Tests
09.05.2019, 08:00 Uhr
Test: Apple iMac 27 Zoll (2019)
Äusserlich bleibt (schon wieder) alles beim Alten. Doch es warten genügend andere Versuchungen.
Ab wann gilt ein Design als ikonisch? Geht es nach Film und Fernsehen, ist der iMac mit diesem Prädikat behaftet, wie die unzähligen Gastauftritte vor der Kamera zeigen. Das Gehäuse ist schlank wie eh und je, der Standfuss solide: Auch der neuste iMac sieht viel besser aus, als das meiste, was der klassische PC-Markt seinen Käufern unter dem Begriff «Design» antun will.
Und dennoch: Diese Optik ist immerhin sieben Jahre alt. Gerade für Aufsteiger, die schon länger auf den iMac setzen, hätte sich gerne irgendetwas ändern dürfen, sodass sich die neue Maschine nicht bereits ab der ersten Minute so anfühlt, als würde sie seit jeher auf dem Schreibtisch stehen. Ein rotes Apple-Logo vielleicht? Wir werden uns bis zur nächsten Generation gedulden müssen.
Die Lautsprecher
Ebenfalls bekannt sind die versteckten Lautsprecher – und die haben es in sich! Sie schallen durch die extrem schmalen Öffnungen nach unten auf den Schreibtisch. Trotz der engen Verhältnisse klingen sie erstaunlich gut, mit kräftigen Bässen und klaren Höhen, ohne sich bei höherer Lautstärke zu überschlagen – lauter Eigenschaften also, die dem deutlich kompakteren Mac mini (Test) abgehen.
Wenn Sie während der Arbeit ein wenig Musik hören möchten, sind Sie mit der Qualität bestens bedient. Es braucht ziemlich hohe Anforderungen an die Hintergrundberieselung, um trotzdem externe Lausprecher aufzustellen, die mit ihren Kabeln und Netzteilen den Arbeitsplatz verunstalten.
Anschlüsse
Sämtliche Anschlüsse sind auf der Rückseite platziert. Alles andere wäre mit diesem Design nicht vereinbar gewesen. Damit die Optik gewahrt bleibt, verwende ich übrigens seit Jahren den «BackPack» von Twelve South, der sich mit Schraubklemmen auf jeder beliebigen Höhe am Standfuss anbringen lässt und erfolgreich verhindert, dass externe Festplatten die Ansicht trüben – zumindest solange der iMac nicht im offenen Raum steht. Den BackPack gibt es zum Beispiel bei digitec.ch für Fr. 49.80.
Die Anschlüsse wurden kräftig aufgewertet. Für klassisches USB-Zubehör stehen vier USB-3-Anschlüsse zur Verfügung. Noch wichtiger sind die beiden Schnittstellen im USB-C-Formfaktor, die Thunderbolt-3-, DisplayPort- und natürlich USB-C-kompatibel sind.
Die Thunderbolt-Anschlüsse übertragen bis zu 40 Gbit pro Sekunde, beliefern aber auch externe Displays. So lässt sich ein externes 5K-Display mit 5120×2880 Pixeln bei 60 Hz anschliessen, oder aber zwei 4K-Displays mit bis zu 4096×2304 Pixeln bei 60 Hz.
Und zu guter Letzt liess uns Apple den SD-Kartenleser, nachdem er beim neuen Mac mini scheinbar ohne Not weggelassen wurde. Der Slot befindet sich ebenfalls auf der Rückseite und wird nach kürzester Übungszeit blind gefunden.
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Das Display, Leistung und Geräuschkulisse
Das Display
Doch es ist das Display, das alle Blicke auf sich zieht – und daran hat sich seit dem ersten iMac 5K im Jahr 2014 nichts geändert. Mit seiner Auflösung von 5120×2880 Pixel sieht alles besser aus, von Präsentationen über 4K-Videoschnitt bis hin zur Bildbearbeitung. Viel Freude dürften auch die Grafiker haben, die in InDesign problemlos eine Haarlinie von einer Linie mit 0.5 Punkt unterscheiden können. Selbst bei der einfachsten Aufgabe, der Textverarbeitung, lohnt sich die Anschaffung, weil die Lettern gestochen scharf auf dem lautlosen Rechner auf ihre Überarbeitung warten – und das verbesserte den Arbeitsplatz enorm.
Die Darstellung überzeugt und aus jedem Blickwinkel: gestochen scharf, mit lebendigen Farben und einem tiefen Schwarz. Die Displays werden während der Produktion individuell kalibriert und decken den erweiterten P3-Farbraum komplett ab. Die maximale Helligkeit liegt ausserdem neu bei 500 Nits – und damit über dem, was Sie Ihren Augen zumuten wollen.
Die Benutzeroberfläche wird so skaliert, dass die Bedienelemente gut austariert und griffig gross sind. Je nach Vorlieben lässt sich die Darstellung jedoch so anpassen, dass entweder mehr zu sehen ist oder die Bedienelemente noch weiter anwachsen.
Die CPU
Alle Standard-Konfigurationen des iMacs kommen mit einem Intel Core i5 mit sechs Kernen, der je nach gewählter Konfiguration mit 3,1 GHz bis 3,7 GHz getaktet ist und wohl den meisten Anwendern genügt. Weil jedoch die iMacs jahrelang im Einsatz stehen, empfiehlt es sich hier eventuell, ein wenig mehr zu investieren und zum Intel Core i9 mit acht Kernen zu greifen, um auf der sicheren Seite zu sein. Das treibt den Preis allerdings um Fr. 438.80 in die Höhe.
Der Leistungstest mit GeekBench 4 lässt denn auch nichts zu wünschen übrig: Der iMac mit seinem teureren 3.6 GHz Intel Core i9 bringt es im Single-Core-Test mit GeekBench auf 5900 Punkte, bei Multi-Core auf 32672 Punkte. Bei der Bedienung und den meisten Programmen ist jedoch kaum ein Unterschied zum mehr als vier Jahre alten Modell auf meinem Tisch auszumachen, was aber auch für die hohe Optimierung von macOS spricht.
Wenn mehr Leistung gefragt ist, spürt jeder Anwender den Leistungszuwachs an einem anderen Ort. Bei mir war es vor allem die Verarbeitung von 4K-Videos mit 60 fps, die jetzt butterweich und ohne zu stottern abläuft. Auch die Verarbeitung von komprimierten RAW-Dateien mit 24 Mpx läuft in Capture One sehr viel schneller ab, von der Layout-Darstellung in InDesign ganz zu schweigen.
Geräuschkulisse
Der iMac ist fast immer unhörbar (nicht zu verwechseln mit leise). Selbst im Videoschnitt und bei anderen anspruchsvollen Arbeiten gibt er nicht einmal ein Säuseln von sich. Werden durch einen kleinen Kniff sämtliche Kerne an den Anschlag getrieben, macht sich der Lüfter nach ziemlich genau zwei Minuten auf eine sehr dezente Weise bemerkbar, wird aber nie wirklich laut oder aufdringlich, trotz der leistungsfähigeren i9-CPU. Die Chance ist jedoch sehr gross, dass die meisten Anwender den Lüfter überhaupt nie zu hören bekommen – und diese Eigenschaft kann man gar nicht oft genug loben.
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Die Grafikkarte, Festplatte und Schwächen gegenüber ...
Die Grafikkarte
Macs und Grafikkarten: Im Vergleich zur Windows-Welt kann dieses Thema nicht alle begeistern. Das liegt zu einem guten Teil daran, dass sich der Mac nie wirklich als Gamer-PC etablieren konnte und sich die meisten Mac-Anwender damit arrangiert haben.
Doch sobald die Games aus der Gleichung raus sind, schrumpft die Zielgruppe für eine High-End-Karte schnell. Ausserhalb der 3D-Anwendungen sind es vor allem grafische Aufgaben in Photoshop, InDesign oder Capture One, die auf die GPU zurückgreifen. Sie alle laufen jedoch bereits mit der kleineren Grafikkarte absolut flüssig, was sich zum Beispiel in Capture One in einer massiv beschleunigten RAW-Entwicklung zeigt oder wenn in InDesign in das Layout hineingezoomt wird.
Je nach gewählter Standard-Konfiguration wird der iMac mit einer Radeon Pro 580X mit 4 GB oder 8 GB Speicher angeboten. Diese lässt sich für Fr. 493.65 durch eine Radeon Pro Vega 48 mit 8 GB Grafikspeicher ersetzen, die auch im iMac Pro zum Einsatz kommt. Und wenn tatsächlich noch mehr Leistung benötigt wird, lässt sich über Thunderbolt 3 immer noch eine externe eGPU anschliessen – oder auch zwei oder drei. Spätestens jetzt werden auch die leistungshungrigsten Anwendungen sattgemacht.
Die … Festplatte?!
Wir schreiben das Jahr 2019. Das hält Apple jedoch nicht davon ab, sämtliche Standard-Konfigurationen mit einem «Fusion Drive» auszurüsten. Die Idee hinter diesem Laufwerk war einst bestechend, als die SSDs noch in den Kinderschuhen steckten: Der Fusion Drive besteht aus einer handelsüblichen Festplatte und aus einem schnellen, deutlich kleineren SSD-Speicher.
Diese Kombination wird vom System wie ein einzelnes Laufwerk behandelt. macOS allein bestimmt, welche Daten wo gespeichert werden. In einem dynamischen Prozess werden das System sowie die meistverwendeten Daten und Programme auf der SSD gespeichert, der Rest bleibt auf der Festplatte ausgelagert. Die Folge: nahezu das Tempo einer SSD, aber mit der preiswerten Kapazität einer Festplatte.
Wenn der Mac nicht nur fürs Büro gekauft wird, um schlimmstenfalls einige PowerPoint-Dokumente herumzuschieben, sollten Sie vom Fusion Drive Abstand nehmen und stattdessen eine Konfiguration mit einer reinen SSD-Lösung bestellen. Zu den Nutzniessern gehören grosse Videodateien, Photoshop-Montagen oder Bildkataloge à la Lightroom – aber auch umfangreiche Kopier- oder Komprimiervorgänge profitieren.
Besonders deutlich wird der Unterschied, wenn Sie mit Windows unter Parallels Desktop (Test) oder VMware Fusion arbeiten: Beide speichern ihre virtuelle Maschine in einer einzigen riesigen Datei – und spätestens hier liegen Welten zwischen einem Fusion Drive und einer reinrassigen SSD.
Der Aufpreis vom Fusion Drive mit 2 TB auf eine 512 GB grosse SSD beträgt übrigens Fr. 109.70, 1 TB kostet Fr. 548.50 und 2 TB belasten das Budget mit Fr. 1206.70.
Tempo der SSD
Die SSD ist sehr schnell, aber nicht die schnellste im Apple-Sortiment. Die Messung mit dem kostenlosen Blackmagic Disk Speed Test ergab einen durchschnittlichen Durchsatz von über 1,9 GB pro Sekunde (schreiben) respektive knapp 2,2 GB (lesen). Das ist ziemlich genau dreimal so viel, wie bei meinem alten iMac aus dem Jahr 2014. Die SSD im aktuellen Mac mini bringt es allerdings auf etwa 2,5 GB pro Sekunde (lesen und schreiben).
Schwächen gegenüber dem Mac mini
Den Mac mini (2019) haben wir bereits hier getestet. Dieses kleine Kraftwerk kann deutlich grösseren Geräten Paroli bieten. Ausserdem bietet er einige Eigenschaften, die dem iMac fehlen und auch nicht hinzugekauft werden können.
10-Gbit-Ethernet. Der Mac mini kann für einen Aufpreis von gerade einmal Fr. 109.70 mit einer 10-Gbit-Ethernet-Schnittstelle bestückt werden. Diese Option wird dem iMac vorenthalten. Auch wenn zurzeit die wenigsten Käufer in eine 10-Gbit-Infrastruktur eingebunden sind, wäre das doch ein feiner Beitrag für mehr Zukunftssicherheit gewesen.
T2-Chip. Der T2-Chip, der im Mac mini verbaut ist, fehlt beim iMac aus unerfindlichen Gründen. Der T2 kümmert sich um die Ver- und Entschlüsselung sämtlicher Prozesse und des SSDs. Ausserdem überwacht er lückenlos den kompletten Startvorgang und führt diesen nur fort, wenn die nächste Software von Apple signiert worden ist. Dieses Mass an Sicherheit ist bei einem stationären Desktop-Rechner vielleicht nicht ganz so wichtig, aber geschadet hätte es bestimmt nicht.
Hardware-Support für HEVC. Der T2-Chip ist jedoch noch für einen anderen Aspekt zuständig: Er entlastet die CPU von der Video-Codierung ins HEVC-Format (H.265). Diese funktioniert auf allen Rechnern mit diesem Chip dramatisch viel schneller, namentlich auf dem aktuellen Mac mini, dem MacBook Pro und dem iMac Pro – aber nicht auf dem iMac. Und das ist ärgerlich.
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Zusammenfassung, RAM-Kauf und Fazit
Im iMac 2019 halten Neuerungen Einzug, die den Rechner fit für die nächsten Jahre machen: Thunderbolt 3, die neusten Intel-CPUs, eine sehr schnelle SSD und neue Grafikkarten verpassen dem iMac eine Frischzellen-Kur, die Upgrade-Gelüste weckt. Andere Tugenden sind schon von den Vorgängern bekannt, haben aber nichts von ihrem Reiz eingebüsst: Das Display ist überwältigend und die Belüftung fast immer unhörbar.
Alles, was der iMac macht, macht er hervorragend. Deshalb wurmt es umso mehr, dass Apple auf einige Technologien verzichtet hat, die bei anderen, teils günstigeren Produkten bereits eingeführt wurden: optionales 10-GBit-Ethernet sowie den T2-Chip, der auch die rechenintensive HEVC-Codierung massiv beschleunigt.
Nachdenken lohnt sich
Diese fehlenden Optionen verhindern die Höchstwertung. Doch auch 4,5 Sterne sind nur dann gegeben, wenn Sie sich vor dem Kauf genau klarmachen, was Sie von Ihrem iMac in den nächsten Jahren erwarten – sonst kommt es eventuell zu Enttäuschungen.
Sehr wahrscheinlich werden Sie mit einem SSD besser fahren als mit einem Fusion Drive. Wenn Ihre Anforderungen wachsen, weil Fotografie und Video wichtig sind, sollten Sie ausserdem zur i9-CPU greifen – das erhöht gleichzeitig den Wiederverkaufswert. Und so weiter. Denken Sie auch daran, dass alle Bauteile endgültig sind, denn der iMac lässt sich nicht aufrüsten, von einer Ausnahme abgesehen. Und damit sind wir beim letzten Thema angekommen.
Tipp: RAM-Preise
Der RAM im iMac 2019 mit 27 Zoll lässt sich jederzeit aufrüsten – und das unterscheidet ihn vom 21-Zoll-Modell. Apples RAM-Preise sind jedoch exorbitant. Die Standard-Konfiguration kommt mit 8 GB, die heute gerade noch für den reinen Office-Betrieb und einfache Aufgaben reichen. Das Upgrade auf sinnvollere 16 GB kostet Fr. 219.40, bei 32 GB sind es bereits Fr. 658.20 und bei 64 GB sind es dann 1097 Franken!
Deshalb sollten Sie den iMac in der kleinsten Konfiguration mit 8 GB bestellen und ihn selber aufrüsten. Allein dadurch sparen Sie hunderte von Franken. Welche RAM-Riegel Sie benötigen, wie viel das kostet und wie die Aufrüstung funktioniert, erfahren Sie hier.
Fazit
Die Qualitäten des iMacs sind nach wie vor unbestritten. Mit einer neuen CPU, neuer Grafik und vor allem den beiden Thunderbolt-3-Anschlüssen bringt Apple die Reihe auf den Stand der Dinge. Allerdings sind die kleinsten Modelle etwas untermotorisiert, was vor allem für den Fusion Drive gilt. Deshalb sollten Sie sich gut überlegen, wie der iMac konfiguriert werden muss, damit er die Prüfungen der nächsten Jahre besteht.
Testergebnis
Design, Display, Anschlüsse, unhörbar leise
Kein T2-Chip mit HEVC-Codierung, kein 10 GBit-Ethernet, nur Fusion Drive in der Standard-Ausführung
Details: 5K-Display mit 27 Zoll bei 5120×2880 Pixel und 500 Nits, Intel Core i5 der 8. Generation mit 3,0 GHz und 6 Kernen, (Turbo Boost bis 4,1 GHz), 1 TB Fusion Drive, 8 GB RAM (aufrüstbar), Radeon Pro 570X mit 4 GB, 2× Thunderbolt 3, 4× USB 3.0, SD-Card-Leser, macOS 10.14 «Mojave»
Preis: ab 1999 Franken
Infos:apple.com/chde
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