Modernstes Retro 24.04.2020, 09:00 Uhr

Test: Fujifilm X100V

Eine Design-Ikone wird 5. Die Frischzellenkur ist nicht überall geglückt.
Diese Handvoll Kamera bietet ein einmaliges Gefühl für die Fotografie
(Quelle: PCtipp.ch)
Die Fujifilm X100V ist die fünfte Generation dieser faszinierenden Kamera, seit die Modellreihe im Februar 2011 als «Fujifilm FinePix X100» die Bühne betrat und sogleich begann, eine Menge Staub aufzuwirbeln.
Für Einsteiger in das Thema: Genau wie ihr Vorgänger ist die X100V eine Sucherkamera im APC-C-Format mit einer Brennweite von 23 Millimetern – das entspricht einer Kleinbild-Brennweite von 35 Millimetern. Das Objektiv ist fest verbaut und bietet kein Zoom; wenn Sie also etwas näher heranholen möchten, müssen Sie sich selber auf den Weg machen.

Der Sucher

Zu den besonderen Eigenschaften gehört der hybride Sucher: Er funktioniert wie ein klassischer Sucher aus Glas, ist also im Prinzip ein besseres Guckloch – mit dem wichtigen Unterschied, dass Daten wie die Blende, die verwendete Automatik und mehr eingespiegelt werden.
Einen solchen Sucher findet man bei keinem anderen Kamerahersteller
Quelle: PCtipp.ch
Mit einem kurzen Schnippen des Hebels auf der Vorderseite (oben links im Bild) wird auf den rein digitalen Sucher umgeschaltet, wie wir ihn von praktisch allen anderen modernen Kameras kennen, mit all seinen Vorzügen: Die Farbgebung, die Belichtung und mehr werden schon vor der Aufnahme angezeigt, wie sie später sein werden. Hinzu kommt, dass die Darstellung der beiden Sucher bis ins kleinste Detail angepasst werden kann, sodass jeder Geschmack befriedigt wird – vom puristischen Guckloch bis zur restlos überladenen Digitalanzeige.
Dieser hybride Sucher ist ein Meisterwerk, keine Frage. Dessen ungeachtet verwende ich fast ausschliesslich den digitalen Sucher. Ein einziges Mal schien die grelle Sonne so unpassend ins Okular, dass der digitale Sucher nahezu schwarz war – doch ein Fingerschnippen löste das Problem. Wenn Sie hingegen das Gefühl einer klassischen Sucherkamera schätzen (und auch die damit verbundenen Unsicherheiten wie die Parallaxe oder ein wenig Kontrollverlust), dann werden Sie von dieser Einrichtung begeistert sein.

Gehäuse und Bedienung

Ihren modernen Komponenten zum Trotz wirkt die Fujifilm X100V wie eine Retro-Kamera – eine Sonderauflage, die einzig gemacht wurde, um Sammler anzulocken. Doch sobald Sie mit dieser Kamera zum ersten Mal fotografieren, werden Sie erkennen, auf welche Irrwege uns die Digitalisierung schickt. Kein noch so ausgefuchstes Display oder Menü reicht auch nur ansatzweise an die griffigen Rädchen und Ringe heran. Die X100V zeigt, wie eine Kamera nahtlos mit «ihrem Fotografen» verschmelzen kann.
Mechanisch schlägt digital – zumindest in diesem Fall
Quelle: PCtipp.ch

Wetterfest

Die X100V ist die erste Kamera der Serie, die wetterfest ist – und somit Regen, Staub und Gischt trotzt. Allerdings gibt es eine Schwachstelle am Objektiv selbst, sodass die Dichtigkeit nur gewährleistet wird, wenn der Adapterring AR-X100V und der Schutzfilter PRF-49 aufgeschraubt werden, die beide nicht zum Lieferumfang gehören. Beide zusammen kosten im Set zum Beispiel bei Microspot 129 Franken.

Kein Steuerkreuz mehr

Auf der Rückseite fehlt das Steuerkreuz der Vorgänger. Für die Navigation durch die Menüs wird jetzt der Joystick verwendet, mit dem zum Beispiel auch der Fokuspunkt verschoben wird. In den Menüs wird wiederum am besten das Einstellrad darüber verwendet, denn der Joystick kommt immer wieder ins Stocken, was unweigerlich zu Fehleingaben führt. Das wird hoffentlich mit einem Firmware-Update wieder besser; aber zurzeit fühlt sich die Methode einfach wie ein grosser Schritt zurück an – und deshalb ist das fehlende Steuerkreuz in meinen Augen die schlechteste Eigenschaft der neuen X100V überhaupt.

Das Display

Auf Wunsch ersetzt das neue Touch-Display mit seinen Wischgesten die Funktion des Steuerkreuzes. Oder es löst aus oder fokussiert punktgenau. Das ist das, was Touch-Displays so tun, aber ich bin damit nicht warm geworden. Das Touch-Display ist im Bedienkonzept der X100V ein Fremdkörper – mit dem grossen Vorteil, dass es sich komplett deaktivieren lässt.
Hochwillkommen ist hingegen die Neuerung, dass sich das Display kippen lässt, genauer: um 90 Grad nach vorne für Aufnahmen in Bodennähe und um 45 Grad nach hinten, um über die Köpfe anderer Leute zu fotografieren. Im Vergleich zu anderen Kameras mit Kippdisplay fällt auf, wie perfekt es bei der X100V versenkt ist. Es braucht ein angestrengtes Hinsehen, um den Unterschied zu den fest verbauten Displays von früher auszumachen. Und so bleibt der Retro-Gedanke intakt.


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