Systemkamera
16.10.2020, 08:32 Uhr
Sony Alpha 7C im Test
Die «Kleinste Vollformatkamera mit Wechselobjektiv und In-Body-Bildstabilisator» ist ein ziemlich spezifisch gewählter Titel, aber dennoch eine bemerkenswerte Leistung – mit den zu erwartenden Abstrichen.
Das Haupt-Verkaufsargument der a7C ist der Formfaktor. Vereinfacht gesagt, hat Sony die Hardware einer a7III in den Körper einer a6600 gepackt. Das resultiert in der kleinsten Vollformat-DSLM mit IBIS auf der Welt (Stand Oktober 2020). Klingt simpel, ist aber gar nicht so einfach. Und auch für den Nutzer gibt es einige Faktoren, die beachtet werden sollten. Allem voran ist da der ewige Kompromiss zwischen Grösse und Bedienung. Dazu gleich mehr.
Ein erstes Indiz dafür, dass nicht einfach eine a7III in eine a6600 gepackt wurde, ist die Verarbeitung des Gehäuses. Die a7C ist gebaut wie ein Panzer. In dieser Preisklasse ist das zwar zu erwarten, überrascht allerdings angesichts des kompakten Gehäuses doch im ersten Moment. Für eine Kamera, die sich speziell als Reisekamera anbietet, ist das eine sehr gute Sache. Ansonsten ist die a7C etwas dicker als die a6600, verbaut dafür aber einen weniger tiefen Griff. Dieser ist jedoch erstaunlich ergonomisch und führt nicht etwa zu einem unsicheren Gefühl wie bei vielen anderen Kameras mit schmalen Griffen.
Bedienung
Das führt uns zur Bedienung im Allgemeinen. Hier macht die a7C die meisten Zugeständnisse an ihren Formfaktor. Auf dem Gehäuse und im Inneren ist schlicht weniger Platz für Bedienelemente als bei einer grösseren Kamera. Das beginnt bei der Steuerung der Belichtung. Dafür sind zweieinhalb Räder vorgesehen. Zweieinhalb darum, weil die meisten Modi nur ein bis zwei, nie aber alle drei gleichzeitig verwenden. Im manuellen Modus steuert man Blende und Belichtungszeit über den Steuerkreuz-Ring und den Daumenring am oberen Rand. In der P-Automatik kommt das Rad für die Belichtungskorrektur auf der Oberseite zum Einsatz. Für alles dazwischen sind es Kombinationen davon. Das Hauptproblem dieser Steuerung: Alle drei Räder werden per Daumen betätigt. Nicht gerade die ergonomischste Lösung, vor allem wenn man bedenkt, dass dafür meistens der Griff der Kamera verändert werden muss.
Die meisten üblichen Kurz-Zugriffe wie ISO, Shooting-Mode oder Display-Einstellungen sind auf das Steuerkreuz abgelegt. Möchte man den Fokuspunkt manuell verschieben, drückt man den mittleren Knopf innerhalb des Steuerkreuzes. Einen Joystick gibt es nicht. Das ist zwar etwas schade, aber kein Weltuntergang. Neben dem Steuerkreuz kann der Fokuspunkt auch per Touch-Display oder Touch-Feld verschoben werden. Das sowieso nur, sollte das überhaupt nötig sein. Für viele Nutzer dürfte die automatische Sujet-Erkennung ausreichen. Eher merkwürdig ist es jedoch, dass die a7C zwar keinen Joystick, dafür aber einen riesigen AF-ON-Button erhalten hat. Dieser ist zwar bei Profis beliebt, aber in der Prioritätenliste im Schnitt eher hinter einem Joystick. Wie die meisten Kamerahersteller hat auch Sony ein eigenes Schnellzugriffsmenü, hier auf der Fn-Taste auf der Rückseite platziert.
Insgesamt ist die Bedienung der a7C für die Grösse in Ordnung, aber klar ein Kompromiss, der für den Formfaktor eingegangen wurde.
Ausstattung
Anschlüsse packt Sony alle üblichen in das kleine Gehäuse. Allesamt auf der linken Seite der Kamera. Unter der Klappe am oberen Rand findet man den Mikrofon-Anschluss. Die Klappe unten versteckt den Kopfhörer-Port, sowie USB-C und MicroHDMI. Ein physischer Anschluss für eine Fernbedienung fehlt, hierfür kann aber ein Smartphone verwendet werden. Eher ungewöhnlich: Zwischen den beiden Anschluss-Türchen findet man den SD-Kartenslot. Verbaut ist ein einzelner SD-Slot, was für gemischte Gefühle sorgen dürfte. Einerseits wird der Standard SD verwendet, andererseits gibt es nur einen Steckplatz, was bei Kameras in dieser Preisklasse meist eine eher unbeliebte Wahl ist. Fairerweise muss man sagen, dass ein zweiter SD-Slot bei dieser Kameragrösse wahrscheinlich eher viel verlangt wäre.
Der SD-Steckplatz ist übrigens aus einem Grund auf der linken Seite angebracht: Der Akku der a7C ist nicht mit der Kamera mitgeschrumpft. Es ist der gleiche NP-FZ100, der in den meisten aktuellen Sony-Kameras verbaut wird. Mit diesem Akku schafft die a7C 740 Bilder nach CIPA-Rating und ist somit weit oben in der Akku-Nahrungskette. Die starke Akkulaufzeit unterstreicht weiter die Eignung der a7C als Reisekamera.
In die gleiche Kerbe schlägt das Display der a7C. Dieses ist vollständig dreh-, neig- und wendbar und kann entsprechend auch umgedreht im Körper verstaut werden. Das schützt unterwegs das Display vor Kratzern und anderen Schäden. Ansonsten verbaut Sony ein etwa übliches 3-Zoll-Touch-LCD mit knapp unter einer Million Pixeln. Eher klein geraten ist der elektronische Sucher der a7C, hauptsächlich aus Platzgründen. Die Auflösung von 2,36 Millionen Pixeln ist etwas tiefer als bei der Konkurrenz, aber durchaus noch gut. Die Vergrösserung von 0.59× hingegen fällt schon stärker auf. Generell könnte man sagen, dass sich die a7C mit dem fehlenden Joystick und dem kleinen Sucher tendenziell für Fotografen empfiehlt, die gerne über das Display und mit Touch fotografieren.
Sensor & Bildqualität
Nichts zu rütteln gibt es bei der Bildqualität der a7C. Wie schon die a7III liefert die a7C exzellente Fotos und Videos in praktisch allen Situationen. Schon die JPG-Dateien direkt aus der Kamera sind solid. In regulären Lichtverhältnissen arbeitet die a7C etwa erwartungsgemäss. In unserem Test wurde die Belichtungsmessung der a7C stellenweise leicht vom Licht getäuscht und belichtete eher hell. Allerdings trat dies nur in einigen wenigen Fällen auf und kann bei einer DSLM problemlos von Hand korrigiert werden, sogar mit Live-Vorschau. Besonders herausstechend ist hingegen die Leistung bei wenig Licht. Die Bildqualität in hohen ISO-Gefilden ist schon seit längerem eine Spezialität von Sony und kann auch bei der a7C überzeugen. Bis etwa 10'000 ISO gibt es nur wenig nennenswertes Bildrauschen und sogar bei 25'000 ISO kommen noch sehr brauchbare Bilder raus.
Verbessern lässt sich das noch mit einem hochwertigeren Objektiv. Das Kit-Objektiv 28-60 mm ƒ/4-5.6 ist nicht schlecht, aber auch etwas unter den Erwartungen, die man an eine 2000-Franken-Kamera haben darf. Wie bei günstigen Zoom-Objektiven üblich, sind es vor allem Verzerrungen gegen den Rand und chromatische Aberrationen, die ins Auge springen. Im Vergleich zu anderen, kürzlich erschienenen Kompakt-Zooms ist das Modell von Sony jedoch eher stark. Bei offener Blende und 60 mm ist ein angenehmes Bokeh durchaus machbar.
Video
In Sachen Video bietet die a7C etwa übliche Kost. UHD ist mit bis zu 30p und 100 Mbps möglich. FHD gibt es mit bis zu 120p und 50 Mbps. Optisch werden hier keine Bäume ausgerissen, aber auch nichts vergeigt. Positiv fällt vor allem der Bildstabilisator auf, der auch im Videomodus ganze Arbeit leistet.
Objektive & System
Der Grössenvorteil der a7C funktioniert nur dann wirklich, wenn das Objektiv auf der Kamera ebenfalls kompakt gehalten ist. Aus diesem Grund kombiniert Sony die a7C gerne mit dem neuen FE 28-60mm ƒ/4-5.6. Dieses vergleichsweise kompakte Objektiv bietet einen Zoomfaktor von etwas über 2× und die beliebten Brennweiten 28mm, 35mm und 50mm. Im Vergleich zu den meisten teureren Modellen ist das weniger (24-70 mm ist eine typische Reichweite). Zudem ist die maximale Blendenöffnung von ƒ/4-5.6 nicht überragend. Wie immer empfehlen wir, lieber beim Kamerabody als bei den Objektiven zu sparen. Für eine kompakte Reiselösung würde sich auch eine Festbrennweite empfehlen, sofern es für Sie eine Option ist, ohne Zoom auszukommen. Generell gilt: Wenn Sie Bildqualität höher gewichten als Kompaktheit, sind Sie mit einer a7III mit einem grösseren Objektiv wahrscheinlich besser beraten. Die a7C ist hauptsächlich aufgrund ihrer kleinen Form sinnvoll. Einzige Ausnahme dazu bietet der verbesserte Autofokus in der a7C.
Glücklicherweise bietet das E-Mount von Sony eines der breitesten Angebote von DSLM-Objektiven überhaupt. Hier hat sich Sonys früher Einstieg in die DSLM-Welt bezahlt gemacht. Denn während andere Hersteller noch fieberhaft versuchen, die wichtigsten Standardobjektive bereitzustellen, kann Sony schon mit einigen eher ungewöhnlichen und nischigen Varianten auftrumpfen.
Fazit
Die Sony a7C hat eine relativ klare Zielgruppe: Fotografen, denen eine kompakte Lösung wichtiger ist als Ergonomie und erweiterte Features. Wem die Grösse nicht absolut prioritär ist, bekommt bei einer a7III mehr geboten, und das erst noch zu einem tieferen Marktpreis. Für die angepeilte Zielgruppe ist die a7C jedoch genau richtig.
Testergebnis
Bildqualität, Body, Akkulaufzeit
Bedienung, Hauptnutzen abhängig von kompakten Objektiven
Details: 24 Mpx, Vollformat-CMOS-Sensor, 100 - 51'200 ISO, IBIS, 693 Fokuspunkte, 3-Zoll-Touch-Display, EVF (2,36 Mio. Pixel, 0.59×), 10 fps Fotos, UHD 30p, FHD 120p, USB-C, microHDMI, Mikrofonstecker, Kopfhörerstecker, Wi-Fi, NP-FZ100 Akku (740 Bilder nach CIPA), 509g (mit Akku)
Preis: Fr. 2239.-
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