Tests 16.11.2016, 08:20 Uhr

Test: Fujifilm X-T2

Das neue Spitzenmodell von Fujifilm leistet sich kaum noch Schwächen – und die Zielgruppe wird immer breiter.
Die wetterfeste X-T2 repräsentiert das neue Spitzenmodell von Fujifilm. Sie teilt sich viele technische Eigenschaften mit der kürzlich eingeführten X-Pro2 (zum Test) – darunter den Sensor und weite Teile des Autofokussystems. Doch während die X-Pro2 im Kleid einer klassischen Reportagekamera daherkommt, sucht die X-T2 mit ihrem Äusseren die Nähe zu den Profis.

Das Gehäuse

Der grosszügige Wulst an der Vorderseite sorgt dafür, dass die X-T2 hervorragend in der Hand liegt. Alle wichtigen Einstellungen sind durch griffige Bedienräder abgedeckt, sodass die Menüs nur selten bemüht werden.
Griffig
Quelle: PCtipp
Dabei zeigen die Ingenieure viel Liebe zum Detail. So lassen sich die Regler für die Empfindlichkeit und die Verschlusszeit zwar arretieren, aber sie bleiben auf Wunsch auch ungesichert.
Die Räder für ISO und Verschlusszeit bleiben wahlweise arretiert
Quelle: PCtipp
Bei jedem Element wird spürbar, dass die Fujifilm-Ingenieure etwas länger nachgedacht haben. Dazu gehört erst recht der Joystick, mit dem der Fokuspunkt verschoben wird: Er liegt genau unter dem rechten Daumen und ist so nützlich, dass Sie sich nach kurzer Zeit fragen, wie Sie jemals ohne ihn ausgekommen sind. Die Batterie der X-T2 wird wahlweise mit dem beigelegten Ladegerät in Form gebracht oder über USB direkt in der Kamera geladen. «s Füferli und s Weggli» im besten Sinn.
Unbezahlbar: Der Stick unter der Q-Taste verschiebt den Fokuspunkt
Quelle: PCtipp

Display

Das Display lässt sich um 45 Grad nach hinten oder um 90 Grad nach oben kippen. Mit einem Druck auf die Entriegelung kippt es ausserdem um 45 Grad nach rechts, um Aufnahmen im Hochformat zu erleichtern.
Dieses Klapp-Display hätten wir gerne auch bei der Fujifilm X-Pro2 gesehen
Quelle: PCtipp
Leider konnte sich Fujifilm nicht dazu durchringen, der X-T2 ein Touch-Display zu spendieren. Für die Bedienung spielt das keine grosse Rolle, denn das neu gestaltete Menü und vor allem das universelle «Q»-Menü bieten alles, was die Bedürfnisse des Fotografen abdeckt – doch die Videofilmer werden die Vorzüge eines solchen Displays vermissen.
Das Q-Menü zeigt alle wichtigen Einstellungen auf Knopfdruck
Quelle: PCtipp
Die neue Menüstruktur verbessert die Übersicht deutlich
Quelle: PCtipp

Kartenfächer

Die X-T2 ist mit zwei UHS-II-kompatiblen SD-Kartenschächten ausgestattet. Die Benutzung wird in den Menüs definiert: Bei Sequenziell wird der gemeinsame freie Speicher verwendet. In der Einstellung Sicherung schreibt die Kamera jedes Bild auf beide Karten. Und mit RAW/JPEG werden die RAW-Dateien im schnellen ersten Slot abgelegt, während die JPEGs auf der zweiten Karte landen.
Das doppelte Kartenfach
Quelle: PCtipp

Autofokus

Bis anhin galt der Autofokus der X-Serie als Achillesferse, die so manchen Profi abschreckte. Die X-T2 ist ab sofort das Mittel der Wahl, um die Zweifler eines Besseren zu belehren. Der Autofokus arbeitet enorm schnell und bändigte in unserem Test auch quirlige Haustiere und überdrehte Kinder. Genau genommen gehört er zu den schnellsten Vertretern, die wir in der jüngsten Zeit getestet haben.
Wie eine DSLR – aber mit allen Vorzügen einer spiegellosen Systemkamera
Quelle: Fujifilm
Doch es kommt noch besser. Der Nachführ-Autofokus lässt sich auf Wunsch an spezifische Motive und Situationen anpassen, die sich als Voreinstellung sichern lassen. Das bedeutet aber auch, dass es eine Lernkurve zu meistern gilt, denn Einstellungen wie «Verfolgungsempfindlichkeit» oder «Zonenbereichsumschaltung» waren bis anhin keine Begriffe, welche die Arbeit eines Fotografen tangiert haben.
Die Einstellungen für den kontinuierlichen Autofokus
Quelle: PCtipp
Der Autofokus wird von einer optionalen Gesichtserkennung unterstützt, und die funktioniert tadellos. Einzig bei der Augenerkennung blieb die Trefferquote unter den Erwartungen. Es bleibt jedoch die Hoffnung, dass Fujifilm mit einem Firmware-Update nachbessert.
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Bildqualität

Der neue X-Trans-III-Sensor

Doch das Wichtigste ist natürlich die Bildqualität, und hier blüht die X-T2 auf. Der X-Trans-Sensor ist in der dritten Generation angekommen und löst die Bilder mit 24 Mpx auf. RAW-Fotos werden wahlweise verlustfrei komprimiert oder unkomprimiert abgelegt, was zu Dateigrössen von ca. 27 MB respektive 51 MB führt. Der Sensor ist übrigens derselbe wie jener in der X-Pro2, sodass sich die beiden Modelle nichts schenken.
Dynamikumfang. Der X-Trans-III-Sensor punktet mit einem sehr hohen Dynamikumfang. Fotos mit starken Kontrasten (etwa im direkten Sonnenlicht) zeigten in den Schatten vermeintlich «abgesoffene» Stellen; allerdings liessen sich diese Problemzonen nachträglich um bis zu zwei Belichtungsstufen anheben, ohne dass die betroffenen Partien wie Fremdkörper wirkten. Solche Korrekturen bedingen, dass im RAW-Format fotografiert wird. Diese Aufnahme des «Beefeaters» wurde im gleissenden Sonnenschein aufgenommen. Das Gesicht wurde anschliessend in Lightroom um ca. eineinhalb Belichtungsstufen aufgehellt:
Der grosse Dynamikumfang rettet scheinbar vermasselte Aufnahmen
Quelle: PCtipp
Nebenbei: Die Belichtungsreihe umfasst jetzt neu drei Aufnahmen, die nicht eine, sondern wenigstens zwei Belichtungseinheiten auseinanderliegen dürfen. HDR-Fotografen können jetzt mit einem Druck auf den Auslöser sechs Belichtungseinheiten abdecken. Diese Verbesserung war allerdings überfällig.
JPEG-Farben. Wer die X-Serie kennt, weiss auch um die fast schon legendären «Fuji-Farben», die JPEG-Fotografen regelmässig in Entzücken versetzen. Dabei orientiert sich die Farbgebung der JPEGs an den analogen Filmen von Fuji: Der «Velvia» sorgt für knallige Ferienfotos. Der «Classic Chrome» erinnert an die Reportagen in alten Zeitschriften und der «Negative High» ist die erste Wahl für Porträts. Der «Acros» liefert unwiderstehliche Schwarz-Weiss-Aufnahmen mit viel Zeichnung in den Lichtern und Schatten. Und so weiter. Insgesamt stehen neun Filme zur Auswahl. Bei den beiden Schwarz-Weiss-Filmen wird auf Wunsch ein Gelb-, Rot- oder Grünfilter simuliert.
Jede Filmsimulation erzeugt einen anderen Stil
Quelle: PCtipp
Filmkorn. Dank der Leistungsfähigkeit des neuen X-Prozessors lässt sich ein weiterer Effekt realisieren, der das Herz der Analog-Fans höherschlagen lässt: Ein «digitales Filmkorn», das eine grosse Ähnlichkeit mit echtem Silberkorn aufweist. In den Menüs wird zwischen den Optionen «Aus», «Stark» und «Schwach» gewählt, doch die Intensität variiert auch mit der verwendeten ISO-Einstellung – genauso, wie man es von einem analogen Film erwartet. Das Korn belebt den Schwarz-Weiss-Film «Acros» besonders überzeugend, doch es lässt sich auf alle Filmsimulationen anwenden. Dabei wirken diese Effekte nie billig oder übertrieben, im Gegenteil: Wenn Sie für Ihre Fotos nach einer besonderen Anmutung jenseits von Photoshop und Instagram suchen, dann finden Sie auf dem Markt zurzeit nichts Besseres.
Acros mit Filmkorn
Quelle: PCtipp
RAW-Entwicklung. Da sich eine RAW-Datei auch nachträglich in der Kamera mit beliebigen Einstellungen zu einem JPEG «entwickeln» lässt, ist es relativ einfach, den eigenen Bilderstil zu finden.
Low-Light. Auch bei schwachen Lichtverhältnissen bleibt die Ausbeute hoch. Bei 1600 ISO sind die Bilder nahezu rauschfrei. Die Qualität gibt auch bei 3200 ISO und 6400 ISO kaum nach. Erst bei 12'800 ISO werden die Artefakte bei genauem Hinsehen sichtbar. Bei 51'200 ISO ist der Spass vorbei. Erfreulich: Im Gegensatz zum Vorgänger steht das RAW-Format bei jeder Empfindlichkeit zur Verfügung.
Die Vergleichsbilder finden Sie im Test zur X-Pro2, die – wie bereits erwähnt – mit demselben Sensor bestückt ist.

Videos

Die X-T2 ist die erste Kamera dieser Serie, die sich für anspruchsvolle Videos eignet. Die maximale Auflösung beträgt 4K bei 30 fps, wobei sich alle Filmsimulationen verwenden lassen. Wenn das Color-Grading jedoch am PC erledigt werden soll, empfiehlt sich eine direkte Ausgabe via HDMI und F-Log. Um Freihandaufnahmen zu beruhigen, müssen Objektive mit einem Bildstabilisator verwendet werden, denn der Sensor der X-T2 ist leider nicht stabilisiert. Auch ein Touch-Display für die Verlagerung der Schärfe wird vermisst. Trotzdem: Nach Jahren der Zurückhaltung wurde die Video-Funktion von Fujifilm endlich aufgewertet.

Fazit

Tolle Ergonomie, schneller Autofokus sowie eine exzellente Bildqualität mit einmaligen JPEGs: Es ist schwierig, bei dieser Kamera eine Schwäche zu finden. Bei den spiegellosen Kameras spielt die X-T2 in der obersten Liga mit. Wenn Ihnen das Bedienkonzept der X-Serie zusagt, können Sie mit dieser Kamera nichts falsch machen.
Über diesen Link gelangen Sie zum Download der Anleitung im PDF-Format (zurzeit nur in Englisch).

Testergebnis

Ergonomie, Joystick für Fokuspunkt, Autofokus, Dynamikumfang, JPEG-Bilder
Kein Touch-Display

Details:  APS-C-Sensor mit 24 Mpx, Videos bis 4K mit 30 fps, Kipp-Display, Wi-Fi, wetterfest, 1/8000 Sek., Verschluss mechanisch/digital

Preis:  ca. Fr. 1700.– (Body)

Infos: 
www.fujifilm.ch

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