Testcenter 08.06.2021, 19:01 Uhr

Im Test: Sony WF-1000 XM4

Sony lanciert den Nachfolger der erfolgreichen True-Wireless-Kopfhörer WF-1000 XM3. Bei einem der Vorreiter für aktives Noise Cancelling bei In-Ears darf man gespannt sein, was sich die Japaner hier haben einfallen lassen.
(Quelle: Sony)
«Schaun mer mal» sagte einst eine bekannte deutsche Persönlichkeit aus der Welt des Sports, als man ihm beschied, dass die Bundeself garantiert Weltmeister werden würde. Mit der gleichen Mischung aus Hoffnung und Skepsis teste ich normalerweise neue Geräte: bloss den Tag nicht vor dem Abend loben. Sony machte es mir beim WF-1000 XM4 aber schwer. Denn schon im ersten Moment wird klar: Sony hört zu. Denn obwohl der Vorgänger WF-1000 XM3 ein erfolgreicher und auch sehr guter Kopfhörer ist (hier geht’s zum Test), waren sich Fachleute wie Laien in einer Sache einig: zu gross, zu klobig, zu (bitte entschuldigen Sie) HÄSSLICH. Dies hat man sich bei den Japanern zu Herzen genommen und die Ladeschale wie auch die Kopfhörer merklich verkleinert.
Quelle: PCtipp
Interessant vor allem, dass Sony selber meint: Die Ohrstöpsel sind 10 Prozent geschrumpft. Durch die komplett veränderte Form hätte man nämlich auf eine wesentlich grössere Verkleinerung getippt. Auch die Ladeschale hat nun Hosentaschen-Format – 40 Prozent weniger gross ist sie. «Hosentaschen-Format» hätte man vielleicht schon von der Ladeschale der XM3 behaupten können; aber wer trägt heute noch Baggy-Pants?
Quelle: PCtipp.ch
Aus der Ladeschale hervorgeholt, zeigen sich nicht nur kompaktere, rundere und optisch ansprechendere Plugs, auch ein weiterer Punkt fällt auf: die Aufsätze. Sony hat sich von den altbekannten Silikonaufsätzen verabschiedet und setzt nun auf ein weicheres Material namens Polyurethan. Es fühlt sich an wie ein leicht gummierter Schaumstoff, der sich zusammendrücken lässt und nur langsam in seine Ursprungsform zurückfindet. Perfekt, weil anpassungsfähig, für schmale, verwinkelte oder längliche Gehörgänge. Einmal im Ohr, rutschen sie tatsächlich eher in Richtung des Trommelfells als aus dem Ohr hinaus. Trotzdem denkt Sony daran, Aufsätze in verschiedenen Grössen mitzuliefern. Und natürlich auch ans aktive Noise Cancelling, welches Sony mittels seines V1-Prozessors noch einmal verbessert hat – ohne jedoch konkrete Dezibel-Grenzen zu nennen. Auch Wind und ähnliche Einflüsse sollen den Musikgenuss nicht mehr stören. Auch eine neue Treibereinheit und ein verbesserter Amplifier (24 Bit) sowie ein Digital-Analog-Modulator wurden verbaut.
Einmal im Ohr, könnte der Spass zwar losgehen – aber ein Blick in die neue Kopfhörer-App von Sony lohnt sich. Zum einen lässt sich in der App die Ohrform analysieren um einen optimalen Klang und natürlich optimale Geräuschreduktion zu konfigurieren. Zudem gibt es einzelne Audio-Apps, die das sogenannte «optimierte 360 Reality Erlebnis» unterstützen. Zudem lassen sich Features wie «Speak-to-Chat» aktivieren, der Sprachassistent auswählen (Google oder Amazons Alexa) oder DSEE Extreme schalten – diese Option erhöht die Musikqualität um ein Vielfaches – bis zu dreimal mehr Daten können aufs Mal an den Kopfhörer und somit ans Ohr transportiert werden. Weniger Komprimierung, mehr Qualität – da braucht man kein Professor zu sein. Last but not least gibt es natürlich auch die adaptive Geräuschsteuerung. Die Kopfhörer nehmen die Umgebungsgeräusche auf und passen die Musikwiedergabe entsprechend an. In der Vergangenheit wenig überzeugend, gebe ich der Option eine neue Chance. Speziell: Nun kann sich der Kopfhörer, respektive die App, gewisse Orte merken und deren Geräuschroutinen speichern – Noise-Cancelling-Presets sozusagen. Und natürlich lassen sich auch die Touch-Sensoren auf den Kopfhörern selber individuell definieren. Per Default kann man auf der linken Seite von Ambience Mode auf Noise Cancelling wechseln, rechts kann Play/Pause, Skip/Search und natürlich das Handy gesteuert werden.
Quelle: PCtipp.ch
Die Akkulaufzeit kann sich ebenfalls sehen lassen: Bis zu 8 Stunden mit aktiviertem ANC oder 12 Stunden ohne ANC hält der Akku durch. Das Gehäuse bietet eine Akkulaufzeit von weiteren 16 Stunden mit aktiviertem ANC und gar 24 Stunden ohne – was bedeutet, dass Sie je nach ANC-Nutzung zwischen 24-36 Stunden Musik hören können. Die Schale unterstützt ebenfalls den Qi-Standard, also kabelloses Laden. Eine 5-minütige Lade-Session resultiert in 60 Minuten Wiedergabezeit, sagt Sony. Wurde getestet und «Grosso Modo» für wahr befunden. Ebenfalls wurde an die Sportler gedacht: Eine IPX4-Zertifizierung sorgt für Spritzschutz bei der Outdoor-Nutzung.

Nun aber zum Wichtigsten: dem Sound

Dieser gefällt durch sehr viel Dynamik und Tiefgang, die einen in die Musik eintauchen lassen. Diese Tiefe und ein runder, aber trotzdem präsenter Bass machen die Klangsignatur aus – dazu kommt, dass der Sony-Codec LDAC eine höhere Übertragungsrate unterstützt. Spätestens, wenn die gängigen Streaming-Dienste ihrem Content verlustfreie Audio-Formate angedeihen lassen – und das passiert bald – hat Sony hier bereits einen Vorsprung.
Ein weiteres Feature ist der sogenannte «Bone conduction sensor». Dieser Sensor kommt beim Telefonieren zum Einsatz. Er erkennt angeblich die Vibrationen, welche die Stimme des Trägers verursachen und kann diese von Umgebungsgeräuschen unterscheiden – Marketingsprech hin oder her, sowohl für mich als Träger der Kopfhörer als auch für meine Telefon-Partner ergab sich ein weitgehend störungsfreies Telefonat (im öffentlichen Verkehr).
Mit anderen Menschen zu sprechen ist übrigens auch ohne Telefon möglich. Speak-to-Chat wurde nämlich auch wieder implementiert. Beginnt man zu sprechen, unterbricht die Musik. Und auch wenn man aufhört zu sprechen – etwa, wenn man seinem Gegenüber zuhören muss – spielt die Musik erst weiter, wenn die in der App voreingestellte Zeit abgelaufen ist. So kann man beispielsweise einstellen, dass die Musikwiedergabe erst 30 Sekunden nach dem zuletzt gesprochenen Wort wieder aufgenommen wird. So gibt man seinem Gesprächspartner die Chance, sich ebenfalls zu äussern (wenn man das denn will).

Fazit

Ausser dem kurzzeitig vermissten Multi-Device-Feature (mit dem man den Kopfhörer gleichzeitig mit mehreren Geräten koppeln kann), packt Sony hier alles rein, was ein TW-Kopfhörer der Edelklasse können muss – und mehr! Ist man bereit, die geforderten 279 Franken über den Ladentisch wandern zu lassen, gibt es derzeit kaum eine bessere Wahl bei dieser Geräteart. Top.

Testergebnis

Sound, Telefonqualität, ANC, Design
Kein Multi-Point

Details:  TW-Kopfhörer, BT 5.2, LDAC, DSEE, Qi-Standard, bis zu 36 Stunden Akkulaufzeit, ANC

Preis:  Fr. 279.-

Infos: 
sony.com



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