News 22.06.2011, 12:37 Uhr

Weshalb ist Daten-Roaming so teuer?

Swisscom hat neue Angebote fürs mobile Surfen im Ausland lanciert. Die Daten-Roaming-Tarife des Schweizer Telekomriesen und der anderen helvetischen Anbieter sind aber noch immer wesentlich teurer als im benachbarten EU-Ausland. PCtipp hat nachgefragt, warum das so ist.
Pünktlich zum Ferienbeginn bringt Swisscom per Anfang Juli neue Daten-Roaming-Pakete auf den Markt. Für eine Tagespauschale von 24 Franken erhalten Nutzer dabei 50 MB Datenvolumen. 200 MB gibts für 74 Franken pro Monat. Den meisten Kunden bringen diese Optionen aber keinerlei Vorteile, meint Comparis.ch. Von diesen Tarifen würden lediglich Vielnutzer profitieren. «Der durchschnittliche Konsument bleibt auf der Strecke», so der helvetische Onlinevergleichsdienst.
Es dürfte tatsächlich schwierig werden, an einem einzigen Ferientag 50 MB an Daten aufzubrauchen. Schliesslich ruft der Otto-Normal-Verbraucher auf Reisen höchstens gelegentlich seine E-Mails ab, lädt vielleicht ein Ferienfoto bei Facebook hoch oder ermittelt via Smartphone, wo sich das nächste Restaurant befindet. Mit solch einem User-Verhalten die 50 MB an einem Tag auszuschöpfen, mutet also unrealistisch an.
Optionen für Notebook-Nutzer
Swisscom hat mit dem neuen Angebot aber auch gar nicht die Smartphone-Anwender im Visier. Wie Mediensprecher Olaf Schulze gegenüber Computerworld erklärt, adressiert der Schweizer Marktführer mit den neuen Optionen Notebook- und keine Smartphone-Anwender. Für Letztere hätte man erst Ende Dezember 2010 die Roaming-Tarife gesenkt. In der Tat zahlen Swisscom-Kunden im europäischen Ausland seit Ende 2010 neu 7 Franken für ein Paket von 5 MB, das 24 Stunden gültig ist.
Datenroaming kostet immer noch sehr viel. Am besten geniesst man daher die Ferien und verzichtet auf den intensiven Gebrauch von Smartphone und Co.
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50 MB für 6 Franken

50 MB für 6 Franken
Fakt ist, dass die Roaming-Tarife im internationalen Vergleich nach wie vor sehr hoch sind. Der deutsche Telko E-Plus hat beispielsweise per Juni ein Wochenpaket fürs Daten-Roaming im EU-Ausland eingeführt. Dieses Angebot belastet das Portemonnaie gerade einmal mit 4.99 Euro (bei ebenfalls 50 MB Datenvolumen). Orange Österreich hat ein vergleichbares Angebot, das 5 Euro kostet und 50 MB Daten in allen EU-Netzen beinhaltet. Um das Datenkontingent auszuschöpfen, haben die österreichischen Nutzer sogar einen vollen Monat Zeit. Jedes zusätzliche MB belastet den Geldbeutel mit 1 Euro. Bei den 250-MB- und 1-GB-Datenroaming-Paketen kostet jedes weitere MB sogar nur 30 Eurocent.
Die Daten-Roaming-Angebote im benachbarten EU-Ausland sind also massiv günstiger als beispielsweise jene der Swisscom. Beim derzeitigen Umrechnungskurs schlagen die Internetpakete von E-Plus und Orange Österreich mit gerade einmal 6 Franken zu Buche. Damit sind sie sage und schreibe viermal günstiger als das vergleichbare 50-MB-Angebot von Swisscom. Aber wo liegt der Grund für diesen immensen Unterschied?
Schwache Verhandlungsposition?
Ralf Beyeler, Telekomspezialist bei Comparis.ch, ist der Ansicht, dass die europäischen Anbieter beim Datenroaming Einkaufspreise bezahlen, die niedriger als die EU-Obergrenze sind
Wie Swisscom-Sprecher Schulze erläutert, können die EU-Telkos innerhalb der Europäischen Union auf regulierte Einkaufstarife zurückgreifen. Als Schweizer Provider profitiere man von diesen festgelegten Tarifen nicht automatisch, sondern müsse mit jedem einzelnen Anbieter verhandeln, so Schulze.
Diese Argumentation zur Preisgestaltung hält Ralf Beyeler, Telekom-Experte bei Comparis.ch, jedoch für wenig glaubwürdig. «Man kann davon ausgehen, dass die europäischen Provider beim Datenroaming Einkaufstarife bezahlen, die unter der EU-Obergrenze liegen», erklärt Beyeler im Gespräch mit Computerworld. Die Obergrenze in der Europäischen Union beträgt derzeit 80 Eurocent pro Megabyte. Die EU-Provider verhandeln also auch.
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Schiefe Optik

Schiefe Optik
Tatsächlich entsteht eine äusserst schiefe Optik, wenn man sich die festgelegten Kostenobergrenzen im EU-Raum ansieht. So dürfen sich die Provider innerhalb der Europäischen Union seit Anfang Juli vergangenen Jahres maximal 80 Eurocent pro MB Daten verrechnen. Real werden von den EU-Telkos aber etwa 50 MB für rund 5 Euro angeboten. Das sind 10 Cent je Megabyte. Es ist schwer vorstellbar, dass Provider wie E-Plus oder Orange Österreich ihre Daten-Roaming-Tarife weit unter dem Einkaufspreis anbieten. Timo Tesch, Mediensprecher bei Orange Österreich, meint dazu: «Das Angebot ist knapp kalkuliert, wir gehen an die Grenze.» Bestimmte Pakete würden mitunter auch quersubventioniert, solange man mit dem jeweiligen Kunden am Ende des Monats Geld verdiene. «Gleichzeitig basieren die Tarife auf harten Verhandlungen», so Tesch.
Klar ist: Selbst bei einer etwaigen Quersubventionierung liegen die EU-Obergrenzen vermutlich über den realen Einkaufstarifen von Anbietern wie Orange Österreich oder auch E-Plus. Andernfalls müssten ja die Datenroaming-Angebote in einem exorbitant hohen Mass subventioniert werden, was mit den wirtschaftlichen Realitäten wohl kaum übereinstimmen dürfte.
Swisscom muss sich am Verhandlungstisch also mehr als ungeschickt anstellen, wenn die Datenroaming-Tarife des Schweizer Telekom-Platzhirschen so viel höher ausfallen als jene der EU-Anbieter. Denn die regulierten Obergrenzen sind für die teuren Preise offensichtlich nicht verantwortlich.



Kommentare
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marcelswiss
22.06.2011
Roamingfiasko WOW 50 MB 50 MB pro Tag ist nichts. Einmal das Wetter aktualisieren. 20 Min sync und schon sind 10 MB dahin. Wie nutzt ihr den das Netz. Das dies so Teuer ist kann ich mir nur so erklären, dass damit die Schweizer Billigangebote subventioniert werden. Die Kosten Situation ist Absolut frech und fern von jedem Fairen Angebot. 1 GB in der Schweiz CHF 40.-- im Ausland kostet ein GB CHF 540.00 lernt mal Fairness und Anstand. Bis dahin bleibt das Roaming bei mir aus (=0 Profit). Das kann ich und wahrscheinlich 90 Prozent der anderen Kunden gar nicht leisten.

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rako67
23.06.2011
Und Tschüss... Da gibt es nur eins: Boykott. Das Mittel dazu (z.B.): http://www.prepaid-global.de

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olijacobi
23.06.2011
50 MB pro Tag ist nichts. Einmal das Wetter aktualisieren. 20 Min sync und schon sind 10 MB dahin. Hmmm, ich synce mein Handy 24h/7d die Woche mit Mail und Wetter, da verbrauche ich rein für das keine 10MB... Wohl ein anderes Handy-OS ;-)

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gads
23.06.2011
20min @olijacobi Die 20min hat ein enorm hohes Datenvolumen. 1mal auf die Orginalseite = ca. 5MB oder sowas.

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dzs
24.06.2011
Mit solch einem User-Verhalten die 50 MB an einem Tag auszuschöpfen, mutet also unrealistisch an." In meinen letzten Ferien habe ich mir öfter den Tagi als pdf heruntergeladen, dann noch ein paar Wetterkarten und vielleicht das "Echo der Zeit"...: Schon ist es so weit. Ich konnte mich dort am Gratis-WLAN unseres Lieblingsrestaurants aufdatieren. Als Alternative hätte es am Ort noch ein W-LAN für pauschal 30€ pro Monat gegeben. Roaming Angebote, wo man einen Haufen Geld für ein einzelnes MB zahlen soll, halte ich für Abzocke. So etwas boykottiere ich, wenn immmer möglich. Es grenzt IMHO an Wahnsinn: Ich hole Daten aus der ganzen Welt. Wenn ich mein Netbook ein paar hundert km weit verschiebe, soll es plötzlich (n+1) mal so viel kosten??? Die spinnen, die Provider!

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X5-599
24.06.2011
@olijacobi Die 20min hat ein enorm hohes Datenvolumen. 1mal auf die Orginalseite = ca. 5MB oder sowas. Ich nutze die 20min App für das Android Phone. Aber an diese Datenmenge komme ich nie im Leben. Es sei denn du gehst wirklich über deren Webseite, aber auch dann glaube ich nicht so recht an diese Datenmenge. @Topic Es geht noch schlimmer. Ich habe letzte Woche mein Android Tablet erhalten. Vom Android Phone war mir bekannt das nicht alles über W-LAN geht, selbst wenn W-LAN aktiviert ist. Also habe ich gleich als erstes geprüft dass die Datenleitung auch wirklich inaktiv ist. Leider hatte ich ein 12MB Download am laufen und habe versehentlich W-LAN Deaktiviert und die Datenleitung aktiviert. Mein PrePaid Guthaben von ca. Fr. 15.00 war damit gleich mal aufgebraucht und nun habe ich sogar ein Minus von Fr. 45.00 auf dem Konto. Das für gerade mal 12MB wovon ein Teil via W-LAN runtergeladen wurde. Man muss also nicht einmal ins Ausland gehen um abgezockt zu werden. Ach ja, das 250MB Datenpacket auf der Karte kostet mich Fr. 7.50. Das 1GB Datenpacket auf der anderen SIM Karte kostet mich Fr. 10.00 Na merkt wer was?

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tomz65
25.06.2011
service public Dass die Roamingpreise und generell die Mobildatenpreise so hoch sind, ist nur ein Indiz dafür, dass der Markt nicht spielt. Daran sind wir Schweizer aber selbst schuld, die wir dem Quasi-Monopolisten swisscom trotz überteuerter Preise und veralteter Technologie über Jahrzehnte die Treue hielten. Die Mitbewerber können eh kaum Kunden abwerben, nicht mal mit Tiefpreisen (s. Tele2 etc.), denn der Schweizer liebt seinen vermeintlichen "service public" über alles. Aber man muss auch das Positive sehen; wenigstens geht ein Teil des swisscom- Gewinns an die Staatskasse. abre los oyos

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hanscha
29.07.2011
Lösung für Deutschland Habe in DE für meine Ferien einen Surfstick inkl. SIM-Card für 30 Euro gekauft (O2). Als Neukunde war eine Woche unlimitiertes Gratissurfen dabei. Danach kostete 1 Minute 0.09 Euro bei einer Geschwindigkeit bis 2 Mbit/sec., oder man wählt für 3.50 Euro unbegrenztes Surfen pro Kalendertag bei bis zu 7.2 Mbit/sec (Option jeden Tag neu wählbar). Dies ist im Moment wohl die einfachere Lösung anstatt sich an den Roaminggebühren unserer Anbieter zu ärgern.