Test: iPhone 11 Pro (Max)
Nachtmodus und Deep Fusion
Der Nachtmodus
Der Nachtmodus ist vermutlich die herausragende Neuheit beim iPhone 11 Pro und begeistert auf der ganzen Linie. Mehr noch: Er definiert neu, was ich einer Kamera im Dunkeln zutraue. Vergessen Sie alles, was Sie von der herkömmlichen Fotografie über ISO-Werte, Bildrauschen oder Verwackeln wissen.
Dieser Modus lässt sich nicht einschalten, sondern aktiviert sich bei Bedarf automatisch. Dabei versteht er sich wirklich als Nachtmodus und nicht als «Das-ist-aber-ein-wenig-düster-hier»-Modus. Das hier ist zum Beispiel eine Aufnahme, die ohne Nachtmodus geschossen wurde:
Wenn der Nachtmodus in Aktion tritt, ist das am oberen Displayrand an seinem Symbol zu erkennen. Dieses zeigt ausserdem, wie lange die Kamera stillgehalten werden soll. Während dieser Zeit schiesst das iPhone 11 Pro mehrere Bilder mit kurzer Belichtungszeit und eines mit langer Belichtungszeit. Diese werden dann zu einem neuen Bild mit den besten Informationen aus jeder Aufnahme zusammengesetzt.
Die Langzeitaufnahme dauert normalerweise bis zu drei Sekunden. Mehr will die Kamera dem Fotografen auch nicht zumuten. Stellt das iPhone jedoch mithilfe seiner Gyrosensoren fest, dass es auf einem Stativ steht, wird die Langzeitbelichtung ausgedehnt, um eine noch bessere Qualität zu erzielen. Ein Tippen auf das Symbol ermöglicht es ausserdem, die Langzeitbelichtung manuell auf bis zu 30 Sekunden zu verlängern.
Das Resultat sind Bilder, die so ziemlich alles in den Schatten stellen, was ich bis heute mit klassischen Kameras erreicht habe, denn die sind schnell am Anschlag: Nahezu zappenduster? Freihandaufnahme? Keine Chance mit einer regulären Kamera. Und wenn doch, dann muss die Empfindlichkeit auf irgendeinen abstrusen Wert wie 102’400 ISO hochgeschraubt werden, was das Foto erst recht in einem bunt gestreuten Pixelmatsch ersaufen lässt.
Dabei mutet das Fotografieren mit dem iPhone 11 Pro fast schon unwirklich an. Das Display zeigt mehr oder weniger nur einen ruckeligen, unscharfen Pixelmatsch an, wenn der Auschnitt zurechtgerückt wird.
Nach drei Sekunden Stillhalten übertrifft das Resultat die Erwartungen. Besonders gut gefällt, dass das iPhone 11 Pro nicht versucht, die Nacht zum Tag zu machen: Das hier ist definitiv eine Nachtaufnahme. Die Belichtung und die Feinheiten der Sträucher und das Auto links im Bild erzeugen eine authentische Stimmung, wie sie zum Zeitpunkt der Aufnahme geherrscht hat.
Und auch die Details überzeugen. Die Exifdaten weisen eine Belichtungszeit von 1/4 Sekunde bei 1000 ISO und Blende ƒ/1.8 aus. Versuchen Sie eine solche Freihand-Aufnahme mit keiner regulären Kamera, es kann nur mit einer Enttäuschung enden. Hier noch ein vergrösserter Ausschnitt:
Kurz: Der Nachtmodus des iPhone 11 Pro ändert einfach alles. Dabei erstaunt, wie viele Farben und Details die Kamera aus dem Motiv herauskitzelt, bis hin zu Spitzlichtern in künstlichen Lichtquellen.
Deep Fusion
Als diese Zeilen geschrieben wurden, war die Funktion «Deep Fusion» nicht viel mehr als ein Marketing-Begriff. Einiges wissen wir jedoch schon.
Diese Funktion fällt genauso in den Bereich «computational photography», wie der Nachtmodus. Doch sie verfolgt ein anderes Ziel, nämlich mehr Schärfe und Auflösung. Die Kamera schiesst dabei vier Bilder mit sehr kurzer Belichtungszeit, noch bevor der Auslöser gedrückt wird. Beim Auslösen wird eine Aufnahme mit einer etwas längeren Belichtungszeit geschossen, gefolgt von vier weiteren schnellen Aufnahmen. Anschliessend setzt das iPhone diese neun Aufnahmen zu einem 24-Mpx-Foto zusammen, das – wenn man Apple glauben will – Smartphone-Fotos in einer nie gekannten Schärfe zeigt. Wohl aus diesem Grund tragen die Models auf den Pressefotos auch alle Pullover, weil sich daran die Schärfe besonders gut prüfen lässt.
Deep Fusion wird noch in diesem Jahr als kostenloses Software-Update für das iPhone 11 Pro nachgereicht. Und nachdem wir gesehen haben, was der Nachtmodus leistet, ist die Vorfreude so hoch wie die Erwartungshaltung.
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