Test: Lytro Illum

Die Illum in der Praxis

Die Illum in der Praxis

Vor der Motivjagd muss zuerst eine neue Denkweise verinnerlicht werden, und das geht bereits bei der Belichtung los. Die Lytro arbeitet wahlweise mit Programmautomatik (P), manuell (M), mit Zeitvorwahl (A) oder mit ISO-Vorwahl (I). Und das kommt so:
Da die Blendenöffnung ƒ2.0 eine unverrückbare Grösse darstellt und später über die Software geändert wird, kann die Belichtung nur über die Verschlusszeit und den ISO-Wert gesteuert werden – die Blende fällt aus der Gleichung. Die kürzeste Verschlusszeit beträgt eine 1/4000stel Sekunde, die Empfindlichkeit liegt zwischen 80 und 3200 ISO. Um den Spielraum zu erweitern, ist im Lieferumfang ein neutraler Graufilter enthalten, der vier Belichtungsstufen schluckt. Geblitzt wird mit einer 1/250stel Sekunde.

Die «Fokussierung»

Die Lytro Illum bietet einen Autofokus – was unweigerlich zur Frage führt, warum mit dieser Kamera überhaupt noch fokussiert werden muss, wenn die Schärfe im Nachhinein festgelegt werden kann. Die Antwort ist einfach: Auch die Illum kann die physikalischen und optischen Gesetze nicht vollständig aushebeln.
Die Illum fokussiert bei der Aufnahme auf eine bestimmte Stelle, so wie jede andere Knipse. Anschliessend kann die Schärfe innerhalb einer gewissen Spannbreite neu gesetzt werden – aber nicht mehr. Dieser Spielraum wird durch dieselben Parameter definiert, wie bei der klassischen Fotografie: Er ist grösser bei kurzen Brennweiten und grossen Distanzen. Er verringert sich, wenn die Brennweite länger und die Abstände zum Motiv kürzer werden. Auch der Abstand zwischen Kamera–Motiv–Hintergrund spielt eine Rolle. Es beruhigt ungemein, dass einige Gesetze der Fotografie auch bei dieser Kamera ihre Gültigkeit behalten.
Das Setup
Quelle: IDG
Wenn auf eine bestimmte Stelle fokussiert wird, wird der Spielraum auf der Distanzanzeige am rechten Rand visualisiert: Der blaue Balken zeigt den Bereich vor der optimalen Schärfe, der orange Balken denjenigen dahinter.
Anzeige des Schärfenbereichs in Blau und Orange
Quelle: IDG
Mit einem Druck auf die Taste neben dem Auslöser wird das Display durch blaue und orange Pixel ergänzt, die den möglichen Schärfebereich exakt anzeigen. So bleibt gewährleistet, dass es später am Rechner nicht zu unangenehmen Überraschungen kommt.
Die blauen und orangen Pixel zeigen, wie weit die Schärfe reicht
Quelle: IDG
Ironischerweise gehört ausgerechnet der Autofokus zu den schwächsten Gliedern in der Kette. Die Positionierung gestaltet sich manchmal mühsam, wenn nicht auf die angepeilte Stelle fokussiert wird. Die Schärfe lässt sich zwar auch über ein Tippen auf das Display einstellen – aber das wird bei einer so grossen Kamera schnell anstrengend. Ausserdem kommt es immer wieder vor, dass der Fokus auch bei unkritischen Motiven erst im zweiten oder dritten Anlauf gefunden wird.
Diese Schwächen sorgen dafür, dass die Illum im Studio besser aufgehoben ist, als in der freien Natur – und zwar am besten auf einem Stativ, was auch die Bedienung über das Touch-Display deutlich vereinfacht. Angenehmes Detail am Rande: Der Kartenschacht befindet sich auf der Seite, sodass die Karte problemlos gewechselt werden kann, während die Kamera auf dem Stativ steht.
Das Kartenfach befindet sich freundlicherweise an der Seite
Quelle: IDG
Wenn man sich dieser Schwächen bewusst ist, fotografiert es sich mit der Illum angenehm unbeschwert, doch das ist nur der halbe Spass. Denn erst am Rechner reihen sich die Aha-Erlebnisse aneinander.
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