewalt (Leib und Leben etc.) aber doch nicht bei Unterhaltungsmedien. Absolut korrekt ... und das paradoxe daran ist, dass ausgerechnet in der Schweiz selbst bei Gewaltverbrechen der Persönlichkeitsschutz der Täter sehr hoch gewertet wird. Opfer bzw. weitere potentielle Opfer werden kaum richtig informiert und schon gar nicht geschützt. Quintessenz dieser Machtdemonstrationen der Urheberrechtsverwerter bei mir: ich kaufe mir als Protest gar keine Ton-/Bildträger mehr. Allerhöchstens kommt mir eine Flatrate (z.B Netflix) ins Haus. Den Rest gibt's halt am Radio bzw. TV und auf Youtube ...