Test: iPhone 11 Pro (Max)
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Seit das iPhone in 4K filmt, hat sich das Thema «klassischer Camcorder» für mich erledigt – also seit dem iPhone 6s. Die Filme wirken butterweich, mit einer hervorragenden Helligkeitsverteilung, wunderschönen Farben und kräftigen Kontrasten. Für die Interessierten: Die Filme lagern bei uns auf dem NAS im Keller und werden über Apple TV auf den Fernseher geholt, wobei als Software Infuse Pro 6 zum Einsatz kommt – das vielleicht beste Mediacenter überhaupt.
Das iPhone 6s filmte in 4K mit 30 fps. Das iPhone Xs vom Vorjahr schaffte hingegen 4K in 60 fps bei regulären Aufnahmen oder zeichnet in HDR auf, wenn die Bildrate auf 30 fps reduziert wird. Hätte Apple die Videofunktion beim iPhone 11 Pro unangetastet gelassen, ich wäre damit so zufrieden gewesen wie eh und je.
Stattdessen wurde noch einmal eine grosse Schippe draufgelegt. Man könnte zwar behaupten, dass die Videofunktion jene der Mitbewerber in den Schatten stellt – aber das trifft es nicht ganz: Das iPhone 11 Pro zieht bei der Videofunktionen alle anderen Smartphones am Nasenring durch die Manege. Hier wird sichtbar, wozu die neue A13-CPU in der Lage ist.
Kraftakt auf vielen Ebenen
Die Eckdaten verharren zwar bei 4K und 60 fps, doch neu wird immer mit erhöhtem Dynamikumfang (HDR) gefilmt. Dabei wird wie bis anhin das HEVC-Format (H.265) verwendet, das eine optimale Qualität bei geringem Speicherbedarf ermöglicht.
Editieren. Neu ist auch die Möglichkeit, die Videos direkt in der Kamera-App zurechtzuschneiden, einen Filter anzuwenden, die Perspektive zu korrigieren und vieles mehr. Was auf ein Foto angewendet werden kann, funktioniert auch mit Videos. Und genau wie bei den Standbildern ist es auch hier möglich, jederzeit zur ursprünglichen Fassung zurückzukehren.
Stabilisierung. Beim Weitwinkel- und beim Normalobjektiv werden die Videos gleichzeitig optisch und digital stabilisiert. Die digitale Stabilisierung funktioniert sogar in 4K mit HDR!
Aufnahmedauer. Wenn Sie bereits mit konventionellen Fotoapparaten oder anderen Smartphones gefilmt haben, dann wissen Sie, dass die Aufnahmedauer bei hohen Auflösungen beschränkt ist. Der Sensor erhitzt, das Bildrauschen nimmt zu und irgendwann schaltet sich die Kamera aus reinem Selbsterhaltungstrieb ab. Die Werte werden üblicherweise nach etwa fünf Minuten kritisch, spätestens aber nach zehn – und das ist viel zu wenig, um eine Trauungszeremonie oder einen Vortrag vollumfänglich aufzunehmen. Das iPhone 11 Pro hat weder eine Beschränkung dieser Art noch wird es auffällig wärmer.
Mehrere Streams. Die wirklich extremen Dinge spielen sich jedoch bei der Drittanbieter-App «FiLMiC Pro» ab. Sie wird in der Lage sein, vier (!) Videostreams mit dem iPhone 11 Pro gleichzeitig aufzuzeichnen: nämlich von allen drei hinteren Kameras sowie der Frontkamera. Alle Filme tragen ausserdem denselben Zeitstempel, damit die punktgenaue Nachbearbeitung erleichtert wird. So wird in einen Atemzug die Totale aufgezeichnet, die Halbtotale sowie eine Nahaufnahme. Ausserdem ist bei Interviews der Gastgeber gleich mit auf dem Video. Und so weiter.
Dieser Kraftakt von FiLMiC Pro wurde während der Keynote gezeigt, doch die Funktion erscheint erst im Verlauf dieses Jahres in der App. Dem Vernehmen nach werden bis zu zwei Streams in 4K aufgezeichnet, bei drei oder vier Streams beträgt die Auflösung noch Full-HD. FiLMiC Pro kostet 15 Franken.
Audio-Zoom. Und zuletzt noch eine Neuigkeit für Videografen, die auf eine möglichst realistische Tonkulisse wertlegen: Wird während der Videoaufnahme am Zoomrad gedreht und auf das Geschehen fokussiert, zieht das Mikrofon mit, reduziert den Ton der Umgebung und sorgt damit für ein authentisches Filmerlebnis.
QuickTake
Manchmal kommen sie wieder: Unter der Bezeichnung «QuickTake» verkaufte Apple zwischen 1994 und 1997 eigene Digitalkameras, bis Steve Jobs nach seiner Rückkehr den Stecker zog.
Jetzt erwacht die Marke im iPhone 11 Pro zu neuem Leben. Mit QuickTake ist eine Funktion gemeint, mit der die Kamera auch ausserhalb des Filmmodus ein Video dreht – einfach indem der Auslöser gedrückt bleibt. Damit kommt Apple der Instagram-Schar entgegen, die vielleicht nur ein Foto schiessen will, bevor es plötzlich spannend genug für einen Film wird. Oder so ähnlich. Die Auflösung entspricht jedoch etwas kruden 1920×1440 Pixel bei 30 fps.
Schwacher Videoschnitt bei Apple
Leider erlaubt sich Apple eine unverständliche Schwäche beim Videoschnitt. Zwar kann iMovie für iOS die Videos problemlos schneiden, aber nur in 4K mit 30 fps exportieren. Die anderen 30 fps wären zwar vorhanden, werden aber einfach verworfen. Mehr noch: Das Projekt lässt sich zwar in der vollen Auflösung an iMovie auf dem Mac weiterreichen, aber von dort aus ebenfalls nur mit 30 fps exportieren. Abhilfe schaffen nur die beiden Mac-Profiprogramme Final Cut Pro (300 Franken) in Verbindung mit Compressor (48 Franken), die ein iMovie-Projekt nach seinem Schnitt importieren können.
Tipp: Das wird so manches private Videobudget sprengen. Wenn Sie unterwegs also 4K-Videos nicht nur schneiden, sondern auch mit 60 fps in HEVC ausgeben möchten, greifen Sie zu LumaFusion, das noch viele weitere Funktionen bietet, von denen iMovie-Anwender nur träumen können. Die App gibt es für iPhones und iPads, wobei der Videoschnitt auf dem kleinen Display des iPhones erstaunlich gut funktioniert; da wurde also viel Hirnschmalz in die Oberfläche investiert.
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