Tests
15.11.2017, 12:36 Uhr
Xbox One X: Microsofts 4K-Konsole im Test
Mit der Xbox One X veröffentlichte Microsoft letzte Woche seine erste 4K-Konsole. PCtipp analysiert Stärken und Schwächen und verrät, für wen sich der Kauf lohnt.
Unter grossem Wirbel stellte Microsoft seine neue Konsole vor. Mit der Xbox One X will Redmond nicht nur Sony das Wasser abgraben, sondern auch ein neues Spielezeitalter einläuten. Schon der Erstkontakt mit der neuen Hardware ist überaus erfreulich. Das liegt zum einen an den kompakten Abmessungen des Geräts, welches in etwa 15 Prozent weniger Platz verbraucht als Sonys Konkurrenzprodukt PS4 Pro. Zum anderen gefällt die leichte Grund-Installation. Denn kaum sind das mitgelieferte HDMI- und Stromkabel eingestöpselt, kanns auch schon losgehen. Mit einem sperrigen, externen Netzteil wie bei der allerersten Xbox One muss man sich nicht mehr herumschlagen. Das Netzteil selbst wurde wie bei der Xbox One S direkt ins Gehäuse integriert. Das wiederum hat allerdings zur Folge, dass das Gerät üppige 3,67 Kilogramm auf die Waage bringt – ca. 300 Gramm mehr als die PS4 Pro.
Beim Einschalten fallen weitere Besonderheiten auf. Eine davon ist der Ein/Aus-Knopf vorne rechts am Gerät. Analog zu dem der Xbox One S lässt sich dieser nun tatsächlich hineindrücken. Zum Vergleich: Bei der allerersten Xbox nutzte der Hersteller eine sehr gewöhnungsbedürftige Sensor-Taste.
Die zweite Besonderheit kennt man ebenfalls von der Xbox One S. Gemeint ist der Wegfall des Kinect-Anschlusses auf der Rückseite. Wer die gefloppte Sensor-Kamera trotzdem anschliessen will, um beispielsweise Titel wie das Tanzspiel «Just Dance 2017» ohne Controller oder Smartphone zu spielen, muss einen optionalen Kinect-Adapter erwerben. Seltsam: Bis vor Kurzem bot Microsoft das Zubehör noch im hauseigenen Online-Store an. Derzeit allerdings ist der ca. 40 Franken teure Adapter nicht vorrätig.
Stichwort Lieferumfang. Nebst den beiden bereits erwähnten Kabeln, einer sehr rudimentären Kurzanleitung und dem bewährten Xbox One Gamepad liegen noch ein 14-Tage-Probier-Code für den Aboservice Xbox Live Gold sowie ein 30-Tage-Probier-Code für Microsofts Spiele-Download-Service Game Pass bei. Letzterer ist vergleichbar mit einem Netflix für Spiele und gibt Nutzern Zugriff auf eine ständig wachsende Bibliothek aus älteren Games für Xbox, Xbox 360 und Xbox One, darunter zahlreiche Hochkaräter wie «Halo 5: Guardians», «BioShock Infinite», «Fable 3», «Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain» und «Ninja Garden: Black». Tipp für alle Xbox-Neueinsteiger: Die 1-monatige Game-Pass-Probemitgliedschaft lohnt sich allemal, um in kurzer Zeit viele spannende Spiele auszuprobieren. Allerdings sollte sie zunächst so eingerichtet werden, dass das Abo nicht automatisch für 9 CHF pro Monat weiterläuft.
Überzeugendes Kraftpaket
Aber genug der einleitenden Worte und direkt weiter mit dem, was am Ende des Tages wirklich zählt – die Hardware-Power. Dank einer fein aufeinander abgestimmten Kombination aus 8-Kern-CPU mit 2,3 GHz Taktfrequenz, 6 Teraflops Grafikleistung, 12 GB GDDR-5-Speicher sowie einem pfiffigen Kühlsystem erkämpft sich die Xbox One X mühelos Platz eins auf dem Performance-Olymp der derzeit erhältlichen Spielekonsolen.
Doch was heisst das nun in der Praxis? Simpel: Gaming in 4K-Auflösung (3840×2160 Pixel) und voller HDR-Unterstützung ist ab sofort auch im Xbox-Universum möglich und sieht einfach grandios aus. Seien es nun die nervenaufreibenden Sci-Fi-Schlachten in der Enhanced Version von «Gears of War 4», die rasanten Wettrennen in «Forza 7» oder der spektakuläre Ausflug ins Alte Ägypten im Action-Abenteuer «Assassin’s Creed: Origins» – die Optik bietet in allen Fällen sichtbar schärfere Texturen, bessere Bildraten und mehr Details (etwa verbesserte Weitsicht etc.).
Zugegeben, bei einigen Titeln wie «Quantum Break» sind streckenweise noch kleinere, unschöne Beleuchtungsfehler erkennbar, insgesamt aber liefen praktisch alle Spiele, für die bereits ein 4K-Patch vorliegt, mit klaren grafischen Verbesserungen gegenüber der Standard-Fassung für die normale Xbox One.
Ebenfalls prima: Dank einer Technik namens Supersampling profitieren - genau wie bei der PS4 Pro – auch Benutzer eines Full-HD-TVs von der gesteigerten Grafikleistung der Xbox One X.
Nicht minder spannend: Sofern ein noch nicht angepasstes Spiel der Hardware keine Bildraten-Begrenzung vorgibt, äussert sich dies in der Regel in einer flüssigeren Framerate. Ein schönes Beispiel hierfür ist der Rollenspiel-Hit «The Witcher 3», der auf Xbox One trotz noch nicht verfügbarem Update in 4K-Auflösung bei grösstenteils 60 Bildern pro Sekunde läuft. Weil die interne Festplatte etwas schneller arbeitet als im Vorgängermodell, sind vielfach ausserdem kürzere Ladezeiten zu bemerken. Je nach Spiel könnten hier Geschwindigkeitsvorteile von rund 20 bis 40 Prozent erzielt werden.
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Die Kehrseite der Medaille und Flüsterleise ...
Die Kehrseite der Medaille
Leider hat die neue Grafikpracht auch einen entscheidenden Nachteil. Denn aufgrund hochauflösender 4K-Texturen verschlingen viele Spiele in ihrer Xbox One X-Fassung riesige Datenmengen auf der Festplatte. Allein die Shooter «Gears of War 4» und «Halo 5: Guardians» sind jeweils über 100 GB gross. Die Rennsimulation «Forza 7» bringt es auf 95 GB und das Zeitreise-Abenteuer «Quantum Break» frisst in der Enhanced-Fassung gar 178 GB. Die 1 TB grosse Festplatte stösst daher schneller an ihre Grenzen, als einem lieb ist. Nicht zuletzt, weil nach dem erstmaligen Einrichten des Systems lediglich knapp 780 GB für neue Inhalte zur Verfügung stehen. Viele Fans stellen sich daher zu Recht die Frage, warum Microsoft die Konsole nicht von vornherein mit 2 TB Speicher anbietet. Immerhin: Bereits seit Längerem ist es Xbox-One-Nutzern möglich, zusätzlichen Festplattenspeicher mittels externer USB-3.0-Festplatten nachzurüsten. Vielspieler sollten dies unbedingt im Hinterkopf behalten und dann am besten gleich zu einer 2- bis 3-TB-Variante greifen, um auch für die Zukunft gerüstet zu sein. Wissenswert: Anders als bei Sonys PlayStation-Modellen ist ein Austausch der internen Platte durch den Benutzer offiziell nicht vorgesehen. Wer ihn trotzdem wagt, setzt seine Garantie aufs Spiel.
Mit den grossen Datenmengen geht ein weiteres Problem einher, das vor allem Spielern mit schwacher Internetanbindung hinlänglich bekannt sein dürfte. Konkreter formuliert: Mittlerweile ist es gang und gäbe, dass Spiele vollautomatisch neue Updates laden – und die umfassen (vor allem, wenn es sich um 4K-Texturen handelt) nicht selten Gigabyte-Mengen im 2-stelligen Bereich. Je nach Internetleitung kann es also oft Stunden dauern, bis sich ein Titel auf dem neuesten Stand befindet und letztendlich auch gespielt werden kann.
Nicht ausser Acht lassen sollte man zudem den Stromhunger des Geräts. Im Leerlauf zieht die Xbox One X knapp 50 Watt, spielt man eine 4K-Blu-ray ab, steigt der Wert auf circa 60 Watt und beim Daddeln aktueller 4K-Titel sind es zwischen 165 und 170 Watt. Die gute Nachricht: Aktuelle 4K-Gaming-PCs fressen trotzdem noch deutlich mehr Strom.
Flüsterleise Konsole
Selbst unter hoher Grafiklast arbeitet die Xbox One X flüsterleise. Während beispielsweise bei den Multi-Plattform-Titeln «Mittelerde: Schatten des Krieges» oder «Assassin’s Creed Origins» auf PS4 Pro recht schnell die Lüfter anspringen, um die Konsole entsprechend zu kühlen, ist hiervon auf der Xbox One X dank moderner Vapor-Chamber-Technologie nichts zu hören. Vorbildlich!
Weniger schön: Beim Abspielen einer UHD-Blu-ray steigt der Geräuschpegel hörbar an. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass UHD-Blu-rays deutlich schneller rotieren als Standard-Blu-rays. Dedizierte UHD-Player gleichen dieses Manko oft aus – der Xbox One X gelingt das jedoch nicht. Die Folge: Der Filmgenuss wird in der Regel von einem störenden Laufwerk-Surren begleitet, was nicht nur bekennende Hollywood-Enthusiasten früher oder später als störend empfinden.
Alternativ können Sie 4K-Inhalte natürlich auch über verschiedene Streaming-Dienste abrufen. Das klappt dann genauso leise wie das Abspielen von Games, erfordert im Gegenzug allerdings eine ausreichend schnelle Internetleitung. Platzhirsch Netflix zum Beispiel – die ihre App bereits für Xbox One X angepasst haben – empfiehlt für Ultra-HD-Content mindestens 25 MBit pro Sekunde.
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Alternativ können Sie 4K-Inhalte natürlich auch ...
Kaufen oder noch warten?
Ob sich der Kauf einer Xbox One X lohnt, hängt mit vielen Faktoren zusammen. Sie besitzen bereits einen 4K-fähigen Gaming-PC mit Windows 10 sowie zusätzlich eine PS4 Pro? In diesem Fall würde eine Anschaffung nur bedingt Sinn ergeben – schliesslich gibts alle wichtigen Microsoft-Exklusivspiele mittlerweile auch für Windows 10. Alle namhaften Multi-Plattform-Titel können Sie derweil in ähnlicher hoher Qualität auch auf PS4 daddeln.
Sie nennen bereits eine PS4 Ihr Eigen, sind jedoch ähnlich fasziniert von der Welt der Xbox One und wollen Hitserien wie «Forza», «Halo», «Gears of War» und Co. in der derzeit bestmöglichen Qualität erleben? Unter diesen Voraussetzungen könnte die Xbox One X in der Tat ein triftiger Grund sein, sich eine weitere Konsole ins Wohnzimmer zu stellen. Nicht zuletzt, weil ein vergleichbarer Gaming-PC mit UHD-Laufwerk deutlich mehr kosten würde.
Aber auch langjährige Xbox-Fans, die nur die erste Xbox One besitzen und erst kürzlich einen 4K-TV erworben haben, dürften die neuen Leistungsreserven der Xbox One X schnell zu schätzen lernen. Schade allerdings, dass Microsoft im Vergleich zu Sony derzeit nur wenige Exklusiv-Entwicklungen (z.B. «Forza 7») im Angebot hat, die zudem alle für Windows 10 erhältlich sind, was die Exklusivität etwas verwässert. Im PS4-Veröffentlichungs-Kalender hingegen reiht sich in naher Zukunft ein potenzieller Hit an den anderen, darunter das neue «God of War», «Detroit: Become Human», «Spider-Man» oder «Days Gone».
Fazit
Mit der Xbox One X löst Microsoft das Versprechen von der Games-Messe E3 2016 ein und liefert die derzeit leistungsstärkste Spielkonsole. Die Hardware ist überaus potent, arbeitet verblüffend leise (zumindest im Gaming-Betrieb), sieht optisch schick aus, braucht erstaunlich wenig Platz und zieht deutlich weniger Strom als ein vergleichbarer 4K-Gaming-PC. Dank eingebautem (aber lautem) UHD-Laufwerk ist sie zudem für Filmfans zum gewissen Grad interessant. Dass der Hersteller lediglich eine 1 TB Festplatte verbaut – von der nur 780 GB nach der Ersteinrichtung zur Verfügung stehen – und der Einbau interner Datenträger nicht offiziell erwünscht ist, stösst gleichwohl sauer auf. Gleiches gilt für Kinderkrankheiten wie das noch nicht in 4K-Auflösung dargestellte System-Interface sowie kleinere Probleme einiger Standard-Apps, etwa des Blu-ray-Players. Trotzdem; in der Summe hinterlässt das Gesamtpaket einen sehr guten, wenn auch nicht herausragenden Eindruck. Ob es den happigen Preis von 500 Franken wert ist, muss am Ende dennoch jeder für sich entscheiden.
Testergebnis
Hardware, Performance, Grafik
Spiele brauchen grosse Datenmengen
Details: Spielekonsole mit 6-Teraflop-GPU mit 1.172 Megahertz, 12 GB GDDR5-RAM, UHD-Blu-Ray-Laufwerk
Preis: Fr. 509.
Infos:www.xbox.com
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