Tests 05.05.2015, 10:58 Uhr

Test: Adobe Lightroom 6 (CC)

Das Fotoprogramm ist ein solides Update, aber auch eine verpasste Chance.
Lang, lang ist es her: Vor fast zwei Jahren veröffentlichte Adobe Lightroom 5, jetzt sind wir endlich eine Versionsnummer weiter. In der Zwischenzeit hat sich viel getan: Unter anderem sind mit den beiden Apple-Programmen iPhoto und Aperture zwei populäre Konkurrenten verschwunden. Doch um dieses Thema kümmern wir uns später; zuerst sind die Neuheiten dran.
Die Oberfläche ist praktisch unverändert.
Quelle: IDG
Anmerkung: Dieser Test behandelt die Neuerungen in Lightroom 6. Die anderen Eigenschaften dieser Software wurden in diesem Test zu Lightroom 5 besprochen. Alle dort beschriebenen Funktionen finden sich auch in der aktuellen Version wieder.

GPU-Unterstützung

Die Performance von Lightroom ist immer wieder ein Thema. Dem möchte Adobe entgegenwirken, indem die Rechenleistung der GPU (Grafikeinheit) hinzugezogen wird. Diese ist allerdings mit einigen Vorbehalten verbunden: So wird die GPU nur im Modul Entwickeln beansprucht. Und selbst dort wird zum Beispiel eine Raw-Datei nicht schneller geladen. Die GPU-Unterstützung zeigt sich erst, wenn an den Reglern für die Belichtung usw. geschraubt wird, während sich die Darstellung in Echtzeit anpasst.
Der Export profitiert ebenfalls von dieser Leistungsspritze. Bei unserem Test dauerte der JPEG-Export von 80 Fotos (Raw und JPEG) unter Lightroom 5 noch 1:31 Minuten. Unter Lightroom 6 reduzierte sich die Zeit auf 1:03 Minuten, also um ein sattes Drittel.
Damit Lightroom 6 die GPU nutzen kann, muss die Grafikkarte mit OpenGL 3.3 oder neuer kompatibel sein. Das lässt sich einfach prüfen: Rufen Sie Im Menü Lightroom den Befehl Voreinstellungen auf und klicken Sie auf den Bereich Leistung. Wenn hier die Option Grafikprozessor aktivieren markiert ist, sind Sie dabei.
Diese Häkchen bedeutet, dass die GPU mit Lightroom kompatibel ist.

Gesichtserkennung

Die Gesichtserkennung dürfte wohl ein Zugeständnis an die Privatanwender sein – und es muss neidlos eingestanden werden, dass sie hervorragend funktioniert. Während Aperture und iPhoto in diese Hinsicht nahezu nutzlos waren, erkennt Lightroom die Gesichter nicht nur schnell, sondern auch weitgehend zuverlässig.
Erstaunlich präzise: die neue Gesichtserkennung
Die Analyse erfolgt dezent im Hintergrund, während der Fotograf anderen Arbeiten nachgeht. Aufnahmen mit derselben Person werden – wo möglich – gestapelt und können danach als Paket beschriftet oder mit Drag & Drop einer bestehenden Person zugeordnet werden. Die Namen werden als Schlagwörter (Tags) gespeichert, nach denen sich später suchen lässt.
Die Gesichtserkennung läuft im Hintergrund und lässt sich jederzeit anhalten.

Bessere Verläufe

Die radialen und geradlinigen Verläufe gehören zu den Wunderwaffen im Arsenal von Lightroom. Mit ihrer Hilfe wird der Himmel aufgehübscht, die Schärfe verlagert, Lichter platziert und mehr. In Lightroom 6 lassen sich diese automatisch generierten Masken einblenden und bearbeiten. Das dürfte so ziemlich jeden Anwender jubelnd machen!
Im Bild: Die Maske des linearen Verlaufs wird mit dem Pinsel angepasst.
Quelle: IDG

HDR und Panoramen

Um einzelne Bilder zu Panoramen oder Belichtungsreihen zu HDR-Bildern zu verarbeiten, muss nicht mehr unbedingt Photoshop oder eine spezialisierte Software verwendet werden. Dabei erfolgt die Bearbeitung ebenfalls verlustfrei. So wird zum Beispiel eine Belichtungsreihe importiert und anschliessend zu einer einzelnen DNG-Datei zusammengefasst, die schnell ein paar hundert Megabytes wiegen kann. Alle Änderungen die anschliessend an ihr vorgenommen werden, lassen sich jederzeit verlustfrei zurücknehmen.

Willkommene Kleinigkeiten

Von diesen Highlights abgesehen, fallen bei Lightroom 6 vor allem die folgenden Details angenehm auf:
Korrekte Voransichten. Die Grösse der Voransichten wird jetzt automatisch berechnet: auf niedrig aufgelösten Monitoren werden kleine Thumbnails generiert, auf Hi-DPI-Displays berechnet Lightroom entsprechend hochaufgelöste Thumbnails. Die Option ist bei neuen Anwendern standardmässig aktiviert. Bei einem Upgrade von einer älteren Lightroom-Version muss sie hingegen manuell aktiviert werden. Wählen Sie im Menü Lightroom den Befehl Katalogeinstellungen und navigieren Sie zum Bereich Dateihandhabung:
Die Auflösung passt sich automatisch derjenigen des Displays an.
Verblitzte Haustiere. Die Korrektur der roten Augen wurde auf die lieben Haustiere ausgeweitet. Dazu ist eine eigene Funktion nötig, weil deren Augen im Blitzlicht nicht rot, sondern grün oder grau werden. Dieser Missstand lässt sich jetzt mit durchschnittlich zwei Klicks pro Tier beheben. Nach der Korrektur kann den schwarzen Klunkern wieder mehr Leben verliehen werden, indem ein Glanzlicht (Catchlight) eingesetzt wird.
Automatische Anpassung. Lichter und Schatten werden automatisch korrigiert, wenn bei gedrückter Shift-Taste die Titel der Regler doppelgeklickt werden.
Ein Doppelklick mit gedrückter Shift-Taste passt die Lichter und Schatten automatisch an. Willkommen!
Korrekturen verschieben. Wenn mit dem Pinsel Korrekturen aufgetragen werden, lassen sich diese wie die restlichen Anpassungen mit Cmd-Shift-C kopieren und mit Cmd-Shift-V in andere Bilder einsetzen. Dort kann die Maske natürlich weiterverarbeitet werden.
Automatische Sammlungen. Bilder lassen sich beim Import automatisch einer Sammlung zuweisen, die auf Wunsch auch mit Lightroom für das iPad synchronisiert wird.
Soweit herrscht Freude. Allerdings haben wir uns von Version 6 auch einige bestimmte Funktionen erhofft, die leider durch Abwesenheit glänzen.
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Was wir vermissen

Schwächen gegenüber Aperture und iPhoto

Viele engagierte Fotografen sind nicht bereit, nach dem Verschwinden von Aperture und iPhoto auf die neue Fotos-Anwendung von Apple umzusteigen. (Mehr dazu hier.) Stattdessen wird Lightroom zu einer potenten Alternative.
Leider hat es Adobe versäumt, diese enttäuschten Mac-Anwender abzuholen. Dafür hätte es in erster Linie eine automatische und möglichst nahtlose Synchronisierung zwischen Macs und iOS gebraucht. Zwar gibt es Lightroom auch für iOS, doch der Abgleich zwischen dem Desktop und dem Mobilgerät funktioniert weder automatisch noch nahtlos. Stattdessen können nur ausgewählte Sammlungen synchronisiert werden – und sogar deren Fotos werden erst auf dem Mobilgerät gespeichert, nachdem sie mindestens einmal aufgerufen wurden.
Lightroom auf dem iPad: Sieht leider besser aus, als es synchronisiert.
Quelle: IDG

Import und Export

Während die Fotos in Lightroom gut aufgehoben sind, harzt es sowohl beim Import als auch beim Export.
Nach wie vor müssen wir uns mit dieser elenden Import-Prozedur herumschlagen. Weil sich Adobe nicht an die Standard-Dialoge für das Öffnen von Dateien hält, müssen neue Bilder mit viel zu vielen Klicks ausgewählt und im gewünschten Verzeichnis abgelegt werden. Die einzige Linderung besteht darin, einen Ordner überwachen zu lassen und neue Fotos von dort aus automatisch in die Sammlung aufzunehmen.
Jeder einzelne Bildimport wird zu einer schmerzliche Erfahrung – immer wieder.
Der Export macht Freude, solange nur ein einzelnes Album exportiert wird. Hingegen ist es immer noch nicht möglich, alle Fotos mit ihrer Ordnerstruktur zu exportieren und à jour zu halten – zum Beispiel, weil die JPEG-Dateien auf dem NAS gespeichert werden sollen. Diese Funktionalität kann zwar durch das Plug-In Tree Mirror nachgereicht werden, doch dessen Handhabung ist alles andere als unbeschwert. Diese Funktion müsste längst von Adobe kommen.
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Kaufempfehlung und Fazit

Kaufempfehlung

Das Update auf Version 6 ist nicht so spektakulär ausgefallen, wie es sich einige Lightroom-Fans gewünscht hätten. Die eher spärlichen Neuerungen haben es jedoch in sich – allen voran die GPU-Unterstützung und die Überarbeitung der Verläufe. Wer sich mit Panoramen und HDR-Fotos auseinandersetzt, kann sich für die meisten Arbeiten den Umweg über Photoshop ersparen.
Doch selbst wenn die eine oder andere Funktion fehlt, bleibt Lightroom das Werkzeug der Wahl. Das gilt für viele Profis, aber erst recht für anspruchsvolle Amateure: Mächtige Alternativen wie Capture One oder DxO Optics Pro reichen zwar bei der qualitativen Umsetzung an Lightroom heran und sind teilweise sogar besser, doch ihnen fehlt die Eleganz und die «Alles unter einem Dach»-Arbeitsweise des Adobe-Produkts.

Kaufen oder abonnieren?

Lightroom 6 kann für  CHF 156.60 bei Adobe gekauft werden. Genau dieselbe Software gibt es zum Beispiel bei brack.ch für 129 Franken, allerdings ohne sofortige Freischaltung.
Lightroom 6 kann aber auch auf zweierlei Arten gemietet werden und heisst dann Lightroom CC. Die Adobe Creative Cloud enthält neben Lightroom fast jedes aktuelle Grafik-Programm für insgesamt CHF 70.15 im Monat. Preiswerter ist das Foto-Abo für 14 Franken pro Monat. Es enthält neben Lightroom auch die neuste Version von Photoshop, Cloud-Speicher, Zugriff auf Schriften und die Möglichkeit, Fotos mit der iOS-App zu synchronisieren. In Anbetracht des Gebotenen ist dieser Preis ein Schnäppchen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Beim Versionsvergleich auf der Adobe-Website wird die Abo-Version ausserdem mit dem «Zugriff auf die neuesten Adobe-Innovationen für die Fotobearbeitung» angepriesen. Das könnte bedeuten, dass das gemietete Lightroom CC regelmässig neue Versionen spendiert bekommt, während das gekaufte Lightroom 6 bis zur Version 7 nur mit Fehlerbehebungen beglückt wird. Die Zukunft wird es zeigen.

Fazit

Wir hätten uns von Lightroom 6 mehr Funktionen gewünscht, besonders im Bereich der Synchronisierung mit Mobilgeräten. Was allerdings an Funktionen vorhanden ist, kann überzeugen. Zurzeit gibt es keinen anderen Raw-Converter, der gleichzeitig so leistungsfähig und doch zugänglich ist. Und so verdient die Adobe-Software eine klare Kaufempfehlung.

Testergebnis

Leistungsumfang, Bedienung, Verläufe, HDR, Panorama-Funktion
Import und Export, mangelhafte Synchronisierung mit Mobilgeräten

Details:  Ab OS X 10.8, ab Windows 7 SP1, Deutsch

Preis:  Kauf: CHF 156.60, Miete CHF 14.–/Monat

Infos: 
http://www.adobe.com/ch_de

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Kommentare
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gucky62
06.05.2015
Dieses 'dämliche' Vorgehen von Adobe musste ich beim letzten Update leider auch feststellen. Entweder hat sich der Link geändert und ist nicht nachgeführt worden, oder - was ich eher glaube - will Adobe die Kunden mit allen Mitteln auf Ihre Miet-Software Plattform bringen. Diese Strategie fährt Adobe ja schon seit einiger Zeit zum Aerger diverser Benutzer. Auf diesem Weg kommt natürlich regelmässig Geld in die Kasse und der Kunde hat dann auch immer die aktuelle Version. Und updatet nicht nur alle paar Jahre mal. Für den Kunden kommt dieser Weg in vielen Fällen aber deutlich teurer. Lösung: Suche nach Update über die Suchfunktion bei Adobe und dann klappt es auch. Alle anderen Wege führen nur zum Miet-Angebot. zurück. So kann man seien Kunden auch verärgern. http://www.adobe.com/support/downloads/thankyou.jsp?ftpID=5857&fileID=5903 Gruss Daniel

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Klaus Zellweger
07.05.2015
Ich habe Lightroom 5.7 (Build 991162) und bekomme eine Aktualisierung auf Adobe Lightroom 6 (CC) angezeigt. wenn ich dieses versuche werde ich auf die Aodbe Seite weiter geleitet, aber ich bekomme kein Downloads angzeigt. wie und wo bekomme ich denn jetzt mein Update? Bei mir hat es mit der Creative-Cloud-Version einwandfrei geklappt. Allerdings wurde kein Update, sondern der ganze Installer neu geladen; schliesslich ist es ja auch ein neues Produkt. Wenn du hingegen kein Adobe-Abonnent bist, kannst du über den Link unten die Demoversion herunterladen. Diese gibt es nur zusammen mit einem Probemonat des Abos, und natürlich brauchst du eine kostenlose Adobe-ID. https://creative.adobe.com/de/products/download/lightroom Danach kannst du ein Abo abschliessen oder die Software kaufen – oder auch nicht.

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Jurgius
25.05.2016
Alles unter einem Dach Einen PC muss man haben: Bei ACDSee Ultimate 9 ist nun wirklich alles unter einem Dach und reicht gut an DoX und Lightroom heran. Der Mac hat es bis jetzt noch nicht geschafft von einem PC gebrannte JPG-Dateien (nun witklich ein Allerweltsformat) zu lesen. Sowas kaufen die Leute...