Tests
20.05.2014, 06:23 Uhr
Test: Canon EOS 70D
Für semi-professionelle Anwender bietet die EOS 70D den richtigen Mix zwischen Bedienung und Funktionsvielfalt.
Mit der EOS 70D deckt Canon den Bereich der engagierten Amateure ab. Genauer: Jene Fotografen, die nicht gewillt sind, eine Vollformat-Kamera zu bezahlen und zu schleppen. Mit einem ausgewogenen Mix aus praktischen und professionellen Funktionen wird diese Gruppe tatsächlich bestens bedient.
Die EOS 70D ist eine Spiegelreflex-Kamera (SLR) im populären APS-C-Format. Der Sensor löst mit 20.2 Mpx auf und liegt damit in einer Grössenordnung, die man als «gutes Mittelfeld» bezeichnen würde – nicht zu hoch und nicht zu tief. Das Gehäuse ist gegen Spritzwasser, Regen und Staub abgedichtet. Das ist praktisch, geht aber auch ein wenig zulasten der Ergonomie, wie wir gleich sehen werden. Die EOS 70D ist übrigens ein ziemlicher Brummer: In Kombination mit dem getesteten Kit-Zoom bringt sie über 1.2 kg auf die Waage.
Das Objektiv
Unser Testgerät wurde zusammen mit dem Kit-Zoom 18-135 mm geliefert. Bei dem Canon-typischen Cropfaktor von 1.6× beträgt die Brennweite 29-216 mm, wenn man sie auf Kleinbild umrechnet.
Die Optik verfügt also über einen schwachbrüstigen Weitwinkel-Bereich und punktet stattdessen als mittleres Tele. Ob das gut oder schlecht ist, hängt nur von den Anforderungen des Fotografen ab. Die Lichtstärke beträgt ƒ3.5-5.6, was für diese Zoomklasse typisch ist. Das Objektiv ist mit drei Schaltern bestückt: Autofokus/manuell, Bildstabilisator ein/aus sowie eine Taste, mit der das Zoom in der Stellung 18 mm verriegelt werden kann.
Gehäuse und Ergonomie
Das gummierte Gehäuse der EOS 70D liegt hervorragend in der Hand. Die wichtigsten Tasten sind um den Daumen herum angeordnet – das freut all jene, die mit der D70 regelmässig fotografieren und die Tasten irgendwann im Schlaf treffen.Der Akku lässt sich auch bei montierter Stativplatte problemlos wechseln, während das Kartenfach auf der rechten Seite jederzeit zugänglich bleibt.
Es gibt aber auch Eigenarten, die vor allem den Umsteigern eine Gewöhnungszeit abverlangen. So ist der Hauptschalter unter dem Einstellrad für die Belichtungs- und Motivprogramme angebracht. Die Kamera zur Hand nehmen und gleichzeitig mit dem Zeigefinger einschalten geht also nicht – es braucht dafür immer zwei Hände.
Apropos Einstellrad: Dieses lässt eine Änderung der Position nur zu, wenn die Entriegelungstaste in der Mitte gedrückt wird. Das klingt nach einer zusätzlichen Absicherung im Betrieb, aber genau genommen ist dieser Mechanismus einfach nur lästig.
Die letzte Kritik ist wohl den Dichtungen gegen Staub und Spritzwasser geschuldet. Während die Tasten eine gute Griffigkeit bieten, ist der Joystick im inneren Teil des Steuerrades zu flach, die Bedienung fummelig und wenig präzise. Er lässt sich zwar in acht Richtungen betätigen, aber in der ersten Zeit kann man froh sein, wenigstens vier davon zu erwischen. Das stört vor allem dann, wenn über diese Taste der Fokuspunkt verschoben werden soll.
Der Blitz
Der Blitz wird entweder manuell durch einen Druck auf die Taste hervorgeholt, oder ein Motivprogramm übernimmt diese Aufgabe. Die EOS 70D synchronisiert mit einer schnellen 1/250 Sekunde. Der integrierte Blitz kann ausserdem verwendet werden, um mehrere externe Canon-Blitzgeräte der EX-Serie zu steuern. Damit lassen sich bei relativ geringen Kosten auch anspruchsvolle Blitzszenarien bilden – ganz so, wie es Nikon-Fotografen mit dem Creative Lighting System seit über 10 Jahren tun.
Das Display
Das 3-Zoll-Display der 70 D gehört zu den hervorstechenden Merkmalen der Kamera. Es ist um 270 Grad dreh- und um 180 Grad neigbar und kann bei Bedarf auch umgekehrt zugeklappt werden, damit es besser geschützt ist. Dieses Display steuert auf Wunsch fast jeden Aspekt der Kamera über einen Touchscreen. Dazu gehört auch der Fokuspunkt, der sich präzise platzieren lässt. Fotografen, die der Touch-Funktionalität überhaupt nichts abgewinnen können, schalten sie einfach aus.
Dass die Bedienung über das Display als sehr angenehm empfunden wird, liegt nicht nur an seiner Präzision, sondern auch am bereits kritisierten Joystick, der normalerweise für die Menü-Navigation verwendet wird. Abgesehen davon spielt dieses Display eine zentrale Rolle für die Filmfunktion, wie wir noch sehen werden.
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Bedienung und Flexibilität
Bedienung
Die Bedienung der EOS 70D ist durchdacht und ergonomisch. Das Hauptmenü ist sauber strukturiert und bietet darüber hinaus einen Bereich für Favoriten, der frei mit den wichtigsten Funktionen gefüllt werden kann.
Die wichtigsten Einstellungen werden jedoch vorzugsweise über die «Q»-Taste aufgerufen. Hier werden die Verschlusszeit, der Weissabgleich, der ISO-Wert und mehr angezeigt. Ein Tippen auf die jeweilige Einstellung erlaubt anschliessend die komfortable Änderung. Wer den Touchscreen nicht mag, verwendet stattdessen das Wählrad und den Joystick neben dem Display.
Die Info-Taste zeigt die Details wie die aktuell gemessene Farbtemperatur oder die Stärke der Rauschunterdrückung. Ein erneutes Drücken blendet den künstlichen Horizont ein, der nach einer kurzen Kontrolle einer Wasserwaage in nichts nachstand.
Flexible Tasten
Die EOS 70D bietet durch ihre zahlreichen Tasten den schnellen Zugriff auf die wichtigsten Funktionen – doch diese sind nicht in Stein gemeisselt. Die meisten Tasten auf der Rückseite lassen sich neu belegen.
Die Wahlmöglichkeiten sind jedoch nicht grenzenlos; wenn zum Beispiel die «AF-ON»-Taste neu belegt wird, dann sind nur Funktionen möglich, die mit dem Autofokus in Zusammenhang stehen. Dadurch bleibt gewährleistet, dass die Beschriftung der Tasten auch weiterhin dem Thema entspricht. Das Wählrad für die Belichtungsfunktionen kann ausserdem die aktuellen Einstellungen speichern, so dass sie später jederzeit wieder angefahren werden können.
Ich mach’ mir die Welt …
Eine sehr hohe Flexibilität legt die EOS 70D an den Tag, wenn es um die Farbgebung und die Bildwirkung geht. Für JPEG-Aufnahmen lassen sich Motivprogramme wie Portrait, Landschaft, Monochrome usw. abrufen. Diese Vorgaben lassen sich anpassen, indem an der Schärfe, dem Kontrast, den Farbtönen und der Sättigung herumgeschraubt wird.
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Die Praxis
Autofokus
Der Autofokus arbeitet für eine Kamera in dieser Preislage hervorragend: schnell, präzise und flüsterleise. Dabei kommt eine Mischung aus Phasen- und Kontrasterkennung zum Einsatz, die sich bei den neueren, gehobenen Kameras zu einem Standard mausert. Die Anordnung der Messfelder wird über die Taste unmittelbar hinter dem Auslöser gesteuert. Zur Auswahl stehen ein einzelnes Messfeld, eine mittenbetonte Messung (unterteilt in fünf Zonen) sowie die automatische Wahl des Messfeldes durch die Kamera. Alternativ kann der Fokus auch auf jene Stelle gerichtet werden, die auf dem Display angetippt wird. Eine Gesichtserkennung ist ebenfalls mit an Bord.
Die grösste Schwachstelle des Autofokus ist das Hilfslicht, das bei schwachem Licht zum Einsatz kommt. Es ist im integrierten Blitz verbaut und kann nur verwendet werden, wenn dieser ausgefahren wird. Das wäre noch akzeptabel. Leider handelt es sich bei diesem «Licht» um einen aggressiven Blitz, wie wir ihn bis anhin noch nicht erlebt haben. Je nach Situation kann es auch zu mehreren, stroboskopartigen Blitzen kommen. Wer bei der folgenden Aufnahme immer noch die Augen offen hat und entspannt lächelt, ist entweder blind oder tot. Aber Stimmungsbilder aus dem Partykeller kommen so keine zustande.
Und dann gibt es für die Perfektionisten noch die «Feinabstimmung für den Fokuspunkt». Damit wird es möglich, herstellungsbedingte Toleranzen bei den Objektiven auszugleichen. Bis zu 40 Objektive lassen sich über ihre Seriennummer registrieren. Anschliessend obliegt es dem Fotografen, mit aufwendigen Testaufnahmen das letzte Quäntchen aus der Linse herauszuquetschen.
Manuelle Fokussierung
Wenn manuell durch den Sucher fokussiert wird, muss die Schärfe allein mit Augenmass beurteilt werden. Im Gegensatz zu den Systemkameras mit ihren digitalen Suchern gibt es kein Fokus-Peaking, keine Suchervergrösserung oder andere Hilfe bei der Kontrolle der Schärfe. Wird hingegen der Spiegel hochgeklappt, kann zumindest auf dem Display ein Ausschnitt vergrössert werden, was die Beurteilung der Schärfe erleichtert. Ein vollwertiger Ersatz ist das jedoch nicht.
Motivprogramme und Bildstile
Auch bei den Motivprogrammen und Bildstilen darf man der EOS 70D ein Kränzchen winden. Sie decken die Themen «Portrait», «Sport», «Landschaft», «Makro», «Bewölkt» sowie Nachtaufnahmen mit und ohne Stativ ab. Jedes dieser Motivprogramme kann wiederum mein einem Bildstil kombiniert werden: «Neutral», «Lebendig», «Weich» usw.
Da diese Bildstile wie bereits erwähnt frei anpassbar sind, kann die EOS 70D bis ins letzte Detail an die eigenen Vorlieben angepasst werden – zumindest, wenn im JPEG-Format fotografiert wird. Dazu gesellen sich noch einige Bildeffekte wie Weichzeichner, Fischauge usw. Wer’s braucht …
Das Kreuz mit den Kontrasten
Wenn es darum geht, hohe Kontraste zu erfassen, bietet die EOS 70D gleich drei alternative Ansätze.
HDR-Modus. Die Kamera nimmt in schneller Folge drei unterschiedlich belichtete Bilder auf und setzt sie zu einem neuen JPEG-Bild zusammen. Die Originalaufnahmen werden nicht gespeichert.
Belichtungsreihe. Die Funktion für jene, die alles gerne selber machen: Die Kamera schiesst bis zu 7 Bilder mit einer Abweichung von 1/3 Belichtungswerten und speichert diese auch als Raw-Dateien – genug Spielraum, um anschliessend in einer spezialisierten HDR-Software auch die kniffeligsten Lichtsituationen zu meistern.
Automatische Korrektur. Die nützlichste Funktion für den Alltag ist die automatische Korrektur, die für JPEG-Aufnahmen dauerhaft aktiviert bleiben kann. Dabei erkennt die Kamera automatisch Problemzonen in den Lichtern und Schatten und korrigiert diese selbständig.
Filmfunktion
Und dann ist da noch die aussergewöhnliche Filmfunktion, mit der sich die EOS 70D von der Masse abheben kann. Die maximale Auflösung beträgt 30 Bilder pro Sekunde in Full-HD (1080p). Ausgelöst wird die Aufnahme über die Filmtaste auf der Rückseite. Wie bei den SLRs üblich, muss dazu der Spiegel hochgeklappt und das Bild auf dem Display kontrolliert werden.
Die EOS 70D fokussiert mit dem Kit-Objektiv flüsterleise. Der Ton wird in Stereo aufgezeichnet – entweder durch das eingebaute oder ein externes Mikrofon. Während der Aufnahme ist es möglich, die Schärfe durch ein Tippen auf das Display zu verlagern, was zu weichen Bewegungen und einer äusserst professionellen Wirkung führt.
Der Autofokus wird dabei präzise und ohne zu pumpen nachgeführt. Das ist auch dem Kit-Objektiv zu verdanken, das den Zusatz «STM» trägt, für «Stepper Motor Technology». Der Schrittmotor dieser Objektive ist speziell für Videoaufnahmen optimiert: einerseits leise, andererseits wird der Fokus in definierten Schritten weich angefahren.
Zu den Schwächen einer SLR gegenüber einem regulären Camcorder gehört der Zoom während der Aufnahme. Während die klassischen Camcorder die Brennweite gleichmässig über eine Wippe regulieren, bleibt das eine SLR verwehrt. Canon begegnet diesem Makel auf eine sehr kreative Weise. Der 3x- bis 10x-Videozoom kann über den Joystick auf der Rückseite bedient werden und erlaubt eine ruckelfreie Änderung des Bildausschnitts . Dabei wird das Bild aufbereitet, indem die Pixel des Sensors beschnitten und nur zur Not digital interpoliert werden.
Das Resultat sind butterweise Zooms, die qualitativ deutlich besser sind, als reine Digitalzooms. Bei langen Brennweiten kann allerdings bereits der Druck auf den Joystick dazu führen, dass das Bild wackelt – sogar dann, wenn die Kamera auf einem Stativ steht.
Kurz, für Video-Enthusiasten hält die EOS 70D eine Fülle von Möglichkeiten bereit.
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Bildqualität
Bildqualität
Bei der Bildqualität gibt es nichts zu beanstanden, zumindest nicht bei guten Bedingungen. Das Kit-Zoom bietet eine ansprechende Qualität mit einer leichten Unschärfe zum Rand hin, der sich bei mittleren Blendenöffnungen reduziert – allerdings hätten wir von einem Objektiv in dieser Klasse nichts anderes erwartet. Hier die Übersicht:
Und der Crop vom äussersten Rand:
Weniger schön ist die überdeutliche, tonnenförmige Verzeichnung im Weitwinkel-Bereich. Sie macht sich besonders bei Architekturaufnahmen und andere geraden Linien überdeutlich bemerkbar:
Immerhin lässt sich dieser unschöne Effekt fast vollständig kompensieren, wenn in Adobe Photoshop oder Lightroom die Profilkorrektur angewendet wird. In diesem Fall bringt ein einziger Klick eine deutliche Verbesserung:
Unter dem Strich bietet das Objektiv eine ansprechende Leistung auf Reisen. Wer sich nicht daran stört, dass der Weitwinkel-Bereich relativ schwach ist, kann sich an diesem Objektiv freuen – am meisten natürlich, wenn die Bilder in eine Software wie Photoshop oder Lightroom nachbearbeitet werden.
Low-light-Aufnahmen
Etwas weniger positiv fällt das Urteil aus, wenn bei schwachem Licht fotografiert wird. Bis 3200 ISO ist die Qualität gut, bei 6400 ISO nimmt das Farbrauschen sichtbar zu und die Details beginnen zu verschmieren. Die maximale ISO-Empfindlichkeit liegt bei 12’800 ISO und kann durch die Software auf 25’600 ISO gepusht werden, doch in der Praxis entstehen dabei Bilder, die vor allem auf dem Tablet oder Fernseher gut aussehen.
Hier die Details:
Die Leistung der EOS 70D bei schwachem Licht wäre noch vor kurzer Zeit als sehr gut bewertet worden, aber die Sonne wandert schnell. Heute muss sich die Canon-Kamera bereits geschlagen geben, wenn sie gegen eine gute spiegellose Systemkamera antritt. Hier ein direkter Vergleich zwischen der EOS 70D und der Fujifilm X-E2. Bei beiden Aufnahmen handelt es sich um unbearbeitete OOC-JPEGs bei 6400 ISO:
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Kaufempfehlung und Fazit
Kaufempfehlung
Unter dem Strich hinterlässt die EOS 70D einen sehr guten Eindruck. Wenn man sich von ihrem Gewicht und der Grösse nicht abschrecken lässt, eignet sie sich als flexible Reisekamera, die allen Situationen gewachsen ist. Das Kit-Zoom mag leichte Schwächen haben, die sich mit der passenden Software jedoch abfedern lassen – und schliesslich herrscht an Alternativen ja kein Mangel, wenn man das System später ausbaut.
Zu den herausragenden Eigenschaften gehört die sehr gute Video-Funktion, mit der sich auch anspruchsvolle Streifen drehen lassen. Ausserdem punktet die EOS 70D mit ihrer Flexibilität: Einerseits finden Einsteiger Dank den Motivprogrammen schnell den Zugang, andererseits können Perfektionisten Stunden damit verbringen, den Autofokus für ihre Objektive zu optimieren.
Fazit: Die Canon EOS 70D bietet für alle etwas und überzeugt mit einem hervorragenden Preis-/Leistungsverhältnis. Allerdings sollte man der Kamera kleine Schwächen in der Ergonomie und im Dämmerlicht verzeihen können.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Digitec zur Verfügung gestellt. Hier geht es direkt zur Produktseite.
Testergebnis
Video, Flexibilität, wetterfest, professionelle Funktionen, extrem leiser Autofokus
Joystick schwammig, Bildqualität bei schwachem Licht nicht ganz zeitgemäss, sichtbare Verzerrung im Weitwinkel-Bereich
Details: APS-C-Sensor mit 20.2 Mpx, 7 Bilder/sec., Full-HD-Videos mit 30 fps, inkl. Zoom 18-135 mm (29-216 mm KB), ƒ3.5-5.6
Preis: 1249 Franken
Infos:www.canon.ch
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