Hört, hört!
15.03.2021, 09:00 Uhr
Test: Apple AirPods Max
Die Lücken bei Apples Kopfhörern schliessen sich. Die AirPods Max wenden sich an die Anspruchsvollen, die gerne ihre Ruhe haben.
Apples Definition eines High-End-Kopfhörers
(Quelle: Apple Inc.)
Bereits das Auspacken sorgt für besondere Gefühle, was in erster Linie der «Hülle» geschuldet ist. Die Erfahrung zeigt, dass das Design eines Apple-Produktes erst überschlafen werden muss, damit sich Skepsis in Wohlgefallen auflöst. Die ersten AirPods ernteten zum Beispiel bei ihrer Vorstellung viel Spott, um gleich darauf zu einem Teil des Stadtbildes zu werden: Zu gut funktionierte die Machart in der Praxis, als dass man sich als iPhone-Besitzer dagegen hätte verwehren können. Ikonisch über Nacht, quasi.
Aber die Hülle der AirPods Max scheint wirklich grenzwertig, daran ändert auch die Bezeichnung «Smart Case» nicht viel. Sie sieht aus wie eine neckische Damenhandtasche. Oder wie ein verkappter BH? Oder wie eine Transportbox für die Donuts, die es zu Mittag gibt? Alles ist denkbar.
Das gibt zu denken – und zu reden
Quelle: PCtipp.ch
Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die exzentrische Form fast schon ein Sachzwang ist, weil sich die AirPods Max mit ihren schweren Edelstahlbügeln nicht so einfach zusammenfalten lassen wie andere Kopfhörer. In ihrer vollen Grösse und mit einer alles umschliessenden Hülle wären sie geradezu riesig. Das Einlegen in das Smart Case funktioniert ausserdem ganz gut, was auch der magnetisch schliessenden Lasche zu verdanken ist.
Weitere Magnete werden von den Ohrmuscheln erkannt und sorgen dafür, dass die AirPods Max automatisch in tiefsten, stromsparenden Schlummer verfallen, sobald sie verpackt sind; ganz abschalten lassen sie sich hingegen nicht. Werden sie hingegen einfach abgenommen, wird die aktuelle Wiedergabe auf dem Zuspieler unterbrochen.
Schick vom Scheitel bis zur Sohle
Nicht nur die Edelstahlbügel, sondern auch die Ohrmuscheln sind hervorragend verarbeitet und fühlen sich richtig edel an. Sie sorgen aber auch für ein mulmiges Gefühl, wenn sie beim Weglegen mit dem metallisch-klackernden Geräusch von zwei Boccia-Kugeln aufeinandertreffen. Ich behandle meine Geräte stets mit grösster Vorsicht, aber ich glaube nicht, dass Abschlagungen langfristig zu vermeiden sind. Und die AirPods Max nach jedem Gebrauch in die Büstenhalter-Donuts-Handtasche einzulegen, wirkt bereits nach einem halben Tag unpraktisch. Die Zeit wird zeigen, ob sie ihre Spuren an den Berührungspunkten hinterlässt.
Allein die Qualität der Bügel spricht eine deutliche Sprache
Quelle: PCtipp.ch
Mit einem Gewicht von 385 Gramm sind die AirPods Max zwar keine Leichtgewichte, doch der textil bespannte Bügel sorgt für einen hohen Tragekomfort. Auch bei den Polstern wurde auf (Kunst-) Leder verzichtet. Stattdessen wird Memory-Schaum von einem textilen Material ummantelt, das sich sehr angenehm und fast schon kühl anfühlt, auch wenn sich dieser Eindruck im Sommer vermutlich nicht aufrechterhalten lässt. Vor allem aber kommen die Polster hervorragend mit (Sonnen-) Brillen klar: Nichts drückt oder zwickt.
Die Polster werden magnetisch gehalten. Sie lassen sich mit einem leichten, aber entschiedenen Ziehen abnehmen und deshalb sehr leicht ersetzen – allerdings kostet der Ersatz 79 Franken. Beim Herumreichen in der Familie attestierten die verschieden grossen Köpfe, dass der Anpressdruck eigentlich gerade richtig ist. Das sei ihm auch geraten, denn er lässt sich nicht einstellen; stattdessen wird einzig die Länge über die Teleskop-Bügel justiert.
Scheint teuer; aber irgendwie ist der Preis genau so, wie man es von Apple erwartet
Quelle: PCtipp.ch
Ergonomie und Active Noise Cancellation
Die Ergonomie ist durchs Band geglückt und das fängt bei der Bedienung an. Diese erfolgt über eine einzelne Taste über der rechten Ohrmuschel, gleich neben der «digitalen Krone», die bereits mit der Apple Watch bestens eingeführt ist. Mit dem Drehen an der Krone wird natürlich die Lautstärke reguliert. Ein einzelnes Drücken pausiert die Wiedergabe oder nimmt einen Anruf entgegen. Zweimal drücken springt zum nächsten Song und dreimaliges Drücken zum vorherigen. Und schliesslich wird Siri aufgescheucht, wenn die Krone gedrückt gehalten wird.
Die Bedienung ist bis ins letzte Detail durchdacht und könnte intuitiver nicht sein
Quelle: PCtipp.ch
Die Taste hingegen kümmert sich ausschliesslich um die aktive Geräuschunterdrückung (kurz ANC, für Active Noise Cancellation). Dabei kommen nicht weniger als acht Mikrofone zum Einsatz: Auf jeder Seite sind drei nach aussen gerichtete Mikrofone verbaut, um die Umgebungsgeräusche zu analysieren. In jeder Ohrmuschel ist ein weiteres Mikrofon untergebracht, das die Geräusche misst, die es bis zum Ohr geschafft haben. Apples eigener H1-Chip in den AirPods Max analysiert anschliessend die Situation 200 Mal pro Sekunde und berechnet den Gegenschall.
In der Praxis funktioniert das hervorragend. Mit einem Druck auf die Taste wird die Welt ausgeblendet und ist nur noch leise wahrzunehmen, selbst wenn gerade keine Musik läuft. Ein weiterer Druck auf die Taste schaltet hingegen in den Transparent-Modus, der die Umgebungsgeräusche nach innen weiterreicht und zum Beispiel Durchsagen am Bahnhof oder auch Gespräche mit Mitmenschen klar und verständlich macht. Die dritte Möglichkeit, nämlich die Kopfhörer einfach Kopfhörer bleiben zu lassen, lässt sich im Kontrollzentrum am iPhone oder auf der Apple Watch einstellen. Ausserdem wird in den Bluetooth-Einstellungen festgelegt, zwischen welchen beiden Modi mit einem Druck auf die Taste gewechselt wird.
Mir fehlen umfangreiche Vergleichswerte zu anderen Over-Ear-Kopfhörern mit ANC, aber eines sollten Aufsteiger von den AirPods Pro zu den AirPods Max wissen: Das Pro-Modell schirmt die Umgebung noch einmal deutlich besser ab. Als In-Ear-Kopfhörer mit Silikon-Aufsätzen wirken sie allein schon konstruktionsbedingt wie ein Gehörschutz, die ANC erledigt dann den Rest. Die AirPods Max können ihnen in dieser Beziehung nicht das Wasser reichen – doch richtig hörbar ist der Unterschied nur, wenn keine Musik läuft.
Die AirPods Pro sind ungeschlagen, wenn es um das Ausblenden des Umfelds geht
Quelle: Apple Inc.
23.03.2021